Kategorie: Technik

  • Schmutzige Hände

    Auch ein Motor braucht liebe, zwar nur alle 100 Stunden, aber immerhin. Also alle 100 Stunden ist das Öl zu wechseln. Das erscheint im ersten Blick wenig, relativiert sich aber, wenn man die 100 h auf ein Auto umlegt. Dort wären es rund 5000 km. Immer noch nicht viel, aber mein Motor ist halt ein Sicherheitsfaktor. Der muss immer funktionieren, sonst kann es ganz schnell kritisch werden.

    Bei einem Ölwechsel beim Auto wird es hochgehoben und die Ölablassschraube aufgemacht. Dann rinnt die schwarze Suppe in einen Auffangtrichter und fertig. Hochheben kann ich meinen Motor nicht, selbst wenn er eine Ölablassschraube hat. Beim Schiff gibt es einen Trick:

    Man nehme eine Handpumpe, eine gute, die auch heißes Öl aushält, und leere Wasserflaschen. Den Ansaugschlauch steckt man in das Rohr vom Ölmessstab, der zweite Schlauch kommt in die Wasserflasche. Und dann wird einfach gepumpt. Also ganz einfach ist es nicht: Die Pumpe wird natürlich heiß und das Ende vom Ansaugschlauch muss das Öl in der Ölwanne schon ein bisschen suchen, speziell gegen Ende. Insgesamt aber relativ einfach.

    Blöder ist da schon der Ölfilter. Der ist so groß wie bei einem Auto, kann also viel mehr als wir am Schiff von ihm verlangen. Irgendein verblendeter Konstrukteur hat beschlossen, dass es besonders fein ist, den Filter horizontal anzubringen. Ist super, denn beim Abschrauben sudelt unvermeidbar Öl über den Motor und in die Motorbilge. So sauber das Auspumpen war, so dreckig ist das mit dem Ölfilter.

    Das alte Öl in den Wasserflaschen, der Ölfilter, die 4 Flaschen vom neuen Öl und die ganzen Putztücher kommen natürlich in einen eigenen Sack und zu einer Sammelstelle, die es in größeren Marinas gibt. Irgendwas müssen die für ihr Geld schon auch tun.

    Und gelegentlich braucht der Motor auch ein bisschen mehr: Bei einem Schiffsmotor wird das Meerwasser für die Kühlung verwendet. Das muss gepumpt werden, mit einer Impeller Pumpe. Da dreht sich ein sternförmiges Gummiteil und wird an einer Stelle zusammengedrückt. Das presst dann das Wasser in das passende Rohr. Ganz einfach, eigentlich. Nur dass der Impeller die Quälerei beim Herumgequetsche nicht ewig erträgt. Da bekommen die einzelnen Flügel dann Risse und können sogar abbrechen.

    Also muss man den Impeller regelmäßig anschauen, aber was ist „regelmäßig“. Laut Hersteller des Impellers sollte er 500 Stunden leben. Volvo Penta, der Motorhersteller meint, der Impeller freut sich wenn er alle 200 Stunden oder 2 Jahre mal an die frische Luft darf.

    Unsere Pumpe macht aber auch noch was anderes: sie tröpfelt. Nicht weiter schlimm, so 6 Tropfen pro Minute, einiges verdunstet im heißen Motorraum gleich wieder. So steht halt immer ein Lackerl unter dem Motor. In den letzten Tagen hat sie aber beschlossen, mit dem Wasser so herumzuspritzen, dass die umliegenden Motorteile wie angezuckert aussehen. Soll nicht sein, muss auch nicht.

    Das Ersatzteil ist ein genormter Dichtring. Der ist etwas komplizierter aufgebaut aber eben ein Groschenprodukt. So um die 2 – 4€ kosten die. Was er können muss ist Seewasserfestigkeit, das bedeutet, dass die sichtbaren Metallteile, in dem Fall eine rund umlaufende Spiralfeder aus Edelstahl gefertigt ist. Gibt es aber alles zu bestellen, kein Problem.

