Im Süden von Symi gibt es eine sehr geschützte Bucht, in der sich ein Kloster befindet. Da wollen wir auch noch hin, damit auch ein wenig Kultur in unsere Reise kommt 😉
Gemütlich, es ist ja nicht all zu weit, brechen wir in Marathounda auf und tuckern die Küste entlang. Der Wind ist wieder einmal sehr sparsam, aber eigentlich wollten wir das ja auch so. Die erste Seereise von Lorenz sollte nicht seine letzte sein – wir wollten ihn nicht verschrecken.
Zwischen der Südspitze von Symi und der Insel Troumpetto gibt er sich allerdings die Ehre. 12 kt aber genau auf die Nase. Aber egal, die Durchfahrt ist knapp eine Meile breit und recht tief. Segel raus und aufkreuzen. Der Spaß dauert nur kurz, ein paar schöne Schläge und für Lorenz eine Idee, was Segeln auch bedeuten kann. Sobald wir aus der Durchfahrt draußen sind, ist aber wieder Schluss mit der leisen Fahrt, dann ist wieder der Motor dran.
Die Einfahrt nach Panormitis ist erst spät zu erkennen, außerdem stehen Wellen davor. Macht nichts, wir zwicken uns durch und haben dahinter ein herrlich ruhiges Becken. Ein Platz ist schnell gefunden, denn es ist ja erst ½ 1. Wir sind heute sicher nicht die Letzten die hier ankommen. Ein bisschen Schimmen und Faulenzen lässt die Zeit vergehen. Wir beobachten Busse und Schiffe mit Tagestouristen, bleiben an Bord, bis die wieder abziehen.
Erst gegen 5 fahren wir mit dem Dingh an Land, um das Kloster anzusehen. Der erste Eindruck ist: riesig. Da steht eine sicher 200 m lange Anlage mit Blick aufs Meer. In der Mitte ein Durchgang mit Kirchturm darüber und einer breiten Treppe davor. Beim genaueren Blick zeigen sich die beiden langen Seitenflügel als der „Wohnbereich“ der Mönche. „Zellen“ so wie in Mitteleuropa, wäre deutlich zu kurz gegriffen: Jeweils eine normalbreite Türe und zwei großzügige Fenster mit Meerblick. Na, da lässt sich‘s leben.
Erstaunlich der Gegensatz im Innenhof: Der ist zwar mit schönem Kieselmosaik belegt, wirkt aber eng. Das Katholikum, die eigentliche Kirche ist überhaupt nicht großzügig, sondern recht klein und dunkel. Fast so, als ob das hier nicht das Zentrum des Lebens der Mönche war.
Offensichtlich lebten die Mönche in diesem Kloster sehr gerne ohne Askese. War sicherlich viel angenehmer so 😉
Wir tingeln weiter rund um den Westen von Symi. Da gibt es einige Buchten, die allerdings alle von Tagesausflüglern heftig belegt sind. Außerdem sind sie alle recht steil, also sehr bald sehr tief. Da muss dann sehr nahe am Strand geankert werden und das taugt uns nicht recht.
Erster, oder letzter Blick nach Marathounda
Wir schauen die eine oder andere Bucht an, immer verfolgt von Schiffen, die „zuerst“ da sein wollen und um die besten Plätze kämpfen. Es gibt sogar ein Ausflugs-Taxi, dass in hohem Tempo jede der Buchten anfährt und immer ein paar Touristen an Land setzt. Sobald es leer ist, fährt es zurück nach Symi und holt den nächsten Schwung an Sonnenanbetern.
Die Strände sind „unmanaged“. Das bedeutet, dass es im besten Fall eine kleine Bar gibt, aber keine Strandliegen und keinen Schatten. Alleine wegen dem Schatten scheiden diese Buchten für uns schon aus. Wir finden aber eine, die uns passt: Marathounda Bay!
