Kategorie: Reise

Unterwegs

  • Es geht weiter – Ziel Korfu

    Zu jeder Reise gehört ein Plan, und unser Plan wird vom Wind bestimmt. Die besten Hinweise bietet für uns die Seite www.windy.com und die spricht für den Vormittag von kräftigen, ablandigen Winden entlang der Küste Italiens. Das ist gut, denn dann haben wir Halbwind (von der Seite) oder von schräg vorne. Ablandig wiederum bedeutet, dass sich keine Welle aufbauen kann, wenn wir so ca. 1 Meile von der Küste entfernt fahren. Aber nicht zu weit weg, denn dann wird der Wind stark und die Welle höher. 1 Meile, das passt also ganz gut.

    Für die Überquerung der Adria sollen die Winden dann eher von hinten kommen und abflauen, so weit, dass wir in der Mitte eine Flaute haben und dann nach Süden wenden müssen, um den Wind zu nutzen. Und dann wollen wir irgendwie die Küste von Korfu entlang schippern, bis wir in die Bucht von Kassiopi kommen.

    Soweit der Plan.

    Konkret heißt das, dass wir um 7 aufstehen und kurz vor 8 in Brindisi ablegen. Zum Abschied schaut nochmals der „Hafendelphin“ vorbei – auch nett. Draußen, nach kaum 4 Meilen stellen wir den Motor ab und der Ritt nach Süden beginnt. Immer die Küste entlang, schön nah dranbleiben. Dann ist der Wind zwar böiger, dafür gibt es aber kaum Wellen. Gibt dann eine Geschwindigkeit von über 6 kt über mehrere Stunden. Kurz vor Lecce wird der Wind dann sogar stärker, aber das war ja vorhergesagt. Sobald der Wind abnimmt, gehen wir Kurs auf Korfu – war der Plan – und genau das machen wir.

    Nur dass der Wind nicht von hinten kommt, sondern weiter nach vorne dreht und wir recht nah am Wind dahin rauschen. Jetz aber nimmt die Welle zu. So einen guten Meter, manchmal auch 1 ½ von schräg hinten. Nicht ganz angenehm, aber gut machbar.

    Dafür finden wir uns bald in der Schifffahrtsroute die von der oberen Adria durch die Straße von Otranto nach Süden, oder auch Norden, führt. Und da ist heute recht viel unterwegs: Luxusschifferl, Tanker, Containerfrachter, Fähren. Wir haben ja unser AIS (automated information system = Kollissionswarnung) und das Radar mitlaufen. So sehen wir was kommt.

    Am frühen Nachmittag aktivieren wir wieder unseren Wachplan. Wir wechseln uns ein einem bestimmtem Rhythmus ab, haben teils großzügige Schlafpausen und besonders in der Nacht nur kurze Wachzeiten. Ich lege mich also hin und versuche mit auszuruhen. Gar nicht so einfach. Das Schiff rollt hin und her, das Wasser gurgelt um den Bug, gelegentlich schlägt eine Welle gegen den Rumpf, dass Philia einen Ruck zur Seite macht. Ich probier’s halt.

    Nach einiger Zeit, das Einschlafen dürfte doch geglückt sein, weckt mich Clemens:
    „Du, Jörg, wir haben schon wieder einen auf Kollisionskurs – in 15 Minuten!“
    15 Minuten, das ist echt nicht viel. Mal sehen. Ah ja, da rauscht die Dancia Sunrise keine 300 m an uns vorbei. Wir wissen aber nicht, ob das vor oder hinter uns sein wird. Außerdem sind wir als Segelschiff mit unserem schlingernden Kurs und wechselnden Geschwindigkeiten schlecht einschätzbar. Also wieder an den Funk:

    Dancia Sunrise, this is Sailingvessel Philia. My AIS detects a collision course in 13 min. We are a sailing vessel under sail. Please give way”

    “Sailingvessel, we will alter course and pass you at stern”

    So einfach kann’s auch gehen. Dabei legen sich die mächtig ins Zeug, verändern ihren Kurs um 40°, damit sie wie versprochen hinter uns durch gehen. Aber sie halten sich an die Regeln und uns tut das gut. „Have a nice trip to Tunis“ – wenigstens so können wir uns bedanken.

    Inzwischen hat der Wind weiter auf Süd gedreht und wir können unseren geplanten Kurs nicht mehr weiterlaufen. Statt immer näher zu Korfu zu zu kommen, driften wir immer weiter nach Norden und auf Albanien zu. Und Albanien ist so eine Sache: Einerseits recht eigenwillige Auslegung von Gesetzen und andererseits jede Menge Drogenschmuggel. Am besten viel Abstand halten. Nur genau das wird immer schwieriger.

    Kurz vor der selbst gesteckten 15 Meilen Abstandszone übernehme ich das Ruder von Clemens und klemme Philia so hoch wie möglich an den Wind. Das bringt dann eine Kursänderung von 10 manchmal 15° nach Süden und eine Galgenfrist mit Albanien. Clemens geht nach unten und checkt die Navigationsgeräte. „Wir haben einen Regen direkt vor uns“ Na super! Und Leni setzt nach: „Da im Nordosten habe ich gerade einen Blitz gesehen“. Herz was brauchst Du mehr. Soll diese bisher sehr schöne Überfahrt in Sturmböen und Gewitter in Albanien enden?