    Das Problem ist eher, dass wir uns ständig bewegen und, dass wir kein griechisch können, um irgendwo einen Wellendichtring 12247 zu ordern. Zum Glück gibt es in Patras einen Volvo Händler und ich habe den Ersatzteilkatalog aus dem Internet. Und der Händler hat die Dichtung auch im Lager liegen. Jetzt muss die nur mehr zu einem Treffpunkt kommen. Da schlage ich die Marina von Messolonghi von. Der Volvohändler kann mir die Dichtungen, ich bestelle gleich 2 – zur Sicherheit – mit einem Kurierdienst schicken. Gar nicht so teuer: 2x 14€ für die Dichtungen und 5 € für den Kurierdienst. Dafür sind das aber auch „Original Volvo Penta – Ersatzteile“, da bin ich dann mächtig stolz darauf.

    Um die Sache zu verkomplizieren, gehen wie in Messolonghi nicht in die Marina, sondern in den Stadthafen. Das packt der Kurierdienst überhaupt nicht. Nach 5mal telefonieren schägt er vor, das Packerl selber im Stadtbüro abzuholen. Nicht der Deal aber ok. Wie lange er denn offen hat? Noch 25 min – dann kommt die lange Siesta bis 19:00, und dann noch 1 ½ Stunden bis 20:30.

    Ich sprinte also los und schaffe die Dead Line um 14:00 gerade noch so. Wieder am Schiff geht es an die Arbeit: Impeller Pumpe öffnen, 6 Schrauben. Deckel runter und alte Dichtung entfernen. Impeller aus der Pumpe heraus popeln. Öha, dem geht es nicht mehr gut. Von den 6 Flügeln sind nur mehr 2 unbeschädigt, die 4 anderen sind zu 2/3 bereits abgerissen und halten nur mehr aus Mitleid zu mir. Gut, dass ich schon im Juni 2 Ersatzimpeller gekauft und mitgebracht habe.

    Jetzt geht es dann an die Dichtung. Die ist von hinten zugänglich, zwar nur sehr beengt, aber immerhin. So kann ich sie, mit viel fummeln Millimeter für Millimeter, mit einem Imbusschlüssel als Hebel, aus der Bohrung drücken. Na die schaut aus! Die Feder ist komplett weggerostet. Kein Wunder, dass diese Dichtung nicht mehr dichthält. Ich nehme an, dass die 20 Jahre ihren Dienst versehen hat.

    Alles ausputzen, Impeller mit spezieller Schmiere (war auch im Set dabei) gut einfetten, ab in deinen zukünftigen Arbeitsplatz. Papierdichtung und Deckel drauf, anschrauben – fertig. Der spannende Moment ist der Probelauf. Wenn alles hinhaut, sollte das Wasser nur aus dem Auspuff spritzen und nicht aus der Pumpe. Motor starten, sofort zum Auspuff schauen. Es spritz nur zögerlich, dann mehr und zum Schluss, so wie es sein soll.

    Wäre da was schiefgelaufen, hätte ich gerade noch die 300 m in die Marina fahren können, bevor der Motor überhitzt.

    Operation geglückt – viel Geld gespart: Eine neue Volvo Pumpe hätte 500 (!!) € gekostet, der Nachbau immerhin auch noch 260. Ganz zu schweigen von den Lieferzeiten …

    Man darf auch einmal Glück haben!

  • multiples Organversagen

    1 Meile vor dem letzten Anlegen der Saison hat der Motor seinen Dienst eingestellt. Ganz plötzlich und ohne Vorwarnung. Also rückblickend war da schon was: Die Leerlaufdrehzahl war deutlich niedriger als sonst und das Starten wurde immer beschwerlicher.

    Am Tag nach dem Vorfall hilft mir Fritz bei der ersten Diagnose. Fritz war 30 Jahre Pannenfahrer beim ARBÖ, der kann Motorschäden am Geruch erkennen. Außerdem versucht er, Schäden von einfach auf komplex einzugrenzen.

    Versuch: Zylinderkopfdichtung

    Also alles anschrauben, was dem Ausbau im Weg steht, und das ist eine ganze Menge: Auspuff mit Wärmetauscher, Wasserpumpe, Hochdruck-Dieselleitungen, Rücklaufleitungen, Ölleitungen, … Dann aber ist er ab. Schaut gar nicht so schlecht aus, die Zylinderkopfdichtung. Egal, nun muss die ohnehin neu gemacht werden.

    Fritz kümmert sich in den nächsten Tagen um eine Renovierung des Zylinderkopfs, ich kümmere mich um die Ersatzteile: Einen Dichtungssatz und dann auch noch die Einspritzdüsen. Dass die Glühkerzen ersetzt werden war schon klar, da zumindest eine ausgebrannt war. Fritz lässt den Zylinderkopf planschleifen, justiert den Einspritzdruck an den Einspritzdüsen und macht sonst noch so manche Kleinigkeit.