Marathounda ist ein klizekleiner Ort mit einer Bar, einer Taverne, 20 Strandliegen und ca. 100 Ziegen. Schon in unserem Ratgeber steht: „Lassen Sie nichts in ihren Taschen liegen, was sie später vermissen würden. Die Ziegen fressen alles!“ Das geht so weit, dass die Taverne eingezäunt ist, damit die Ziegen nicht von den Tischen fressen.
Was es gibt sind 3 Bojen. Eine orange, die an einer guten Position schwimmt, eine helle, die aber schon 3 m unter der Wasseroberfläche treibt und nur mit einer Waschmittelflasche markiert ist, und eine dritte, die aber recht nahe am Ufer ist. Wir nehmen uns die orange. Die hat am unteren Ende eine Betonplatte, um die eine Kette gewickelt ist. Von der Kette geht ein recht neues dickes Seil nach oben zur Boje. Schaut gut aus und dürfte für die kommende Nacht sicher sein.
Unwirklich blau, unwirklich klar. Nur so kann man in 8m Tiefe einen handgroßen Fisch entdecken.
Das Wasser hier ist glasklar, wir können alle Details am Boden 8 m unter uns erkennen. Natürlich sind wir bald im Wasser und halten nach Fischen Ausschau. Susi entdeckt bald einen Rochen, keine Flunder sondern wirklich einen Sternrochen. Etwa 20 cm Spannweite und einen ebenso langen Schwanz. Rochen hatten wir bisher in Griechenland noch nicht. Wieder eine Überraschung.
Am Abend wollen wir an Land und in die (einzige) Taverne essen gehen. „Abend“ erkennt man daran, dass die Tagestouristen langsam verschwinden und die Ziegen jetzt in die andere Richtung ziehen, natürlich wieder über den Strand. Wenigstens sind die friedlich.
Ein Hauch von Touristenrösterei, aber wirklich nur ein Hauch
Susi wünscht sich zum Abendessen einen Fisch, aber das wollen andere auch: Wespen und Hornissen. Und zwar nicht nur eine, wirklich viele. So viele, dass die Besitzerin der Taverne zuerst anbietet nach Innen zu kommen, hat dann aber eine bessere Idee: Sie hat da einen Rauchtopf gebracht, der jedem Imker Ehre gemacht hätte. Was da genau geraucht hat wissen wir nicht. Ein braunes Pulver, ein Zweig Rosmarien, etwas Kohle, die wohl aus dem Grill stammt.
Der Rauch zieht also sehr nieder über Susis Fisch hinweg und hält die Wespen ab. Wirklich gut wird es aber, als die Fischreste, Gräten und Kopf auf einen Nachbartisch gestellt wird. Dort haben die Wespen nun ein Volksfest zu dem auch ein paar Hornissen geladen sind. Uns soll’s recht sein, so haben wir wenigstens unsere Ruhe.
Als wir dann schon um 8 Uhr, also noch vor Sonnenuntergang wieder zur Philia zurückkehren, wird auch die Taverne dicht gemacht.
Magdalena und Lorenz kommen nach Kos geflogen und fahren mit dem Bus, um sagenhafte 2,50€, nach Kardameina. Susi und ich holen sie dort mit dem Dinghi ab. Für Lorenz ist auf Philia alles neu, Magdalena kennt die Philia schon länger als alle anderen unserer Gäst. Im Februar 2022 war sie das erste Mal auf Philia. Damals halt noch am „Trockendock“ in Thessaloniki. Wegen Lorenz wollen wir die Sache aber langsam angehen.
Unsere Wetterprofeten von Windy.com erzählen von richtig viel Wind in Kos und knapp südlich davon. Aber weiter im Osten, dort soll es ruhig bleiben. Und im Osten liegt die Insel Symi. Es ist halt ein langer Weg dort hin, aber die Wege sind generell recht lange in diesem Teil der Ägäis. 45 Meilen sind es in diesem Fall. Nur einen kurzen Abschnitt können wir segeln, der aber ist vom Feinsten. 12-15 kt genau auf die Seite. Das ist schnelle Fahrt unter Vollzeug bei wenig Welle. Lorenz steuert, und er macht seine Sache wirklich gut.