    Wir beginnen uns vorzubereiten: Was tun wir, wenn die erste Böe einfällt: Großschot loswerfen, Vorsegel stark reduzieren, Großsegel reffen. Davor noch da Bimini-Verdeck aufklappen, um Regenschutz zu haben. Die Sprayhood wäre schnell aufgestellt. Ölzeug und Schwimmweste + Lifeline (Leine zum einhaken am Schiff) sind bei uns ohnehin Pflicht.

    Und dann beginnt der Poker: Kommen wir am Regen vorbei? Welchen Kurs können wir fahren? Zieht das Wetter in unseren Kurs oder eher nach Albanien? Und was macht das Gewitter?
    Ich gehe auf Handsteuerung, das ist sensibler als der Autopilot, und fahre jedem Winddreher nach. Aus den ursprünglichen 95° werden langsam 105, 110, 120, 135. Und das Regenfeld wandert aus unserem Kurs – sehr schön. Aber die Blitze werden heller und kommen scheinbar näher, ja eigentlich sogar aus dem Regenfeld. Ob sich das ausgeht? Es geht, doch die hellen Blitze über der albanischen Küste und weiter im Norden bleiben noch lange unsere Begleiter.

    Da der abnehmende Mond erst gegen 3 aufgeht, und hier draußen, ca. 50 km von jeder Küste entfernt kein Kunstlicht herrscht, gibt es zum Ausgleich einen fantastischen Sternenhimmel. Wann haben wir zuletzt so viele Sterne gesehen – toll!

    Geschwindigkeit ist nicht so wichtig. Sind wie zu schnell, kommen wir noch in der Dunkelheit am Ziel an, und das ist keine gute Idee. Ein bisschen trödeln ist also erlaubt. Die Segel leicht einreffen und Philia einfach fahren lassen. Die Wellen beruhigen sich, das Leuchtfeuer von Othonoi liegt voraus – alles gut. Ich klappe die Bimini weg, um die Sterne besser zu sehen, strecke mich auf der Cockpitbank aus, auch um die Sterne besser zu sehen, hole mir meine Kopfhörer und singe mit. Schön ist’s da draußen, kurz vor Mitternacht, ganz „alleine“ am Meer. Um Mitternacht kommt dann Leni dran. Die nächsten zwei Stunden gehören ihr. Ich leg mich für meine 4-Stundenpause hin.

    Nach Othonoi ist wieder ein Kurswechsel angesagt, wieder Kurs 90°, parallel zur Küste. Wind und Wellen wollen das aber nicht. Kein Wind, unangenehme Welle von hinten – geht gar nicht. Wir schalten den Motor an.

    Schon nach wenigen Minuten werde ich aus dem Bett geholt: „Jörg, da gibt es einen Alarm am Motor. Müssen wir abstellen?“ Naa, bitte neeed, des muas jetzt ned sein!
    Das hatte der neue Motor schon einmal. Da kommt unmotiviert der Alarm, dass die Kühlung nicht funktioniert, aber: Kühlwasser rinnt ungehindert, Kühlflüssigkeit ist ausreichend vorhanden, die Motortemperatur liegt bei 80° – sagt das Infrarotthermometer. Eigentlich alles OK – aber trotzdem das schreiende Piepserl!

    Gut, die Bedienungsanleitung sagt, mit geringer Motorleistung in die nächste Werkstatt fahren. Schnell wollen wir eh nicht sein und mit etwas über Leerlauf schiebt sich die Philia mit 3,5 kt voran. Soll sein! Wenn da nicht dieses nervige Piepserl wäre. Das piept kurz auf, verstummt wieder, piept wieder, verstummt wieder – blödes Ding! Plötzlich fällt mir auf: Das kommt immer dann, wenn eine Welle gerade durch rollt und sich das Schiff dabei nach links neigt. Je kräftiger die Neigung, um so eher kommt das Piepserl. Geht die Neigung nach rechts ist das Piepserl immer stumm.

    Keine Idee wo das her kommen könnte. Wie man so einen Fehler suchen und finden könnte ist mir aber auch schleierhaft. Wie soll man das einem griechischen Mechaniker erklären oder gar vorführen? Naja, kommt dann morgen, oder nach dem Wochenende.

    Ich übernehme meine nächste Wache, nutze die Gunst der Stunde, setzte die Segel und schalte den Motor ab. Mit 3 – 4 kt gleitet Philia durch die Nacht auf das Ziel zu. Kaum mehr Welle, immer noch Wetterleuchte im Norden und tausende Sterne, später dann noch ein ¼ Mond.
    Magisch.

    Genau so leise erlebe ich den Sonnenaufgang und schleiche dem Ziel entgegen. Erst 1 Meile vor der Bucht wecke ich Magdalena, Clemens noch später. Dauert ein bisschen, bis sie an Deck kommen. Erst der Hinweis auf 2 Delfine, die rund um Philia unterwegs sind, beschleunigen ihre Bewegungen 😉.

    In aller Ruhe machen wir unser Ankermanöver in der Bucht Imerolia bei Kassiopi. Clemens nimmt noch schnell die italienische Gastlandflagge ab und setzt die griechische – damit alles korrekt ist.


    Angekommen!

    Und jetzt beginnt der griechische Sommer

    PS.: Die letzten 3 Tage hat es in Österreich unglaubliche Niederschläge bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt gegeben. Da dann doch lieber im T-Shirt am Hafen spazieren gehen. 😊

  • Überraschung

    Hinter uns geht die Sonne unter – malerisch, vor uns tauchen die vielen Lichter von Brindisi auf, wir bereiten uns auf die Anfahrt des Hafens vor.