    Anfang November sind wir wieder am Schiff und setzen den Motor wieder zusammen. Funktioniert sogar, ist aber an vielen Stellen undicht. Also wieder zerlegen, nachdichten, Kupferdichtungen erneuern, Schellen anziehen. Im zweiten Versuch ist er dann dicht, rumpelt aber so vor sich hin. Geschmeidiger Lauff geht anders – aber OK.

    Wir machen dann Versuche mit längerem Lauf im Leerlauf – alles KO. Dann Leerlaufdrehzahl + Propeller als Belastung – auch gut. 1400 U/min – passt, 2000 U/min – passt auch. Passt ungefähr 10 min. Als zufällig Fritz wieder vorbei kommt, bleibt der Motor wieder plötzlich stehen. Shit!

    Er lässt sich aber wieder starten und Fritz beginnt erneut mit der Diagnose. Zuletzt öffnet er die Ölnachfüllöffnung und den Ölmessstab. Bei beiden Stellen tritt sofort eine Fahne von Ölnebel aus. „Magst wirklich wissen, was das ist?“ – „Kolbenringe?“ – „genau“.

    Naaa, i wü ned!

    Das kann man recht einfach reparieren, gibt es doch ein „refit kit“ für den Motor um wohlfeile 360 €. Das könnte man ja machen, aber dazu muss der Motor aus dem Schiff – und das würde ich mir gerne ersparen.

    Raus damit

    Was bleibt mir übrig: Also wieder alles zerlegen, um den Motor möglichst leicht zu machen. Immerhin hat das gute Stück 130 kg. Einfach „heraus-heben“ können wir den so nicht. Mit der Abspeckmethode können wir ihn auf knapp unter 100 kg erleichtern. Dann wird einmal eine Nacht über die Sache geschlafen und dabei überlegt, wie wir das Eisentrum 3m hoch heben können.

    Also der Plan ist so: Der Baum wird zur Mastspitze hin mit einem Seil abgestützt. Wäre ja blöd wenn der bricht. Dann wird ein Hebeseil so angebracht, dass es wie ein Flaschenzug wirkt und über eine Winsch gelegt werden kann. Durch den Flaschenzug ist es nur die halbe Kraft, die Winsch erlaubt kontrolliertes Heben. Ein Ende des Flaschenzugs wird in den Wagen des Unterliekstreckers eingebunden. So kann man dann den ganzen Motor auch in Längsrichtung bewegen.

    Soweit der Plan. Erstaunlich, aber der hat auch funktioniert. Letztendlich steht der Motor, oder das was von ihm übrig ist, am Cockpittisch. Fritz will dann natürlich sofort wissen, was alles los ist. Außerdem muss der Motor ja noch von Bord. Also ist weiteres Abspecken angesagt. Das Getriebe wird abgeschraubt und der Deckel zur Schwungmasse abgenommen. Da purzeln uns auch schon Gummiteile vom Schwingungsdämpfer entgegen. Das ist um so erstaunlicher, da der Schwingungsdämpfer offensichtlich noch nicht sehr alt ist. Zusätzlich zeigen Schleifspuren auf der Innenseite des Deckels, dass da schon einmal ein gröberer Unfall passiert sein muss. Hat sich da einmal der Schwingungsdämpfer selbständig gemacht?

    Dann ist der Motor leicht genug, um ihn von Bord zu schleifen. Ein alter Bootstrailer dient dann als Werkbank für die weiteren Untersuchungen. Fritz will`s ja genau wissen und dringt immer tiefer in die Eingeweide des Motors vor. Als er die Ölwanne abnimmt erstarrt er: Da ist alles voll mit großem Metallflitter. Nicht einzelnen Spänen, sondern große Flocken – gar nicht gut, wo die wohl herkommen?

    Fritz lässt nicht locker, immerhin will er die Kolbenringe sehen. Also Pleuelschrauben lösen und Kolben herausziehen. Ui, die sind aber sehr hinüber! Und dann offenbart sich die Katastrophe. Bei einem Pleuel hat sich die Lagerschale so verschoben, dass in der einen hälfte 2 Lagerschalen liegen, in der anderen dafür keine. Dort läuft das Pleuel auf der ungeschützten Kurbelwelle, die sich für diese Behandlung mit tiefen Riefen bedankt.