Um auf die Ostseite von Symi zu kommen, muss / kann man eine enge und flache Durchfahrt passieren. Da springt die Wassertiefe in wenigen Sekunden von 78 m auf 13m und später auf 2,6m. Da sollte man besser aufpassen, was man tut. Wir passen aber auf und alles ist ok. Dann noch um ein Kap, eine Meile die Küste nach Süden und dann rechts rein in den „Fjord“.
Am Ende dieser Bucht liegt Padi, und in Padi gibt es eine kleine Marina. Susi hat es mit Griechisch und Ausdauer geschafft, eine Zusage für einen Liegeplatz zu bekommen. Ich mag zwar Marinas nicht so arg gerne, aber nach einem langen Tag und vorhergesagtem unsicherem Ankergrund, ist das besser so.
Padi ist ein ganz und gar ungriechischer Ort. Da ist nichts mit weißen Häusern und blauen Kuppeln. In Padi sind die Häuser bunt. Jedes in einer anderen Farbe gestrichen, zumeist mit zweifärbigen Betonungen von Fenster und Türen. Wegen der Nähe des Meeres, werden die Häuser alle 1-2 Jahre neu angemalt. Weiter oben, in den Bergen reich es dann alle 4 bis 5 Jahre. Eigentlich auch wenig, wenn ich das mit den 20 oder mehr Jahren bei uns vergleiche
Sonst ist Padi ein alter kleiner Hafen mit einer Mole und mehreren Slip-Rampen, um die Fischerboote an Land zu ziehen. Entsprechend liegen auch viele Schiffe, oder deren traurigen Überreste an Land. Der Ort ist entlang des Ufers schnell durchwandert. 2 Tavernen mit erstaunlich unterschiedlichem Preisgefüge, ein Minimarket, ein Bootsverleih, eine Busstation und ein oder zwei Reihen von Wohnhäusern die dem langgezogenen „U“ der Bucht folgen.
Das war es dann auch schon. Der Weg in die eingeschränkte Zivilisation, also in den Ort Symi, geht über eine Bergstraße, die auch in Vorarlberg sein könnte: Enge Serpentinen entlang steiler Felswände. Aber immerhin, man kommt auf der Straße in den Hauptort.
Wir genießen den Abend in der traditionelleren Taverne und kommen bald auf die Philia zurück.
Was wir morgen tun?
Da hab ich noch keine genaue Idee. Es wird sich weisen.
Wir brauchen wiedereinmal einen technischen Stopp: Trinkwasser in die Tanks, eventuell Diesel, Wäsche waschen, Schiff herrichten für die Wochen mit den Kindern, ….
In der „Früh“, also gegen 9 lichten wie den Anker und können bald die Segel setzen. Es sind ja kaum 10 Meilen bis in die Marina, aber wenn der Wind sich schon Mühe gibt, dann müssen wir doch unsere Segel auspacken.
Die Türkei ist nicht weit. Was wir dort entdecken, ist wohl ein großes architektonisches Verbrechen: Da wurden auf einen ansonsten leeren Küstenabschnitt hunderte Häuser gesetzt. Irgendwie ein Außenbezirk von Bodrum. Wer da wohnen will oder seine Ferien verbrinden will – ich kann das nicht nachvollziehen. Wer da wohl wieder die Hand aufgehalten hat?
Ein abschreckendes Beispiel für Architekturstudenten
Wir sind vorsichtig und fahren einen großen Bogen um die NE-Ecke von Kos. Ich weiß, wir hätten näher heran auch fahren können, aber da käme uns eine lange Kette von Ausflugsschiffen entgegen. Welche die wie gewöhnliche Menschentransporter aussehen, andere haben sich als Gulet verkleidet – das sind eigentlich türkische Frachtensegler, die heute nur mehr sehr selten Segel setzen. Ganz übel sind die Schiffe, die sich als Piratenschiff verkleidet haben. Das sind dann schwimmende Diskotheken. Keine Ahnung, warum man so was braucht.