    „Du Papa. Da ist Wasser am Boden vor dem Niedergang, schon zum zweiten Mal“

    „Du Papa. In der Bilge ist es auch. Die ist schon zum zweiten Mal voll!“ Das sind dann so 3 Liter, OK.

    „Du Papa. Die Motorbilge, ist platteleben voll“ Das sind dann 30 Liter, das ist nicht OK

    Kurze Analyse: Wenn das Wasser unter dem Motor steht, muss es vom Motor kommen. Die Motorbilge ist ein dichtes Becken, damit im Fall des Falles, kein Öl ins Meer gelangen kann. Jetzt aber einen Motorausfall – das wäre nicht gut. Ich muss mir das selbst ansehen.

    Von der linken Wand rinnt das Wasser herab. Das kann nur eine Ursache haben: Dort ist ein Schwanenhals mit Entlüftungsventil befestigt, und dort muss was undicht sein.
    [Schwanenhals: Eine Leitung geht möglichst weit hinauf und dann wieder zurück hinunter zum Motor, um ein Zurückfließen von Seewasser in den Motor zu verhindern. Das würde der nämlich nicht überleben. Damit der Schwanenhals bei jedem Motorstillstand leerläuft, hat er an seinem höchsten Punkt ein Ventil eingebaut, dass Luft hineinlässt]

    Was tun: Wasser muss raus, denn das Becken geht fast über. Mit einer Schüssel wird das einfach herausgeschöpft. Dauert ein bisschen, geht aber gut. Außerdem ist das Wasser angenehm warm 😊
    Und dann? Entweder der Wassereinbruch hält sich in Grenzen und wir fahren die Stunde bis in den Hafen noch – das kann man leicht beobachten und die Motorkühlung ist ja intakt. Oder er ist zu arg, dann muss Plan B ausgeführt werden. Ich hab noch die originale Verbindungsleitung von der Seewasserpumpe zum Kühler mit dabei, ein sehr verwinkeltes Schlauchstück. Das kann ich in 10 min wieder einbauen und damit den Schwanenhals umgehen.

    OK, wir können also weiterfahren, morgen schau ich mir das an.

    Wie gedacht, eine einfache Sache mit großer Wirkung: In das Ventil ist ein Bröserl vom in die Tage gekommenen Schalldämmmaterial hineingefallen und das Ventil konnte nicht richtig schließen. Bröserl raus, Ventilgummi wieder einsetzen, dicht, fertig!

    Im gleichen Zug wird dann noch der Keilriemen nachgespannt. Da war für meinen Geschmack viel zu viel Abrieb. Naja, die Leistung von 2000 W muss halt auch irgendwie auf die Lichtmaschine übertragen werden, und ohne genügend Spannung geht das halt nicht. Ein paar Schlauchschellen bekommen zur Sicherheit auch noch etwas Liebe verpasst. Dann ist alles gut.

    Genug gebastelt, jetzt gibt es Landgang in Brindisi. Wobei, es ist angeraten sich gut festzuhalten. Wir messen am Schiff mehr als 25 kt Wind, und das obwohl wir deutlich tiefer (!!) stehen, als die umliegenden Häuser hoch sind.

    Aber aus genau dem Grund sind wir ja heute hier.

  • Die lange Reise in den Süden

    Der Sonntag ist der Tag des Crew-Wechsels. Nachdem Philia aufgeräumt und der Proviant ergänzt wurde, weitere 80 Flaschen Wasser kamen an Bord, reisen Sophie und Felix ab. Statt ihnen kommt Clemens als dritte Person an Bord.

    Er reist mit dem Bus an, der widererwarten pünktlich ist und „darf dann noch Duschen gehen.

    Um ¾ 3 verlassen wir Tisno endgültig, tanken in Murter noch 70 Liter Diesel und motoren noch durch die flache Einfahrt von Murter. Beim Leuchtfeuer von Prsnjak werden die Segel gesetzt und der Motor abgeschaltet – für viele Stunden.

    Im zu Ende gehenden Tag nehmen wir Kurs auf die Insel Vis. Um 19:30 geht die Sonne unter, wir schalten das Navigationslicht und das AIS an und segeln auf gerader Strecke durch die Nacht. Der Wind lässt ein wenig nach, so dass wir die Segelfläche hin und wieder anpassen müssen. Aber warum eigentlich „wir“? Es gibt einen ausgefeilten Wachplan, und das bedeutet, dass immer nur einer von uns die Schiffsführung überhat. Die anderen haben „Freiwache“ dürfen, nein sollen sogar schlafen. Für Magdalena, die die Prüfung erst seit wenigen Stunden bestanden hat, oder für Clemens, der unser Schiff überhaupt noch nie gesehen hat, eine sehr aufregende Sache. Selbst wenn das Wetter sehr gnädig ist, die Navigation sich auf eine gerade Linie ohne jegliche Hindernisse beschränkt, ist das für „Anfänger“ eine große Herausforderung. Magdalena berichtet nachher, von einem Ruhepuls im Liegen von 85 /s – und sie ist eigentlich recht fit.

    Bei Sonnenaufgang passieren wir die NE Ecke von Vis und fahren, da die „gefährlichen“ Inseln gut zu sehen sind, auf demselben Kurs weiter. Erst bei Lastovo wird er auf einen östlichen Kurs geändert. Es ändert sich aber auch der Wind. Sein sollte es ein NW Wind, der eine rasche Fahrt ermöglichen soll. Tatsächlich finden wir aber einen reinen N-Wind, und haben plötzlich mit 20 kt Wind aus 60° zur Fahrtrichtung zu tun. Bei den ein gerefften Segeln ist das schon „hart am Wind“. Die heranrauschenden Wellen tun ihr übriges.

