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Schiff Technik

Die kleinen Freuden zwischendurch – VHF Antenne 

Bei der Überfahrt von Sithonia nach Lemnos ist unsere VHF Antenne vom Mast geschüttelt worden. Blöd, aber das kann schon einmal passieren. Wir haben ja noch unsere Handfunke, da können wir mit Schiffen in der Nähe oder dem Hafen sprechen, das reicht eigentlich immer.

Also, ein Blick in den Mast und dann ein gezoomtes Foto, nicht mit Handy, mit einer ordentlichen Kamera, offenbart, dass da am Kabel noch der Stecker und noch was anderes am Stecker hängt. Vielleicht der Fuß von der Antenne?

Links der Stecker, rechts der Halter für die Antenne

Vorerst ist das egal, denn ich brauche ja noch Ersatz. Die Küstenwache schickt mich zum Elektronikgeschäft. Bei uns wäre das eher ein Haushaltselektriker. Nein, eine Antenne hat er nicht, aber er kennt wen, der wen kennt, der sich auskennt. Erster Versuch beim Furuno Händler. Der hat zwar viel Yachtelektronik in der Auslage, auch ein paar Antennen lehnen an der Wand, aber – zu. OK, morgen in der Früh probier ich es nochmal. Am Abend machen wir noch eine Expedition in ein andere Richtung und finden zwei weitere Marinehändler – auch zu, Avrio = Morgen

Gut, in der Früh zum ersten Händler. Der hat sogar Antennen im Regal, aber die sind nicht für Segelschiffe und Montage am Masttop gemacht. Die richtige hat er im Katalog, ist aber nicht lieferbar.
Weiter zum zweiten. Der hat den gleichen Katalog und kann innerhalb von 3 Tagen liefern – soll er machen. Am Rückweg schau ich noch bei Furuno vorbei, der ist fast direkt am Hafen und es ist kein Umweg. Hat der tatsächlich offen und sogar eine passende Antenne in der Ecke lehnen. Die nehme ich sofort. Dann wieder zurück zu Händler No. 2, um die Bestellung zu stornieren und danach erst wieder zum Schiff.

Sollte doch irgendwie machbar sein, eine Antenne in die Halterung zu schrauben, die Reste der alten zu entfernen und das Kabel anzustecken. Nun denn, froh ans Werk!
Alles Werkzeug, dass ich brauchen könnte mit schwarzen Schnürln am rosaroten Stoffsack sichern. Klettergurt und Helm anziehen, Sack in den Gurt einhängen. Das Sicherungsseil für das Grigri und das Spinnakerfall sortieren und mit dem Gurt verbinden. Sicherheitscheck und los geht’s. 21 Stufen senkrecht, 2 x Pause auf den Salings, 2 x die Sicherungsschlaufe umhängen, da sie bei Salingen und Wanten durchgefädelt werden muss. Dauert so an die 8-10 min bis ich oben bin.

Was ich gesehen hab, stimmt. Nun „einfach“ die Antenne aus dem Klettergurt gezogen und in die Bohrung der Halterung gesteckt. Klingt einfach, ist es auch – wenn man am Boden ist. Dort oben klammert man sich aber mit einer Hand an und erledigt den Rest mit nur einer Hand. Wenn war runter fällt, schlägt es am Deck auf, springt wieder hoch und verabschiedet sich mit einem kurzen Platsch ins Meer. Es darf einfach nichts hinunter fallen – Punkt.

Nun, irgendwie bekomme ich die Antenne in das Loch und von unten den Sicherungsring und die Mutter drauf. Zum Festziehen hab ich den 19er Schlüssel mit. Festziehen ist ja OK, aber wie fest? Ich will ja nicht die Antennenhalterung beleidigen. Mit viel Gefühl gelingt’s.

So, jetzt nur noch den Stecker. Öha! Das ist kein Stecker, das ist ein korrodierter Klumpen. Eisen und Alu haben sich nie gut vertragen und nach 20 Jahren Zwangsehe hat sich da schon was angehäuft. freundliches Bitten hilft da wenig. Also zum Universalwerkzeug gegriffen: Was ist ein Mann ohne Leatherman? Der wirkt und ich kann die Verschraubung lösen! Dann fällt mir aber auf, dass der Stecker vom Kabel rutscht ☹.

Viel ist da nicht mehr übrig

Das ist mit den Steckern für die Koax-Kabel so eine Sache: Die Schirmung, also das Kupfergeflecht außen herum wird beim Verschrauben mit eingeklemmt und der innere Strang wird in ein Röhrchen geführt und verlötet. Das Lot hat sich offensichtlich geopfert und ist vollständig verschwunden.