Das Fort von Kos, gleich am Hafen
Die Marina liegt knapp südlich des Altstadthafens und da wird ein strenges Regiment geführt. Ohne Anmeldung am Funk geht da gar nichts. „Marina Kos, this is Philia, Philia“ Keine Antwort. Nach dem dritten Versuch „stand by, we are busy!“ Na, dann sag ich halt nichts – und warte. „Philia, prepare fenders an lines.“ Warum sagt er mir das? Aber OK: „Philia is prepared for docking“ Und dann warten wir wieder. Bis ein Schlauchboot sichtbar wird und uns herein winkt. Es führt uns zu unserem Platz am Steg einer Charterfirma, deren Schiffe unterwegs sind. Mit einem gezielten Schubs drückt er unser Heck herum. Eine so enge Kurve hätten wir ohne Hilfe nicht geschafft – passt.
Kaum sind wir in der Nähe des Steges, bekommen wir detaillierte Anweisungen: „Forward gas – stopp – give me right line – take the thin line – go forward and find the thick mooring line – captain, pull hard – no, better release 1 Meter – backward – tighten the left line – tighten the right line – …” Wir lassen es über uns ergehen und lachen heimlich dabei. Was die da exerzieren, ist das Prozedere für Chartergäste, die nur einmal pro Jahr anlegen. Aber die können ja nicht wissen, mit wem die es zu tun haben.
Die schönste Polizeistation des Dodekanes
Die Marina ist hoch professionell: Rezeption wie ein großes Hotel, samt Bücherei und Arbeitsraum mit WLAN für die Gäste. Wasser und Strom gegen kleines Geld (oder von der Charterfirma „geborgt“). Zwei sehr gut sortierte Marinehändler mit allem, was das Herz, oder das Schiff so begehrt, Wäscherei, viele Duschen und Klös, zwei Restaurants, Zugang zum Steg nur mit Karte – außer die Charterfirma lässt das Tor Tag und Nacht offen 😉. Und was kostet der Spaß pro Nacht? 40 € – in Dubrovnik zahlt man das 4-fache!
Wir gehen Einkaufen, immerhin kommen „die Kinder“, und lassen gleich einmal 160 € im Geschäft. Der Kühlschrank, er fasst fast 150 Liter, muss sich tüchtig ins Zeug legen, um das alles zu kühlen.Zwei große Säcke Wäsche kommen noch in die Wäscherei – am Abend ist das dann fertig – und der Marinehändler bekommt unseren ersten Besuch. Ist ja gut, wenn alles so nahe beieinander ist.
Zur Belohnung schauen wir uns in der Marinabar das Länderspiel Österreich – Türkei an. Naja, das Ergebnis war nicht so, wie wir das erwartet haben. Andererseits: „Hätten wir da gejubelt, wären die lokalen Fans ganz schön sauer gewesen. Und die waren deutlich in der Überzahl!
Wir steigen im Schiff noch in die Dusche. Bei Susi alles OK, bei mir streikt wieder einmal die Duschpumpe. Dazu muss man wissen, dass auf einem Schiff das Duschwasser nicht einfach „nach unten“ abrinnen kann, denn die Dusche ist schon tiefer als „unten“, also die ist unter der Wasserlinie. Und so muss das Duschwasser eben abgepumpt werden.
Die kaputte Dusche ist so was wie der running Gag dieser Saison. Am Anfang war der Schalter kaputt, aber zum Glück hatte ich einen passenden Ersatz mit dabei. Ein paar Wochen später war ein einer ur-alten Kabelverbindung, das Kabel auseinander gegangen. Also gab es keinen Strom für die Pumpe. Und jetzt ist die Pumpe einfach stehen geblieben. Der Innenwiderstand ist unendlich = Kabelbruch irgendwo im Motor.
So einen neue Originalpumpe kostet wohlfeile 365 Euronen, der 1:1 Nachbau „nur“ 152. Beide Pumpen liegen sogar im hiesigen Marineshop. Warum die Originalpumpe doppelt so gut sein soll, wie der Nachbar, kann man mir dort aber auch nicht erklären.