    Wir wollten gegen 16 Uhr in einer Bucht 20 Meilen südlich von Dubrovnik sein. Jetzt sagt das Navi-Programm ein ETA (estimated time of arrival = geschätzte Ankunftszeit) von 2 Uhr Nachts vorher. Wenn wir dieses Tempo halten, müssten wir eigentlich gleich durchfahren, um das Wetterfenster in der Straße von Otranto noch zu erwischen. Heute ist dort starker Rückenwind, zu stark, der wird in einen ebenso starken Südwind umschlagen. Dazwischen gibt es ein paar Stunden gute Bedingungen.

    Philia schaukelt in den Wellen südlich von Mljet, in mir schaukeln die Gedanken: Noch 10 Stunden in die Bucht. Wo wären wir, wenn wir 10 Stunden in Richtung Italien ablaufen. Wie weit wäre es dann noch nach Bari oder Brindisi? Wäre das machbar? Wäre das sinnvoll für die gesamte Reise? Ich rufe die Crew zusammen und wir beraten uns kurz. Dann wird noch das Fahrverhalten auf dem Vorwindkurs Richtung Bari ausprobiert. Eine Frage in die Runde: Machen wir!

    Gleichzeitig wird unsere „Homebase“ in Wien informiert. Dort sitzt Susi vor dem Computer uns beobachtet unser AIS Signal in einer Marine App (marinetraffic.com). Als wir ihr erzählen was wir vor Haben, meint sie nur: „Hab ich eh schon gesehen!“
    Big Mama is watching you! Wetterbericht gibt es dafür dann aber auch gleich dazu.

    Wir segeln also in die 2. Nacht. Nur mit Genua, denn die ist sehr flexibel auch von nur einer Person zu bedienen. Hinter uns verschwinden die kroatischen Inseln im Dunst. Zum Ausgleich wachsen dafür die Wellen empor. Gut 1,5 m sind die größeren nun hoch. Aber die sind harmlos, denn sie laufen in die gleiche Richtung wie wir. Das Heck wird also angehoben und senkt sich wieder. Ganz gemütlich schaukelt Philia so dahin. Genau nach Wachplan begeben wir uns in die Kojen und finden sogar guten Schlaf. Beim Wachwechsel müssen wir richtig geweckt werden.

    Um Mitternacht, zum Beispiel, weckt Clemens mich auf. Damit ich rasch munter bin mit einer netten Nachricht: „Da ist ein großes Schiff, das kommt genau auf uns zu!“ – fesch. Am Radar ist ein Punkt zu sehen, das AIS verrät uns, wer der Übeltäter ist: HAS YEHIA, ein 150m langes Tankschiff kommt da die Adria herauf. Kollision in 40 min. Na, da haben wir wenigstens noch etwas Zeit unsere Sachen zu packen – oder die Kollision zu vermeiden.

    Nach den Regeln der Seefahrt, sind wie ein Schiff unter Segeln – also ein Segelschiff, und haben daher gegenüber Motorschiffen Vorfahrt (Anm.: Den Puristen unter den Lesen ringelt es jetzt die Zehennägel auf, aber wenigstens der Sinn des Verfahrens ist so Wiedergegeben). Also wir müssen nichts anderes tun als geradeaus weiterzufahren. Aber: Hat mich der gesehen? Da greif ich doch lieber zum Funkgerät:

    Has Yehia, Has Yehia, Has Yehia, this is Sailingvessel Philia, Philia, Philia.
    Dann geschieht einmal – nichts. Der erste Offizier muss vielleicht erst aufwachen.
    „Who is calling Has Yehia“
    Sailingvessel Philia is calling. We are on a collision course. We will meet in about 40 min. We are a sailing vessel under sail. Please give way.
    Das sollte ja normalerweise genügen.
    “I don’t see you on my RADAR – untermalt von einer heftigen Rückkopplung – What is your position”
    Kann er haben, damit er sie richtig versteht auch gleich zwei Mal.
    „What is your course“
    230 °
    „We change course to starboard“ Das wäre nach rechts, um hinter mir durch zu gehen. So sollte es auch sein. Alleine, das AIS zeigt keine Kursänderung an! Wir sind dem egal und er legt es einfach drauf an: Mehr Gewicht, mehr Rechte – steht so aber nicht in den Regeln.

    Nach ein paar Minuten meldet er sich und will mich am Kanal 9 sprechen. Da hör nämlich keine Küstenwache zu.
    „Going to starboard is to complicated for us“ Häää – der muss nur den Kurs um 3 Grad verdrehen.
    “We maintain course and pass green by green”

    Also er will überhaupt nichts machen und wir sollen unseren Kurs so anpassen, dass wir rechte Seite an rechter Seite aneinander vorbeifahren. Das ist erstens sehr unüblich und zweitens bedeutet das für uns eine Halse zu fahren und die Segel von rechts nach links und später wieder zurückzubringen. Aber was tut man nicht alles, um zu überleben.

    Have a pleasant trip, hören die noch von mir. Was solls, Widerrede ist zwecklos, da die Entfernung nun schon so gering ist, dass er gar nicht mehr ausweichen kann.

    Dann sind wir wieder alleine. Die Wellen haben nachgelassen, sind runder geworden. Der Autopilot hält das Schiff wunderbar auf Kurs. Ich sitze im Cockpit, warm angezogen und eingehüllt, höre Musik und bewundere den unglaublichen Sternenhimmel. Für alle die in der Stadt wohnen: Es sind noch alle Sterne da – wenn man das Licht, also alle Lichter ausschaltet, dann sieht man sie auch. Hier draußen, in der Mitte der Adria ist kein künstliches Licht und selbst der Mond ist noch nicht aufgegangen.