Nun gut. Ende des Arbeitseinsatzes nach 45 min am Mast und keine Idee für die Lösung. Was ich tun könnte wäre ein 230 V Kabel und meine Lötstation mit hinauf schleppen und dann diese eine Lötstelle machen.
ODER
Ich frag meine neuen Freunde von der Superyacht, ob die denn nicht einen Gaslötkolben haben. Der wäre klein und leicht, die Sache viel einfacher. Mal nachfragen. Gleich laufen sie zusammen, fragen Captain und Engineer – ja, sie haben. Wenn ich ihn brauch, soll ich ihn mir holen.

Tag 2 der Operation Antenne

Wieder andirndln, rauf auf den Mast. In der Höhe der ersten Saling sind die Böen so stark, dass ich abbreche. Das war ein kurzer Tag.

Tag 3 der Operation Antenne

Erneut Kletterzeug anlegen, alles Werkzeug anbinden, den geliehenen Gaslötkolben auch. Rauf bis zur Spitze und dann das Kabel für den Stecker herrichten. Das Ding ist alt und bockig, die einzelnen Litzen schwarz angelaufen. Eine tolle Verbindung wird das wohl nicht. Dann stelle ich fest, dass bei dem Stecker, den ich am Mast mithabe, das Röhrchen nicht alle Mittellitzen aufnehmen kann. Soll sein, wird schon funktionieren. Was nicht gut geht ist, den Stecker auf das Kabel zu schrauben. Herunten hab ich das bei genau diesem Kabel schon zwei Mal geschafft – aber da oben?

Naja, so ein bisschen hält er ja. Wenn die Lötung gelingt, würde das das Kabel an Ort und Stelle halten. Den Lötkolben aus dem Sack heraus prfiemeln. Es gab da einmal ein Kinderspiel, wo man Gegenstände in einem Sack erkennen muss – ich glaub, ich wäre recht gut darin. Selbst das Anzünden des Lötkolbens geht, dank Piezozünder. Nun bräuchte ich aber eine dritte Hand, zumindest: Kabel halten, Lötkolben halten, Lötzinn halten und zuführen, und das alles mit 1 ½ Händen. Das ist schon am Boden eine feinmotorische Leistung, aber am Mast hängend, nach 40 min „anklammern“ + arbeiten ?!? Irgendwie schaffe ich es, das Röhrchen mit flüssigem Lötzinn zu füllen. Allein, den Kupferdraht lässt das kalt und er ignoriert alle meine Bemühungen. Bei der ersten Belastung fällt der Stecker vom Kabel. ☹

Also wieder runter. Erfolg der Aktion = Null

Was habe ich gelernt: Ich brauch auch so einen Lötkolben, denn das Löten am Mast ist damit gut machbar – auch wenn der erste Versuch nur zum Teil gelingt.

4. Tag der Operation Antenne

Eine neue Strategie ist gefunden: Anders Werkzeug, ein Winkelstecker als Hebel um besser schrauben zu können. Sandpapier um die Litzen zu reinigen, Ersatzstecker, falls sich einer nach unten verabschiedet. Und wieder froh ans Werk. Doch halt, der Wind macht noch Böen bis 30 km/h an der Mastspitze. Ob ich da jetzt wirklich hin will?

Andererseits haben die Freunde von der Superyacht schon nach dem Lötkolben gefragt. Es muss wohl sein, einen Sieg muss man sich verdienen. Nun denn, alles wieder anziehen, Werkzeug anbinden und checken, den Gaslötkolben noch nachfüllen – Murphy’s Law, eh schon wissen – und wieder einmal in den Mast steigen. Drei Mal mache ich wegen dem Wind eine Pause beim Aufstieg. Wenn man dann einmal oben ist, hat man keine Zeit an den Wind zu denken. Einzig das Rad vom Windmesser dreht sich manchmal rasend schnell.

Schnell ist da oben aber sonst gar nichts: Kabel abisolieren, Abschirmung zurechtschneiden, innere Ader abisolieren, Stecker aufschrauben, löten. Herunten eine Sache von 10 min. Am Mast war ich für diese Kleinigkeit fast eine Stunde. Es soll nichts herunterfallen, und verstümmeln will man sich ja auch nicht. 

Diesmal gelingt die Operation, alles schaut gut aus und wird noch in ganz viel grünes Isolierband verpackt. Selbst das dauert mindestens weitere 5 min. Jetzt sitzen wir vor dem Funkgerät und lauschen, ob am Kanal 16 was passiert und haben zur Kontrolle das Handfunkgerät eingeschaltet. Warum der Kanal 16? Das ist der Notfunk Kanal, und wenn was passiert, dann dort.

Es bleibt aber alles ruhig und damit weiter spannend.

Nachtrag:
Einen Tag danach empfangen wir auf Kanal 16 und weiter 83 den Wetterrundspruch. Geht also doch1

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