Ich hab aber noch eine dritte Option: Seit ich eine neue Bilgepumpe (gegen Sickerwasser im Boot) habe, brauche ich die alte nicht mehr. Die ist aber baugleich zur kaputten Duschwasserpumpe – und hat einen Innenwiderstand von 22 Ω, das gibt Hoffnung. Und tatsächlich, nach 1 Stunde ist das Teil getauscht und es funktioniert sogar. Passt!
Die restliche Zeit verrinnt mit Schiffsputzen, innen und außen, Heckkabinen umräumen – damit die „Kinder“ Platz haben und alles heimelig und schön ist.
Das ungarische Salami-Business boomt
Natürlich ist auch Zeit, andere Segler zu treffen und mit ihnen zu plaudern. So zum Beispiel Thomas und Maria von der MODESTA. Sie sind erst vor einem Jahr von ihrer Weltumsegelung zurückgekommen. Eine ihrer ersten Fragen war: „Habt ihr es schon gemacht?“ – die Weltumsegelung natürlich 😉 Nein, wird auch eher nix werden aus der Idee. Aber die Ägäis ist auch toll!
Was uns erstaunt hat, MODESTA war immerhin das dritte Weltumseglerpaar das wir heuer getroffen haben, war, wie oft von negativen Erlebnissen gesprochen wurde. „Galapagos, ja, komplizierte Einreise und teuer. Man kann die Inseln zu Fuß oder mit dem Rad besuchen, haben wir auch gemacht“. Kein Wort über die (vermutlich) faszinierende Tierwelt. Indonesien und die vielen Fischer in der Nacht. „der Horror pur“. Aber kein Wort über die Feste die sie in Bali besucht haben. Irgendwie seltsam.
Ich hätte mir eher erwartet, dass diese Segler uns freudig von tollen Buchten, Südseeatollen, großen Ozeanquerungen und besonderen Begegnungen berichten. So entsteht der Eindruck, es handelt sich um eine selbstauferlegte Zeit einer harten, entbehrungsreichen Prüfung. Regt nicht gerade zur Nachahmung an.
Was auch auffällt ist, dass sich oft Paare in Australien trennen. Die Frau fliegt mit den Kindern zurück nach Europa, der Mann segelt als einsamer Wolf die zweite Hälfte der Reise. Auch gibt es Paare, die von Anfang an planen, das Schiff in Australien zu verkaufen. Indischer Ozean, Seychellen, Mauritius, Madagaskar, … zu beschwerlich, zu schwierig zu befahren.
Der Südseetraum ist geträumt, man wendet sich anderen Dingen zu.
5 Tage nur am Schiff zu sitzen ist auch nicht unsere Sache. Was wir schon gesehen haben, neben den vielen Ziegen die am Land umher streifen, ist ein Pfad den Hügel hinauf. Es ist wirklich nur ein Pfad, früher nur für die Ziegen, heute ist es auch der Weg ins Dorf = in den Hafen von Pseriamos. Wir richten unser Dinghi her – es leidet immer noch unter dem Unfall in Zakynthos und braucht oft Luftnachschub. Mit dem Motor geht es an Land. Ein paar Sandzungen gehen vom Wasser auf den Strand. So eine steuern wir zum Anlanden an. Dann noch das Boot 3 Meter weiter de Strand hinauf und an einem Baum festbinden.
Ein paar Strandliegen stehen da herum. Wer die wohl hergebracht hat? Sogar ein paar Sonnenschirmskelette rosten hier friedlich vor ich hin. Irgendjemand hat ein Wasserbecken gebaut. Ein gemauertes Viereck, dass über zwei Stufen zum Wasser führt. Ob das Süß- oder Salzwasser ist? Ich will das jedenfalls nicht probieren. Die Ziegen sind aber ganz scharf auf die Brühe und kommen regelmäßig vorbei.
Wir beginnen unseren Aufstieg, langsam und bedächtig, Schritt für Schritt. Es ist ganz schön steil und der Weg würde auch in unsere Kalkalpen passen. Nur ein einziger Baum gibt Schatten, und der ist schon besetzt: Die Ziegen! Die sind aber ganz friedlich, gehen ein paar Schritte zur Seite. Nur die Chef-Ziege verlässt ihren Aussichtsstein nur für wenige Sekunden. Immerhin ist sie ja der Chef.