    So fällt mir zum Beispiel auf, dass ich genau unter dem „kleinen Wagen“ sitze und damit den Polarstern fast exakt über mir habe! Den hab ich schon lang nicht mehr wahrgenommen. Nach 2 Stunden kommt mich Magdalena ablösen und ich darf wieder in meinen Schlafsack. Erst um 6 bin ich wieder dran.

    Aber was für ein Erwachen: Es ist so, als würde man in einem Wohnmobil Vollgas über eine kurvige Schotterstraße brettern. Es kracht, es schüttelt und rüttelt, in der Kabine fliegt alles herum. Ich kann mich kaum aufsetzen, geschweige denn anziehen. Nur Clemens, der grad im Cockpit sitzt, findet das alles seeehr entspannt. Wir fahren mit 5-6 kt, und die Wellen sind „halt jetzt anders“.

    Anders heißt in dem Fall, dass sie nicht mehr von hinten anrollen, also nicht nur, aber auch. Viel mehr hat sich eine zweite Welle dazu entwickelt, und die bringt der 23 kt starke Wind, der uns fast entgegen bläst – nix mehr mit Rückenwind und so. Die Wellen sind also äußerst konfus, kommen von Links oder rechts, überlagern sich, werden deutlich höher, an den Spitzen spritzen oft 1 m hohe Fontänen in die Höhe. Es dauert nicht lang, bis ich so einen Schwall abkriege. In Voraussicht hab ich die Sprayhood geschlossen. Das hilft zwar dem Cockpit und dem Niedergang, meinem Gesicht aber nicht – Danke für die Dusche!

    Was mir noch auffällt: Wir machen wenig Fahrt und der Kurs passt irgendwie nicht gut. Segel ganz dicht holen, hilft – aber der Kurs? Wo fahren wir hin? Schaffen wir die Einfahrt nach Bari anzusteuern? Wie kann ich die Information bekommen? Ich weiß wo sie steht, am Plotter, aber wie komme ich das hin, ohne dass das Schiff Unfug macht. Also ein paar Sekunden Autopilot werden schon gehen. Und dann weiß ich: Bari geht – vielleicht, wenn ich mich anstrenge und der Wind nicht dreht und die Abdrift nicht zu stark ist. Viele Wenn´s und nur eine Einflussmöglichkeit, aber ich muss es versuchen!

    Rodeo Modus! Das Schiff schlingert in den Wellen, ich versuche die Fahrt hochzuhalten – das bedeutet weniger hoch am Wind zu fahren, und versuche gleichzeitig möglichst weit westlich auf das Festland zu treffen. Und das bedeutet wiederum, möglichst hoch am Wind zu fahren, was wieder Geschwindigkeit kostet. Bei dem kleinen Vorsegel komme ich nicht näher als 55° an den Wind heran. Unter anderen Bedingungen wäre das locker 10° besser. Besser für die Geschwindigkeit, besser für den Landfall.

    Um die Sache noch netter zu machen: Das Schlingern des Bootes in den Wellen beeinflusst den Windwinkel zusätzlich. Das Spiel kann beginnen. Geschwindigkeit möglichst über 4 kt halten, damit das Schiff sich nicht in den Wellen feststampft, aber nicht über 5 kt kommen, denn das kostet Höhe und damit vielleicht den „Sieg“.

    Wie lange ich da so vor mich in kämpfe? Na, so gut 3 Stunden konzentrierte Arbeit ist angesagt. Das Dumme ist nur, ich hab keine Zeit klar zu navigieren. Wo ist die Hafeneinfahrt? Schaffe ich diese Ecke, gibt es noch Reserven?

    Da kommen mir Fährschiffe zur Hilfe. Sie Steuern Bari an und ich kann klar verfolgen, wie man in den Hafen kommt. Ich schleiche mich an und zwicke mich nach dem 2. Schiff in die Hafeneinfahrt. Draußen sind noch zwei weitere unterwegs, aber die sind offensichtlich angewiesen, eine größere Kurve zu fahren um für mich Zeit zu schinden -DANKE! Trotzdem werde ich in der Einfahrt beinahe von Nummer 3 überholt, doch ich kann mich um die Ecke der Mole in das Hafenbecken für die Kleinschiffe retten.

    Geschafft! Anlegen im Yachtklub ist dann eher Routine und gelingt uns, als hätten wir die ganze Nacht darauf gewartet, endlich dieses Manöver zeigen zu dürfen.
    Aber ehrlich: Wir sind alle drei ziemlich geschafft! Nach 214 Meilen in 30 Stunden darf man das auch.
    Nur die Aussicht auf eine Dusche und das italienische Dreigestirn aus Pizza, Cappuccino und Eis halten unsere Lebensgeister aufrecht.

    Am Nachmittag wird auch das erledigt – und Pläne für die nächsten Etappen geschmiedet!

  • Prüfungswoche

    Vor dem Vergnügen selbst ein Schiff zu steuern steht der Erwerb der FB 2 Lizenz, ein Unterfangen, dass über eine längere Zeit geht. Praktische Erfahrung, theoretische Kenntnisse, Prüfung in der Theorie und natürlich die Prüfung am Schiff. Wegen der sind wir, also meine Töchter und der zukünftige Schwiegersohn schon vor Beginn der Osterwoche nach Tisno aufgebrochen. Kühl ist es noch, relativ windig. Wobei der Wind, in  Maßen, ja durchaus erwünscht ist. Wir wollen ja möglichst viel segeln, viele Manöver üben, unterwegs sein.