    Würde ich Alkohol trinken wäre jetzt ein doppelter Schnapps und eine Gedenkminute angebracht.

    Gut, Ersatzteile gibt es für alles, einmal kurz im Internet nachsehen: Den Refit-Satz hatten wir schon. Da sind dann 3 neue Kolben + Kolbenringe dabei, alle Lagerschalen für Pleuel und Kurbelwelle und der große Dichtungssatz dabei. Dann ist wohl zumindest 1 Pleuel fällig. Um 75 € gibt es das, wenn es denn auch lieferbar wäre. Kuebelwelle gibt es auch, um knapp 1.000€, oder man probiert eine Nachbearbeitung, die aber auch mindestens 600 € kostet – bei unklarem Erfolg. Der Schwingungsdämpfer ist auch noch fällig. Als Nachbau hab ich den noch nicht gefunden, das wird also richtig teuer.

    Insgesamt würden wir also Teile um rund 2.000 € brauchen, um einen Motor mit unklarer Geschichte neu aufzubauen. Gebraucht und serviciert mit 1.800 bis 2.500 Betriebsstunden gibt es ihn ab ca. 2500€ Klingt nach brauchbarer Alternative.

    Kurz entschlossen rufe ich in England bei einem Motorhändler an. Sean hat auf seiner Homepage einen MD 2030 angeboten. „Oh sorry. We shipped this engine last week to Croatia.” – “unfortunately not to me.” – “What ship do you have, maybe I can help you” – “Dufour 37 from 2002” – “Ah, that fits: I have a D 1-30, which is the successor of the 2030 and fits exactly into the engine compartment. This engine is from 2016, but only 180 hrs in use. It was mounted in a demo-ship, which was sold recently. The new owner wanted a new engine with 5 years warranty. So I got the “old” engine for a good price. I can offer it for 4.000 £ export price. Shipment by DHL is about 450 £. And you have to pay local VAT” Alles zusammen also 6.000€ für einen fast neuen Motor, der nur 50% vom Neupreis kostet.

    Klingt interessant, muss ich aber mit unserer Finanzministerin diskutieren – wobei, wirkliche Alternativen sehe ich wenige. OK, wir machen das! Bitte den Motor für den Versand fertig machen. Wohin darf ich das Geld überweisen?

    Der Motor wird noch gründlich durchgecheckt, bekommt neue Filter und Keilriemen, besteht einen 2 h Probelauf und wird anschließend neu lackiert. Dann bekommt er neue Befestigungspratzen, die alten vom Saildrive passen nicht, da ich ja ein Wendegetriebe habe. Neue Gummidämpfer kommen noch dazu und die Verkabelung zum Bedienpanel, das selbst auch neu kommt wird auch noch bestellt. Dauert halt ein bisschen, aber das wird schon. Unser Ziel: Einbau ab dem 1. Dezember.

  • Die kleinen Freuden zwischendurch – VHF Antenne 

    Bei der Überfahrt von Sithonia nach Lemnos ist unsere VHF Antenne vom Mast geschüttelt worden. Blöd, aber das kann schon einmal passieren. Wir haben ja noch unsere Handfunke, da können wir mit Schiffen in der Nähe oder dem Hafen sprechen, das reicht eigentlich immer.

    Also, ein Blick in den Mast und dann ein gezoomtes Foto, nicht mit Handy, mit einer ordentlichen Kamera, offenbart, dass da am Kabel noch der Stecker und noch was anderes am Stecker hängt. Vielleicht der Fuß von der Antenne?

    Vorerst ist das egal, denn ich brauche ja noch Ersatz. Die Küstenwache schickt mich zum Elektronikgeschäft. Bei uns wäre das eher ein Haushaltselektriker. Nein, eine Antenne hat er nicht, aber er kennt wen, der wen kennt, der sich auskennt. Erster Versuch beim Furuno Händler. Der hat zwar viel Yachtelektronik in der Auslage, auch ein paar Antennen lehnen an der Wand, aber – zu. OK, morgen in der Früh probier ich es nochmal. Am Abend machen wir noch eine Expedition in ein andere Richtung und finden zwei weitere Marinehändler – auch zu, Avrio = Morgen

    Gut, in der Früh zum ersten Händler. Der hat sogar Antennen im Regal, aber die sind nicht für Segelschiffe und Montage am Masttop gemacht. Die richtige hat er im Katalog, ist aber nicht lieferbar.
    Weiter zum zweiten. Der hat den gleichen Katalog und kann innerhalb von 3 Tagen liefern – soll er machen. Am Rückweg schau ich noch bei Furuno vorbei, der ist fast direkt am Hafen und es ist kein Umweg. Hat der tatsächlich offen und sogar eine passende Antenne in der Ecke lehnen. Die nehme ich sofort. Dann wieder zurück zu Händler No. 2, um die Bestellung zu stornieren und danach erst wieder zum Schiff.

