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Reise

Rüber nach Samos

Heute geht es weiter – nach Samos! Der Wetterbericht spricht Gutes: Westwind, ganz was seltenes in dieser Jahreszeit, und der sogar in der Straße zwischen Ikaria und Samos. Das wird schnell, das wird bequem – glaubt man.

Als wir ablegen, ist die Luft ruhig wie in einer Kirche, da segelt es sich bekanntlich schlecht. Also bleibt der Motor an, während wir nach Osten zuckeln. Fast 2 Stunden geht das so, bis wir unsere Genua setzen können.

Wir sind da gerade in der Gegend des Flughafens, als die Wolken im Westen immer dunkler werden. Kommt er jetzt, der Wind? Seltsam ist, dass ein paar Regenschleier aus den Wolker herab hängen. Davon war bisher nicht die Rede – und es sieht bedrohlich aus. Also lieber einmal die Genua verkleinern.

Gerade rechtzeitig! Aus 8 kt werden innerhalb von Minuten 38 kt! Die Genua ist klein wie schon lange nicht. Dafür sind Susis Augen groß. „Fast 40 kt, was sollen wir tun?!?“

„Weiter segeln“, eine andere Option gibt es nicht. Durch meine Überfahrt nach Limnos, weiß ich wie sich Philia bei diesen Bedingungen benimmt, was der Autopilot kann. Trotzdem fahre ich einmal selbst. Der Wind legt die Gischt in weiße Streifen und reißt gelegentlich Wasser in die Luft. Nicht lustig, auch wenn die Welle noch sehr klein ist. Bis sich hohe, richtig hohe Wellen aufbauen, dauert das mehrere Stunden, und bis dahin ist der Wind sicherlich abgeflaut.

Susi beruhigt sich und ich kann sie ans Steuer locken. Wenn sie das Steuer in der Hand hält, dann hat sie auch die Situation im Griff. Das gibt ihr das Gefühl die ganze Sache zu beherrschen – was sie ja auch tut – und das wiederum beruhigt die Nerven. So zischen wir mit 6 kt dahin. Mehr wollen wir nicht, die Genua bleibt klein.

Wie lange das so bleibt? Ich weiß nicht, die Strecke nach Samos ist ca. 14 Meilen, das wären also gut zwei Stunden. Der Wind wird aber abnehmen, denn ich glaube es hat uns einfach ein Frontdurchgang überrascht. So kommt es dann auch. Nach 2/3tel der Strecke können wir die Genua vergrößern und sogar das Großsegel im 2. Reff dazu nehmen. So kommen so auch an die Südecke von Samos.

Auch die hat Überraschungen bereit. Sie ist eigentlich vom Kerkis mit seinen 1450 m Höhe gut geschützt, aber der Wind wirbelt um die Ecke, legt also nocheinmal zu. So erreicht Philia bis zu 8 kt Geschwindigkeit – fast ein neuer Rekord! Das aber nur, um dann schlagartig zum Stillstand zu kommen. Wir tauchen in das Lee vom Kerkis ein und da rührt sich kein Lüftchen.

Segel runter und Motor an. Im Vorbeifahren sehen wir Monika und Heino mit ihrer SEHNSUCHT liegen. Sollen wir uns zu ihnen gesellen? Nein, lieber doch nicht. Wir wollen in den Hafen. Am Weg dort hin finden wir eine große Ansammlung von Möwen am Wasser. Dort dürfte es Fische geben. Wo Fische sind, sind Delphine nicht weit. Bingo! Eine Schule von mindestens 12 Tieren nimmt hier einen Nachmittags Snack. Und wir treiben mitten durch.

Bald finden es zwei Delfine spannender uns zu beobachten, als weitere Fische zu jagen. Für fast 5 Minuten schwimmen sie in Achterschleifen unter unserem Bug durch. Dann verschwinden sie kurz und kommen dann wieder. Es sind immer die selben, leicht zu erkennen an einem Putzerfisch, den einer von ihnen am Rücken kleben hat.

Langsam zieht die Gruppe dann weiter.

So auch wir. Kurz vor dem Hafen ist der Wind wieder da. 20 bis 25 kt ablandiger Wind, böig, wie es sich für diese Gegend gehört. OK, wir kennen den Hafen, wir kennen unser Schiff, wir wissen, dass die Marineros mit ihrem Dinghi entgegenkommen, um nötigenfalls den Bug in die richtige Richtung zu schubsen.

„Marina Ormos, this is Philia. We are coming in, please assist and advise”

“Philia, we are waiting for you, but …ähm … It’s a bit windy at the moment”

Na, passt doch!
Susi hat schon so manche Manöver hin gezaubert, also wird sie das versuchen. Retour anfahren und die Nase durch den Wind drehen. Wenn das nicht einfach geht, dann eben einen Kringel fahren, dabei Fahrt aufholen und dann geht das prima. Diesmal halt mit viel Gas und hohem Tempo. Da wird der Ruderdruck schon ganz schön groß, weshalb Susi einmal, nur einmal, kurz zögert, vom Gas geht und prompt den Kampf mit dem Wind verliert. Auch kein Problem, Gas nach vor und wieder zurück in den sicheren Bereich, also dort hin wo viel Platz ist.

Wir wechseln die Aufgaben, Susi nimmt die Leinen, ich fahre. Wieder der Anfahrkringel, um den Wind zu überlisten, und dann mit richtig viel Gas bis zur ersten Ecke, 45° nach rechts. Jetzt den Punkt erwischen um in die Gasse einzubiegen, zack, 90° wieder rechts. Ich bin zwar schon in der richtigen Gasse und weiß auf welcher Seite mein Liegeplatz sein wird, wo genau der ist, weiß ich aber noch nicht – es bleibt spannend!

Da, da zwischen den Booten steht Stefan, der „Hafenmeister“ und winkt uns zu. Ich geh ein bisschen vom Gas, denn der Wind wird mir den Bug in die gewünschte Richtung mitnehmen. Jetzt, genau jetzt, voll nach Links einschlagen und mein Heck zwischen die beiden Nachbarschiffe bringen. 10 m von der Hafenmauer, immer noch viel Fahrt. Gang raus, Retourgang rein und kräftig abbremsen, Philia noch einem Meter kurz weiterlaufen lassen und dann keine 10 cm vor der Mauer abstoppen. Leinen rüber, Mooringleine am Bug festmachen.
Fertig.

Stefan begrüßt und in „seiner“ Marina und gratuliert zum geglückten Manöver. Er kennt ganz andere Sachen, selbst wenn er den Bug der Ankommenden mit seinem Dinghi halten kann.

Wir kommen einmal selbst an, räumen im Cockpit auf, schließen das Bordbuch ab, lassen die Anspannung der Überfahrt abfallen.
Hätten wir was anders und besser machen können? Irgendwie fällt uns nichts wirklich wichtiges ein.

Außerdem waren die Delfine großartig!

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