    1. Tag – Einsegeln
    Einfach den tollen Wind, ca. 15 bis 20 kt nützen, um mit dem Schiff vertraut zu werden und einmal das Prüfungsgebiet bei Tag befahren. 18 Meilen mit vielen Halsen und Wenden und auch den ersten MOB Manövern (MOB = man over board, wobei man von mit als „Mensch“ übersetzt wird). Insgesamt sind wir fast 6 Stunden unterwegs und bei der Rückkehr ziemlich geschafft. Für ein Anlegen in Tisno ist uns dann zu viel Wind. Wir verschieben das auf Morgen und ankern in der Bucht gegenüber.

    Dank Dieselheizung haben wir es angenehm warm und können den Abend und die Nacht richtig genießen.

    2. Tag – Manöver
    Der Wind hat etwas nachgelassen und wir haben ideales Wetter, um weiter zu üben. Heute kommt das Anlegen dazu. Dafür fahren wir zur Marina Pirovac, kaum eine Stunde von Tisno und haben dort ideale Bedingungen. Mit dem Heck an den Steg, seitliches Anlegen und natürlich wieder MOB.


    Das MOB Manöver enthält so ziemlich alles, was man zum Segeln braucht. Bestimmte Kurse fahren, Kursänderungen, das Schiff anhalten, und zwar genau neben der Boje, die das „MOB Opfer“ darstellt. Gar nicht so einfach, bei den wechselnden Bedingungen und viel Arbeit, für die kleine Crew.

    Und dann kommt noch eine spezielle Aufgabe: Navigation in der Nacht.
    Das ist dann traditionelles Schifferlfahren, also ohne GPS wie im Auto, dass dir einfach ansagt: „Nächste Kreuzung links abbiegen“. Was die Sache so spannend macht ist, dass man eben nur sehr wenig von der Umgebung wahrnehmen kann. Die Inseln sind schwarze Schemen, alle irgendwie gleich.

    In unserem Fall wenigstens etwas Mondlicht, damit es nicht ganz finster ist. Für die Navigation bleiben dann nur mehr die wenigen Leuchtfeuer, recht schwache, rote, grüne und weiße Blinklichter, die ihre genaue Bedeutung und Position erst durch ihren Blinkrhythmus verraten. Erst der Blick in die Karte macht sicher, naja so halbwegs, was denn das ist und vor allem: „Wie passt das zu meiner geplanten Route“. Und wenn man einen Fehler macht, dann warten die Inseln auf einen. Einigermaßen spannend, unter diesen Umständen einen bestimmten Hafen zu finden und dort einzulaufen. Fast 4 Stunden sind wir so unterwegs.

    Zum Abschluss suchen wir mit dem Handscheinwerfer unseren Liegeplatz in Tisno, den wir für unsere Ankunft schon vor der Abfahrt vorbereitet haben. Die Übung gelingt und gegen 2 sind wir im Bett.

    3.Tag – weitere Übungen und …
    Nach der anstrengenden Nacht, kommen wir erst gegen 12 aus dem Hafen. Mit ein paar Übungen kommen wir nach Pirovac und beginnen sofort mit dem seitlichen Anlegen. Irgendwie spektakulär, aber an sich harmlos. Harmlos, wenn denn da die Wolken nicht wären. Wunderbare Gewitterwolken haben sich aufgebaut und begrüßen uns mit ihrem Grummeln.

    Na gut, wir ziehe uns eh schon zurück, aber weit kommen wir nicht. Schnell beginnt es zu regnen und wir schaffen es noch in eine Bucht. Dort wollen wir das Gewitter vor Anker abwarten. Und das Ding kann es ganz gut: Blitze rund um uns, starker Regen und – als Gruß vom Winter – 10 min erbsengroßer Hagel. Also sonniger Süden ist das definitiv nicht.

    Eher der Vorbote, für die kommenden beiden Tage: Bora, vom feinsten. Bora, das ist ein heftiger Fallwind, der vom 2.000 m hohen Velebit Gebirge auf die Küste herunter stürzt. Nicht selten erreicht er mehr als 100 km/h, an manchen Stellen fast das doppelte. Da werden dann Autobahnen gesperrt, weil das einfach zu gefährlich wird.

    Ja, und die Schiffe bleiben tunlichst im Hafen. Wir sind ja nicht verrückt! Selbst im Hafen messen wir 46 kt (80 km/h) Böen, die heftig am Schiff und den insgesamt 6 Leinen zerren, mit denen wir festgemacht haben. Zum Glück zeigt unser Heck fast genau in den Wind, das macht die Bootsbewegungen erträglicher, aber Philia ruckt ganz schön in den Tauen hin und her.

    4. und 5. Tag – Wer nicht segelt, arbeitet am Boot
    Wie immer gibt eine to do Liste. In meinem Fall soll die Lithium Batterie, die Susis Sauerstoffkonzentrator versorgt, ins Schiff eingebaut werden. Klingt einfach, ist es aber nicht so ganz: 16 m Kabel werden verlegt, 2 Knotenpunkte für die Verkabelungen eingebaut, ein spezielles Ladegerät und natürlich die Batterie selbts. Das Schätzchen hat kaum 40 kg Gewicht, also alles ganz simpel, wenn der Weg über eine schmale Pasarella („Brett“) vom Land auf das ruckende Schiff führt.