    Sollte doch irgendwie machbar sein, eine Antenne in die Halterung zu schrauben, die Reste der alten zu entfernen und das Kabel anzustecken. Nun denn, froh ans Werk!
    Alles Werkzeug, dass ich brauchen könnte mit schwarzen Schnürln am rosaroten Stoffsack sichern. Klettergurt und Helm anziehen, Sack in den Gurt einhängen. Das Sicherungsseil für das Grigri und das Spinnakerfall sortieren und mit dem Gurt verbinden. Sicherheitscheck und los geht’s. 21 Stufen senkrecht, 2 x Pause auf den Salings, 2 x die Sicherungsschlaufe umhängen, da sie bei Salingen und Wanten durchgefädelt werden muss. Dauert so an die 8-10 min bis ich oben bin.

    Was ich gesehen hab, stimmt. Nun „einfach“ die Antenne aus dem Klettergurt gezogen und in die Bohrung der Halterung gesteckt. Klingt einfach, ist es auch – wenn man am Boden ist. Dort oben klammert man sich aber mit einer Hand an und erledigt den Rest mit nur einer Hand. Wenn war runter fällt, schlägt es am Deck auf, springt wieder hoch und verabschiedet sich mit einem kurzen Platsch ins Meer. Es darf einfach nichts hinunter fallen – Punkt.

    Nun, irgendwie bekomme ich die Antenne in das Loch und von unten den Sicherungsring und die Mutter drauf. Zum Festziehen hab ich den 19er Schlüssel mit. Festziehen ist ja OK, aber wie fest? Ich will ja nicht die Antennenhalterung beleidigen. Mit viel Gefühl gelingt’s.

    So, jetzt nur noch den Stecker. Öha! Das ist kein Stecker, das ist ein korrodierter Klumpen. Eisen und Alu haben sich nie gut vertragen und nach 20 Jahren Zwangsehe hat sich da schon was angehäuft. freundliches Bitten hilft da wenig. Also zum Universalwerkzeug gegriffen: Was ist ein Mann ohne Leatherman? Der wirkt und ich kann die Verschraubung lösen! Dann fällt mir aber auf, dass der Stecker vom Kabel rutscht ☹.

    Das ist mit den Steckern für die Koax-Kabel so eine Sache: Die Schirmung, also das Kupfergeflecht außen herum wird beim Verschrauben mit eingeklemmt und der innere Strang wird in ein Röhrchen geführt und verlötet. Das Lot hat sich offensichtlich geopfert und ist vollständig verschwunden.

    Nun gut. Ende des Arbeitseinsatzes nach 45 min am Mast und keine Idee für die Lösung. Was ich tun könnte wäre ein 230 V Kabel und meine Lötstation mit hinauf schleppen und dann diese eine Lötstelle machen.
    ODER
    Ich frag meine neuen Freunde von der Superyacht, ob die denn nicht einen Gaslötkolben haben. Der wäre klein und leicht, die Sache viel einfacher. Mal nachfragen. Gleich laufen sie zusammen, fragen Captain und Engineer – ja, sie haben. Wenn ich ihn brauch, soll ich ihn mir holen.

    Tag 2 der Operation Antenne

    Wieder andirndln, rauf auf den Mast. In der Höhe der ersten Saling sind die Böen so stark, dass ich abbreche. Das war ein kurzer Tag.

    Tag 3 der Operation Antenne

    Erneut Kletterzeug anlegen, alles Werkzeug anbinden, den geliehenen Gaslötkolben auch. Rauf bis zur Spitze und dann das Kabel für den Stecker herrichten. Das Ding ist alt und bockig, die einzelnen Litzen schwarz angelaufen. Eine tolle Verbindung wird das wohl nicht. Dann stelle ich fest, dass bei dem Stecker, den ich am Mast mithabe, das Röhrchen nicht alle Mittellitzen aufnehmen kann. Soll sein, wird schon funktionieren. Was nicht gut geht ist, den Stecker auf das Kabel zu schrauben. Herunten hab ich das bei genau diesem Kabel schon zwei Mal geschafft – aber da oben?