Genau so wie der Weg hinauf geht, geht er auch hinab weniger steil aber auch weniger deutlich zu erkennen. Es ist aber recht klar, wohin es gehen wird. A) abwärts B) oberhalb der Gehege und Zäune C) in Richtung Westen, zum Hafen hin. Alles sehr ärmlich hier. So wird der Drahtzaun mit einem alten Fischernetz geflickt. Ob das da unten ein Wohnhaus oder ein alter Ziegenstall ist, ist kaum zu erkennen. Auf anderen eingezäunten Flächen sammelt sich Schrott an. Ein alter Tank, Reste von Arbeitsgeräten, alte Fahrzeuge.
Dass der Baum nicht umfällt …
Man könnte in Griechenland viel Geld verdienen, indem man den Schrott einsammelt. Da stehen oft 3 Generationen alter Autos in der Wiese. Wir kennen in Samos ein Lastendreirad, das steht seit mindestens 1995 an der gleichen Stelle. Das war halt das Fahrzeug vom Ur-Opa von den Kindern vom Dimitri seiner Schwester ihrem Mann. Sowas hat Erinnerungswert!
Der selbe Baum, eine andere Perspektive. Was ein Ortswechsel alles aus macht.
Näher am Ort wird es etwas besser. Mehr Autos stehen am Straßenrand, die Zäune sind besser intakt. Auf einem Grundstück findet gerade ein Pfadfinderlager statt. Zelte, Kinderlachen. Ein paar Appartements oder besser „Studios“ gibt es auch. Wir betreten den Ort quasi von hinten. Plötzlich ein Lokal links und vor uns öffnet sich der Strand und der Hafen. Der Sand ist hier erstaunlich fein, fast so wie in der Wüste von Limnos.
Wir nützen die Chance um frisches Obst und etwas Gemüse zu kaufen. Der Minimarket wird ebenerdig betreten und hat dann nach 4 Stufen weitere Ware aufgestapelt Neben der Stufe sitzt der alte Besitzer und begutachtet die Kunden. Er bewegt sich kaum und wirk wie die Statue eines klassischen alten Griechen: Schneeweiße Haare und eine großen ebenso weißen Vollbart. Dazu noch einen Gehstock und fertig ist das Klischee. Susi kommt wieder ins plaudern. „Avstriacos, ne“ Das erhellt immer die Gemüter und öffnet Türen. So zum Beispiel dass wir das letzte Brot des Tages bekommen. Die Tochter des alten Herren wollte es uns verweigern, aber der Chefe hat sich durchgesetzt „Die bekommt das Brot!“
Die Lokale sind alle leer, zur früh oder zu spät? Zu früh um Abendessen zu gehen, und zu spät für die Touristenscharen, die mit den Booten um viel Geld hier Pause machen dürfen. Susi packt wieder ihr Griechisch auf und trifft in der Kellnerin auf eine geduldige Lehrerin. So eine hätte sie gerne, um ihr Griechisch weiter zu verbessern.
Wir erfahren, dass im Sommer rund 100 Personen auf der Insel leben, im Winter sind es dann 30. Nahrungsmittel aus eigener Produktion gibt es fast nicht, also wird alles mit dem Schiff aus Kos oder Kalymnos gebracht. Die 30 Überwinterer sind entweder Pensionisten, oder die Ziegenhirten. Am 30. Oktober wird dicht gemacht, bis Mitte Mai oder so.
Ich weiß nicht, was das ist, aber es ist ein schöner Farbtupfer
Wir bleiben nicht allzulange, denn wir müssen ja wieder zurück zu Philia, und das wäre ich gerne bei Tageslicht. Also müssen wir los, denn eine Stunde dauert das schon. Wieder begleiten uns ein paar Ziegen, immer mit etwas Abstand und immer in der Hoffnung, dass uns das Brot aus der Tasche fällt. An den Strand kommen wir nach dem Sonnenuntergang. Kurz nachdem wir Philia erreichen wird es finster.