    Insgesamt recht anstrengend, schon alleine wegen der Bewegungen des Schiffs.
    Als das geschafft ist, werden noch 2 USB Buchsen eingebaut, davon kann man nie genug haben, und LED Lichtbänder im Salon an. Auf Wunsch gibt es jetzt Kinderdisko – oder einfach rotes Licht bei Nachtfahrten.

    Das rote Licht irritiert die Sehfähigkeit bei Dunkelheit nicht und ist daher für die Augen viel angenehmer. Weißes Licht würde blenden und die Nachtsehfähigkeit für 20 min zerstören.

    6. Tag – Wind, aber anders

    Bei uns am Liegeplatz in Tisno kommt der Wind von hinten und außerdem ist er vom Berg her geschützt. Was uns im Übungsgebiet erwartet ist immer eine Überraschung. Heute ist die Überraschung 25 kt (45 km/h)! Naja, kann man auch beherrschen. Segel klein machen, dafür weniger hoch an den Wind gehen und schon funktioniert es. Sportlich wie wir sind, wird schon nach 3 min der Motor gestoppt und unter Segeln aus der Bucht von Tisno heraus gekreuzt. Dort gibt es dann einen auf die Mütze, kräftiger Wind, der uns am heutigen Tag zweifeln lässt.

    Martin mit seinen Segelschülern war schon früher unterwegs und ist nach Norden, Richtung Biograd und Zadar geflüchtet. Dort ist der Wind „ganz kuschelig“, was so um die 15 kt (27 km/h) bedeutet. Wir wollen es ihm nach machen, aber schon am Weg dorthin nimmt der Wind ab. Und bei wenig Wind können wir unsere Übungen auch gleich hier machen. Wieder fliegt die Boje über Bord und wird eingesammelt. Klappt schon ganz gut und trotz der schwierigen Bedingungen fast immer beim ersten Versuch.

    Da der Wind weiter nachlässt, beschließen wir nach Pirovac zu fahren und uns dort mit Anlegemanövern zu vergnügen. Seitliches Anlegen auf beiden Seiten, jetzt auch mit schwierigerer, realitätsnäherer Anfahrt. Auch da durchwegs zufriedene Gesichter.

    Da der Marinero heute nicht so ganz motiviert ist, uns Geld abzuknöpfen, lässt er uns zuerst in Ruhe üben. Einen kurzen Stopp nutzen wir dann auch gleich, um den Windgenerator wieder auf den Mast zu setzen. Ist ein wenig Spielerei, klappt aber ganz gut. Und am Weg zurück nach Tisno springt er auch an und lädt die Batterie. Gut so!

    In Tisno wird das Schiff für das Anlegen vorbereitet und während das geschieht, bringe ich es in die richtige Position. Dann drücke ich überraschend Sophie das Steuerrad in die Hand: Mach mal.
    Und sie macht das gut! Passt also, der Weg in der Ausbildung.

    Kaum sind die Leinen fest, springt Magdalena in die Küche und zaubert Spaghetti Bolognese. Herrlich, nach dem langen und kühlen Tag.

    Der 7. Tag – Der Tag der Tage

    Wir gehen es gemütlich an. Ausgiebiges Frühstück, also eigentlich wie fast immer, Boot innen und außen reinigen und hübsch machen. Bei wenig Wind legen wir gegen Mittag ab und bekommen dann den Anruf von unseren Freunden auf der BlueC: Ihre Prüfung ist früher fertig, weil ein Kandidat durchgefallen ist. Wir könnten also schon kommen.
    Gemischte Gefühle! Wie wird es uns ergehen. Immerhin ist der Peter, der Prüfer, langjähriger Betreiber einer Segelschule und seit Jahrzehnten auf See unterwegs.

    Wir segel nach Pirovac, wo wir Peter übernehmen werden. Am Außensteg ein seitliches Anlegemanöver, diesmal von Jörg gefahren, damit niemand schimpfen kann, falls es daneben geht.
    Peter kommt an Bord, etwas Small Talk und dann geht es direkt los: Anlegen seitlich, anlegen mit dem Heck, Segelsetzten, Wenden, Halsen, MOB unter Segel und unter Motor, Ankern in der Vela Luka. Alles gut!

    In der Pause werden Theoriefragen beackert, während ein Abendessen entsteht: Gniocci mit Tomatensauce. Ist warm, schmeckt, wird gelobt.

    Inzwischen wird es Nacht, fast sternklar, noch kein Mond. Eine Navigationsrunde unter Motor. Entspannt aber kühl, so um die 10° + den ständigen Fahrtwind. Auf Dauer wirklich kalt. Selbst der Aufgang des Vollmonds hilft trägt da nur wenig zur Ablenkung bei. Als wir Peter um ½ 12 wieder in Pirovac absetzen sind wir durchgefroren. Nach schnell zurück nach Tisno und dort als erstes die Heizung aufdrehen. Die Aufregung der letzten Stunden lässt uns nicht gleich schlafen uns so wird es 2 bis alle Lichter ausgehen.

    Ach ja: 3x geschafft!

  • Rechtliches

    Vor dem Vergnügen steht das Amt. In unserem Fall sind das kroatische Ämter, was die Sache nicht viel einfacher macht. Um in Kroatien mit dem Schiff unterwegs sein zu dürfen braucht es zwei Dinge: Die Vignette – früher hieß das Sicherheits- und Leuchtfeuergebühr – und die Tourismusabgabe.