    Naja, so ein bisschen hält er ja. Wenn die Lötung gelingt, würde das das Kabel an Ort und Stelle halten. Den Lötkolben aus dem Sack heraus prfiemeln. Es gab da einmal ein Kinderspiel, wo man Gegenstände in einem Sack erkennen muss – ich glaub, ich wäre recht gut darin. Selbst das Anzünden des Lötkolbens geht, dank Piezozünder. Nun bräuchte ich aber eine dritte Hand, zumindest: Kabel halten, Lötkolben halten, Lötzinn halten und zuführen, und das alles mit 1 ½ Händen. Das ist schon am Boden eine feinmotorische Leistung, aber am Mast hängend, nach 40 min „anklammern“ + arbeiten ?!? Irgendwie schaffe ich es, das Röhrchen mit flüssigem Lötzinn zu füllen. Allein, den Kupferdraht lässt das kalt und er ignoriert alle meine Bemühungen. Bei der ersten Belastung fällt der Stecker vom Kabel. ☹

    Also wieder runter. Erfolg der Aktion = Null

    Was habe ich gelernt: Ich brauch auch so einen Lötkolben, denn das Löten am Mast ist damit gut machbar – auch wenn der erste Versuch nur zum Teil gelingt.

    4. Tag der Operation Antenne

    Eine neue Strategie ist gefunden: Anders Werkzeug, ein Winkelstecker als Hebel um besser schrauben zu können. Sandpapier um die Litzen zu reinigen, Ersatzstecker, falls sich einer nach unten verabschiedet. Und wieder froh ans Werk. Doch halt, der Wind macht noch Böen bis 30 km/h an der Mastspitze. Ob ich da jetzt wirklich hin will?

    Andererseits haben die Freunde von der Superyacht schon nach dem Lötkolben gefragt. Es muss wohl sein, einen Sieg muss man sich verdienen. Nun denn, alles wieder anziehen, Werkzeug anbinden und checken, den Gaslötkolben noch nachfüllen – Murphy’s Law, eh schon wissen – und wieder einmal in den Mast steigen. Drei Mal mache ich wegen dem Wind eine Pause beim Aufstieg. Wenn man dann einmal oben ist, hat man keine Zeit an den Wind zu denken. Einzig das Rad vom Windmesser dreht sich manchmal rasend schnell.

    Schnell ist da oben aber sonst gar nichts: Kabel abisolieren, Abschirmung zurechtschneiden, innere Ader abisolieren, Stecker aufschrauben, löten. Herunten eine Sache von 10 min. Am Mast war ich für diese Kleinigkeit fast eine Stunde. Es soll nichts herunterfallen, und verstümmeln will man sich ja auch nicht. 

    Diesmal gelingt die Operation, alles schaut gut aus und wird noch in ganz viel grünes Isolierband verpackt. Selbst das dauert mindestens weitere 5 min. Jetzt sitzen wir vor dem Funkgerät und lauschen, ob am Kanal 16 was passiert und haben zur Kontrolle das Handfunkgerät eingeschaltet. Warum der Kanal 16? Das ist der Notfunk Kanal, und wenn was passiert, dann dort.

    Es bleibt aber alles ruhig und damit weiter spannend.

    Nachtrag:
    Einen Tag danach empfangen wir auf Kanal 16 und weiter 83 den Wetterrundspruch. Geht also doch1

  • Der zweite Anlauf

    Also wieder: Auto voll räumen und ab nach Thessaloniki, diesmal kommt Susi auch mit. Ihr fällt der Bereich „home decoration“ mit die Technik zu – und Magdalena hilft, wo immer sie nur kann.

    Jetzt wird das Puzzle immer besser zusammengesetzt. Maststufen rauf, Radar rauf. Beides klingt nach: Loch bohren, Nieten rein, fertig. Nicht ganz: Monell Nieten sind von der eher kräftigen Sorte und beanspruchen die Werkzeuge schon ganz besonders. Ohne blauem Bosch-Akkuschrauber geht da gar nichts. Du von den Nietaufsätzen haben wir gleich 3 verbraucht.