Optimal genutztes Tageslicht.
Ein Fake – Sonnenuntergang 🙂 Das ist nämlich nach Osten fotografiert und dort geht bekanntlich die Sonne auf
Wir haben noch ein paar Tage Zeit, bis wir Magdalena und Lorenz in Kos treffen. Außerdem geht wieder eine Welle „Meltemi“ durch. Da heißt es dann, sich zu verstecken, aber auch nicht zu weit von der Stadt Kos entfernt. Wir brauchen da noch einen technischen Stopp, um das Schiff für den „Urlaubstörn“ vorzubereiten.
Als ideales Ziel erschein uns die kleine Insel Pseriamos. Die hat eine große nach Osten hin offene Bucht, die im an den anderen drei Seiten von einem Bergrücken umschlossen ist. Sonst ist dort nicht viel los. Von Kos ist sie kaum 5 Meilen entfernt. Passt genau, da wollen wir hin.
Unseren Ankerplatz auf Leros verlassen wir gegen ½ 11. Sooo schrecklich weit ist der Weg nach Pserimos auch nicht. Was uns erwartet ist ein Wechselspiel des Windes. Wie sind an der Westseite von Leros, müssen dann die Meerenge zwischen Leros und Kefalos passieren. Dann sind wir aber etwas im Windschatten von Keflaos und mit zunehmender Strecke entfernen wir uns von Kefalos und bekommen wieder guten Wind.
Also mehrfach Segel rauf und Segel runter, Motor an und Motor aus – aber es geht voran. Schon um ½ 4 sind die 22 Meilen geschafft. Die Bucht ist so wie erwartet: groß, flach, mit Fischfarm und etlichen Schiffen. Da haben einige die gleichen Gedanken wie wir. Wir suchen uns ein Plätzchen und lassen unseren Anker in den Sand sinken. Jetzt noch richtig viel Kette dazu und – passt. Urlaub!
Heute sind 15 Schiffe da, fast alles Langzeitsegler und nur wenige Charterboote. Die erkennt man an der Fahne der Charterfirma und an unkonventionellem Verhalten. Wir haben zum Beispiel gelernt, dass man beim Ankern das Boot genau im Wind abstoppt, den Anker ins Wasser lässt und dann langsam zurücktreibt. Dabei holt sich das Schiff so viel Kette wie es gerade braucht.
Was wir sehen, ist anders: Die Charteryacht wird mit hohem Tempo durch die Bucht gejagt, kommt in Vorwärtsfahrt an eine Ankerstelle. Der Anker wird mit der Ankerwinsch andächtig im Wasser versenkt während das Schiff weiter nach vorne fährt. Sobald der Anker den Boden berührt spannt sich die Kette, scheuert dabei entlang des Buges. Gerne versuchen da auch auch 30 oder 40 m Kette, den Rumpf zu beschädigen. Dann wird die Winde gestoppt und das Schiff schwingt herum. Jetzt liegt der Anker aber in der falschen Richtung, aber den Glücklichen gehört die Welt: Der Anker wird sich schon ausrichten und halten. Wir gehen jetzt einmal baden und dann in die Strandbar.
Die Bucht ist ruhig und das Wasser erstaunlich klar. Wie sehen unseren Anker in 8 m Tiefe am Grund liegen, sehen die Flundern, die neben der hin und her schleifenden Kette hoffen, ein paar Würmer und Krebschen zu finden. Unter dem Philia ist bald eine Schar größere Fische versammelt, bietet ihr Schatten doch Schutz vor Feinden. Gegen den Rumpf zeichnen sich die Fische nicht so ab.
Am Abend taucht noch ein seltsamer Schatten neben Philia auf. Ich springe mit der Taucherbrille hinein und sehe ihn klar vor mir: Einen 50 cm großen Kalmar, der da ruhig durch die Bucht zieht. Kurz kann ich ihm folgen, dann beschleunigt er und zieht davon.