    Die Tourismusabgabe ist relativ einfach: Da gibt es eine gut funktionierende Webpage und dort hat man die Wahl: Pauschale für das Schiff, je nach Schiffslänge, oder täglich und individuell. Nur eine Frage des Preises. Also für das ganze Jahr und pauschal wären das 700 (!!) € für die Philia. Individuell sind das 10 Kunar, heute 1,3 €/Person und Tag im Land. Also eigentlich ganz klar, was für uns passt – individuell.

    So einfach macht man das uns aber auch nicht: Wer, kommt wann an, fährt wann ab, wohnt wo, wurde wo geboren, heißt wie, hieß wie, Staatsbürgerschaft und Reisepassnummer. Für jede Person extra auszufüllen. Dann kommt eine Rechnung. Ist die bezahlt kommt dann innerhalb von 3 Tagen die Bestätigung, mit der man dann ins Land darf. Dauert halt ein bisschen, geht aber.

    Lustiger ist das Permit. Das kostet für die Philia 49,85€. Wenn man im Internet danach sucht, wo man das bezahlen kann, findet man immer nur einen Weg über eine Agentur, die zwischen 55 und 68 € Bearbeitungsgebühr verlangt. Und zwar findet man immer dieselbe Agentur. Wer sich da wieder bereichert?

    Der andere Weg ist es, sich einen Hafenkapitän zu suchen, der kann das auch mit dem Permit. Hafenkapitäne sind aber rar und scheu. In Tisno sollte es einen geben. Also lege ich mit um 8, zu seinem Dienstbeginn, auf die Lauer. Zur Abwehr von Kunden lässt er es pünktlich zu regnen beginnen. Nach 20 min gebe ich auf und bin dann halt ohne Permit unterwegs.

    Zur Sicherheit rufe ich bei der Zentrale in Sibenik an. Sehr freundliche Auskunft und der Hinweis, dass das Hafenamt dort täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet hat. Vielleicht passt es ja einmal.

    Und ja, es passt einmal. Ich suche das Amt, dass sich hinter vielen Bars versteckt und schrecke den Kapetanija aus seinem Sofa hoch. Er wirft sofort seinen PC an und tippt hektisch darauf herum. Enttäuschtes Gesicht, Anruf bei einem Kollegen, Suche nach Netzwerkkabeln unter dem Tisch, immer noch enttäuschtes Gesicht. Die Verbindung zwischen PC und Bankomatkasse funktioniert heute nicht. Da ich das Permit aber bargeldlos bezahlen muss, kann ich es eben nicht bezahlen. „Ich könnte ja morgen wieder kommen.“ Ob dann die Kassa funktioniert, ist nicht gewiss, aber es ist zumindest wer anderer zuständig. Auch eine Option.

    Kurz bevor ich Kroatien wieder verlasse, ein weiterer Versuch in Tisno. Ha, die Fenster zur Kapetanija sind geöffnet. Ja, heute wird das was. Wieder PC und dann wieder der Bankomat. Der funktioniert, hat aber eine besondere Hürde eingebaut: Bei jedem Bezahlvorgang, werden die Ziffern am virtuellen Ziffernfeld neu angeordnet. Muskel-Erinnerung geht da einfach nicht – aber kenn ich meinen Code auswendig? Nein, eben nicht. Also auf einen Zettel ein Nummernfeld aufgekritzelt, dort dann meine Muskeln spielen lassen und den Code ablesen. Das dann in den Bankomaten eingeben – funktioniert. Das alles unter den wachen Augen des Kapetanija.

    Warum das so kompliziert ist? Na, damit kein böser Bube die Codes „ablesen“ kann. An sich eh gut, aber der „böse Bube“ ist hier der Hafenkapitän …

    Kroatien halt.

  • Frühlingsbeginn

    Frühlingsbeginn


    Schon zeitig im März geht die erste Reise nach Tisno zur Philia. Mit dabei ist wieder einmal eine 3seitige To Do Liste: Die Motorinstallation ist noch nicht fertig, da fehlt noch das Bedienpanel im Cockpit. Der Autopilot muss überprüft werden, der ist einfach zu wichtig. Von der Motorkühlung sind die Leitungen zum Boiler zu verlegen, sonst gibt es kein Warmwasser. Warmes Wasser soll es auch bei der Heckdusche geben, die Leitungen sind schon eingezogen, jetzt fehlen noch die Anschlüsse und die Armatur. Ach ja, und im Süßwasser zu sparen, wollen wir einen Salzwasseranschluss in der Küche haben. Dazu muss nur ein Loch in den Rumpf gebohrt werden – wenn es sonst nichts ist 😉

    Und ja, das Antifowling, also der Unterwasseranstrich muss erneuert werden. Dazu muss Philia an Land geholt werden. Das geht hier am besten in der Werft in Sovje. Die ist kostengünstig und man darf alle Arbeiten selbst durchführen. Kostet zwar Zeit, spart aber eine Menge Geld. Für das letzte Antifowling samt Rumpfpolieren war der griechische Freundschaftspreis 1.300 €. So kostet es einen wehen Rücken und 500 € für das Material.

    Insgesamt bin ich da gut 9 Tage beschäftigt, inklusiver der Überstellungsfahrt in die Werft von je 3 Stunden. Aber immerhin, ich bin mit dem Schiff unterwegs, kann den neuen Motor und den neuen Propeller erproben.

    Wenn dann noch alles geputzt und aufgeräumt wird, dann ist das Schiff fertig für die nächsten Aufgaben. Da gibt es einen Trainingswoche samt FB2 Prüfung und dann gleich der Überstellungstörn nach Korfu. Spannend wird es auf alle Fälle wieder.