    Radar rauf – ein ähnliches Thema: 12 Nieten für die Halterung. Da die Maststufen schon da sind, geht das recht gut. Außerdem hängt unser Radar nicht sehr hoch. Wir haben ein Babystag und darunter ist gut Platz. Außerdem wird es gleich auch vor dem Segel geschützt. So hängt das Radar 3,5 m über dem Deck. Und für den Schwerpunkt ist das auch nicht so schlecht.

    Dass die Schüssel dort hängt ist nur die halbe Miete. Das Ding braucht Strom und einen speziellen Raymarine Stecker. Die mitgelieferten 15 m Kabel sollten sich doch ausgehen. Vom Radar herunter bist zum Deck, dann irgendwie durch das Deck, dann durch die Maststütze ganz nach unten, unter die Bodenbretter, durch einen Elektroschlauch unter dem Salonboden durch und dann – ist das Kabel zu kurz, um 2 m! Alleine um das Kabel zu verlegen brauchen wir gute 4 Stunden. Die Öffnungen in Mast und Maststütze sind schon gut gefüllt, der Schwanenhals überhaupt unpassierbar. Eine Fummelei ohne Ende bei der wir zu dritt beschäftigt waren. Mit allen Tricks wie Pilotleine oder Edoskop mit Haken ist es dann irgendwie doch gelungen.

    Der Backbone wird verlegt, auch gleich mal 9 m von Kartentisch bis unter den Steuerstand. Luftlinie ist es kaum ein Drittel. Da haben wir Glück, es gibt eine Leerverrohrung – ich liebe Dufour. Geräte anschließen, dank Digitaltechnik ist das simpel. Alleine, es ist nicht möglich die Geräte zu testen. Dazu muss das Boot im Wasser sein und am besten bei wenig Wind und Welle, oder doch besser „ausreichendem Wind“ Kreise in alle Richtungen ziehen können. Funktioniert das alles so wie wir uns das gedacht haben?

    Dann wird noch der neue Inverter/Charger montiert und verkabelt. Den ersten haben die Kollegen vom Zoll verwertet. Ich hab das zu einem Upgrade genutzt. Der Multiplus 1600 kann wirklich was, das externe Bedienteil ist sehr hilfreich, um das Gerät zu steuern. 10 m Datenkabel, 5 m 50 mm² Litzenkabel, eine 200 A Sicherung und 13 Belüftungslöcher mit Durchmesser 25 mm, damit sich der Inverter an seinem Platz in einem Kasten auch wohl fühlt. Ein weiterer Tag geht ins Land. Was sieht man davon? Das Bedienteil, sonst nichts. Im Betrieb ist das Gerät echt praktisch: Brauch ich 230 V, macht er die einfach aus den 12 V der Batterie. Damit kann ich kleine Geräte laden, Strom von den Service Batterien in die Lithiumbatterie umladen, mal schnell 300 W für das Heißluftgebläse erzeugen oder die Lötstation in Betrieb nehmen. Mit 1600 W kann man schon was anfangen.

    Der Einbau des Autopiloten und des großen Kettenrades, dass meine Werkstättenkollegen nach meinen Zeichnungen modifiziert haben, gelingt auch – nach vielen Versuchen und Modifikationen der Motorhalterung. Große Erleichterung!!

    Was bleibt für die erste Woche im Juli? Inbetriebnahme der Raymarine Elektronik, Vollendung des Windgenerators, der Tragmast steht, aber der Generator samt Flügeln liegt noch in der Achterkabine. Boote einräumen – los segeln.

    So stellen wir uns das vor …

  • Ist das irgendwie zu schaffen?

    Auf die Philia sollen Maststufen montiert werden. Einen Hersteller dafür hab ich in Deutschland gefunden. Selbst ein Langstreckensegler und Maschinenbauer. Toll gefertigte Aluminiumteile. Da brauch ich dann gleich 28 + die Monel Nieten.  Das Zeug hat der serbische Zoll übrigens nicht entdeckt.

    Das nachbeschaffte Radar muss irgendwie auf den Mast kommen – ach ja, wenn die Maststufen drauf sind, wird das schon gehen.

    Was aber ist mit dem Windanzeiger los? Von herunten lässt sich kaum heraus finden, was denn kaputt sein könnte. In die Vollen: ein neues System muss her. Wenn der aber schon neu ist, und das Anzeigegerät, so wie das vom Autopiloten digital angesteuert werden, dann macht es doch Sinn, das ganze Schiff auf digitale Elektronik umzurüsten. Kann man ja machen und so ein System ist bestechend einfach zu installieren. Machen wir!

    Ach, und damit dann Windsensor, Speedsensor und Tiefengeber eingebunden werden können, muss dann noch ein Umsetzer her. Kleines Kastel, großer Preis – a scho wuascht!

    Und der Autopilot ist noch eine offene Baustelle – aber darüber später mehr.

    ABER: Bis zur geplanten Abfahrt am 5. Juli, sind wir noch genau 9 Tage am Schiff wie soll sich das ausgehen?

  • Notfallplan

    Also 8000 € an Elektronik und Schiffs-Klimbim ins Auto geladen und ab nach Thessaloniki. 12 h Autobahn wird sich zu zweit wohl machen lassen.

    Die Autobahn war nicht das Problem. Es waren die serbischen Zöllner: Serbien ist nicht EU! Was in ein nicht EU Land eingeführt oder durchgeführt wird, ist zollpflichtig. Müsste man wissen, tut man aber im allgemeinen nicht.

    In dem Fall wurde alles, also wirklich alles, beschlagnahmt und (angeblich) zum Nutzen von Serbien versteigert. Mit Alles mein ich wirklich alles: Nicht nur die Elektronik, auch die Taue, 2 Kettenstücke zu je 2 m, einfach alles was ihnen aufgefallen ist.

    Nur weniges haben sie nicht entdeckt. So war der Plotter schon in der Türe des Navigationsplatzes montiert, und wurde nur als „Brett“ wahrgenommen. Und das die Maststufen sind mir auch erhalten geblieben. Wenigstens etwas.

    Ja, und Strafe zahlen darf man dann auch: laut Gesetz der einfache bis zum vierfachen Warenwert – und wann’st depat kummst – das Auto auch noch!

    Ist schon seltsam, dass an den Hütten zur Passkontrolle Plakate picken mit „no corruption“. Einen Freund haben die Serben mit dieser zwar legalen aber völlig überzogenen Aktion nicht gewonnen. Ich mach ab sofort einen großen Bogen um dieses Land

    Übrigens: Der Grenzer in Nord Mazedonien versucht den gleichen Schmäh – heute waren die Serben leider schneller.

    Ein neuer Plan muss her. Was macht man bei einem Refit ohne Material? Der Einbau des Pico Systems wird gelingen, ein Fenster ist undicht und muss erneuert werden – da will Lefteris uns helfen. Dann muss ein neuer Auspuffschlauch ins Boot, Verkabelungen verändert, die Rettungsinsel zum Service. Also fad wird uns trotz der Räuber vom Zoll nicht.

    Und dann setzt eine beispiellose Hilfsaktion ein: Am Montag schildere ich meinem Händler von Maritimo mein Missgeschick vom Zoll. Zuerst einmal 1 Minute ungläubiges Schweigen, und dann das Angebot bei allen Lieferanten um die bestmöglichen Preise zu betteln. Und natürlich um prompteste Lieferung. Magdalena, die mit mir nach Griechenland gefahren ist, fliegt für 2 Tage nach Wien. Alles was sie in die Hände bekommen kann, und da werden sogar die Eltern von Felix eingespannt, wird in kleine Plastiksäckchen verpackt, beschriftet und sorgfältig in ihren Rucksack gepackt. So habe ich dann am Freitag Abends Ersatz für den Pico für das Energiemanagement, und die meisten Teile des Autopiloten, aber leider nicht den Antrieb und die Halterung für das Radar. So kann ich bis Sonntagabend doch noch einiges schaffen.

    Als wir nach 8 Tagen das Boot verlassen, ist es nicht wieder zu erkennen. Eine Baustelle erster Güte. Kaum vorstellbar, dass da mal jemand Urlaub gemacht hat. Trotzdem ist vieles geschafft: Der Herd wurde versetzt und die Nische dazu mit Edelstahl ausgekleidet, neuer Auspuff, neue Gasleitungen, Pico ist eingebaut, 3 fixe und 6 öffenbare Fenster sind konstruiert und produziert, zwei davon schon eingebaut, …

    Irgendwie seltsam bei einem Schiff: Man werkt den ganzen Tag und wenn alle Türln wieder zu sind, merkt man nahezu nichts davon