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Reise

Prüfungswoche

Vor dem Vergnügen selbst ein Schiff zu steuern steht der Erwerb der FB 2 Lizenz, ein Unterfangen, dass über eine längere Zeit geht. Praktische Erfahrung, theoretische Kenntnisse, Prüfung in der Theorie und natürlich die Prüfung am Schiff. Wegen der sind wir, also meine Töchter und der zukünftige Schwiegersohn schon vor Beginn der Osterwoche nach Tisno aufgebrochen. Kühl ist es noch, relativ windig. Wobei der Wind, in  Maßen, ja durchaus erwünscht ist. Wir wollen ja möglichst viel segeln, viele Manöver üben, unterwegs sein.

1. Tag – Einsegeln
Einfach den tollen Wind, ca. 15 bis 20 kt nützen, um mit dem Schiff vertraut zu werden und einmal das Prüfungsgebiet bei Tag befahren. 18 Meilen mit vielen Halsen und Wenden und auch den ersten MOB Manövern (MOB = man over board, wobei man von mit als „Mensch“ übersetzt wird). Insgesamt sind wir fast 6 Stunden unterwegs und bei der Rückkehr ziemlich geschafft. Für ein Anlegen in Tisno ist uns dann zu viel Wind. Wir verschieben das auf Morgen und ankern in der Bucht gegenüber.

Beide Segel ganz klein im 2. Reff und trotzdem 6 kt Fahrt

Dank Dieselheizung haben wir es angenehm warm und können den Abend und die Nacht richtig genießen.

2. Tag – Manöver
Der Wind hat etwas nachgelassen und wir haben ideales Wetter, um weiter zu üben. Heute kommt das Anlegen dazu. Dafür fahren wir zur Marina Pirovac, kaum eine Stunde von Tisno und haben dort ideale Bedingungen. Mit dem Heck an den Steg, seitliches Anlegen und natürlich wieder MOB.


Das MOB Manöver enthält so ziemlich alles, was man zum Segeln braucht. Bestimmte Kurse fahren, Kursänderungen, das Schiff anhalten, und zwar genau neben der Boje, die das „MOB Opfer“ darstellt. Gar nicht so einfach, bei den wechselnden Bedingungen und viel Arbeit, für die kleine Crew.

Und dann kommt noch eine spezielle Aufgabe: Navigation in der Nacht.
Das ist dann traditionelles Schifferlfahren, also ohne GPS wie im Auto, dass dir einfach ansagt: „Nächste Kreuzung links abbiegen“. Was die Sache so spannend macht ist, dass man eben nur sehr wenig von der Umgebung wahrnehmen kann. Die Inseln sind schwarze Schemen, alle irgendwie gleich.

Ja, nach den Sternen könnte man auch fahren. Wir suchen lieber irdische Leuchtfeuer

In unserem Fall wenigstens etwas Mondlicht, damit es nicht ganz finster ist. Für die Navigation bleiben dann nur mehr die wenigen Leuchtfeuer, recht schwache, rote, grüne und weiße Blinklichter, die ihre genaue Bedeutung und Position erst durch ihren Blinkrhythmus verraten. Erst der Blick in die Karte macht sicher, naja so halbwegs, was denn das ist und vor allem: „Wie passt das zu meiner geplanten Route“. Und wenn man einen Fehler macht, dann warten die Inseln auf einen. Einigermaßen spannend, unter diesen Umständen einen bestimmten Hafen zu finden und dort einzulaufen. Fast 4 Stunden sind wir so unterwegs.

Zum Abschluss suchen wir mit dem Handscheinwerfer unseren Liegeplatz in Tisno, den wir für unsere Ankunft schon vor der Abfahrt vorbereitet haben. Die Übung gelingt und gegen 2 sind wir im Bett.

3.Tag – weitere Übungen und …
Nach der anstrengenden Nacht, kommen wir erst gegen 12 aus dem Hafen. Mit ein paar Übungen kommen wir nach Pirovac und beginnen sofort mit dem seitlichen Anlegen. Irgendwie spektakulär, aber an sich harmlos. Harmlos, wenn denn da die Wolken nicht wären. Wunderbare Gewitterwolken haben sich aufgebaut und begrüßen uns mit ihrem Grummeln.

Na gut, wir ziehe uns eh schon zurück, aber weit kommen wir nicht. Schnell beginnt es zu regnen und wir schaffen es noch in eine Bucht. Dort wollen wir das Gewitter vor Anker abwarten. Und das Ding kann es ganz gut: Blitze rund um uns, starker Regen und – als Gruß vom Winter – 10 min erbsengroßer Hagel. Also sonniger Süden ist das definitiv nicht.

Regen? Nicht nur!

Eher der Vorbote, für die kommenden beiden Tage: Bora, vom feinsten. Bora, das ist ein heftiger Fallwind, der vom 2.000 m hohen Velebit Gebirge auf die Küste herunter stürzt. Nicht selten erreicht er mehr als 100 km/h, an manchen Stellen fast das doppelte. Da werden dann Autobahnen gesperrt, weil das einfach zu gefährlich wird.

Ja, und die Schiffe bleiben tunlichst im Hafen. Wir sind ja nicht verrückt! Selbst im Hafen messen wir 46 kt (80 km/h) Böen, die heftig am Schiff und den insgesamt 6 Leinen zerren, mit denen wir festgemacht haben. Zum Glück zeigt unser Heck fast genau in den Wind, das macht die Bootsbewegungen erträglicher, aber Philia ruckt ganz schön in den Tauen hin und her.

4. und 5. Tag – Wer nicht segelt, arbeitet am Boot
Wie immer gibt eine to do Liste. In meinem Fall soll die Lithium Batterie, die Susis Sauerstoffkonzentrator versorgt, ins Schiff eingebaut werden. Klingt einfach, ist es aber nicht so ganz: 16 m Kabel werden verlegt, 2 Knotenpunkte für die Verkabelungen eingebaut, ein spezielles Ladegerät und natürlich die Batterie selbts. Das Schätzchen hat kaum 40 kg Gewicht, also alles ganz simpel, wenn der Weg über eine schmale Pasarella („Brett“) vom Land auf das ruckende Schiff führt.

Und wieder ein Stauraum gut gefüllt: 12 V, 330 Ah nutzbar, Ladegerät dazu, Knotenpunkte …

Insgesamt recht anstrengend, schon alleine wegen der Bewegungen des Schiffs.
Als das geschafft ist, werden noch 2 USB Buchsen eingebaut, davon kann man nie genug haben, und LED Lichtbänder im Salon an. Auf Wunsch gibt es jetzt Kinderdisko – oder einfach rotes Licht bei Nachtfahrten.

Das rote Licht irritiert die Sehfähigkeit bei Dunkelheit nicht und ist daher für die Augen viel angenehmer. Weißes Licht würde blenden und die Nachtsehfähigkeit für 20 min zerstören.

6. Tag – Wind, aber anders

Bei uns am Liegeplatz in Tisno kommt der Wind von hinten und außerdem ist er vom Berg her geschützt. Was uns im Übungsgebiet erwartet ist immer eine Überraschung. Heute ist die Überraschung 25 kt (45 km/h)! Naja, kann man auch beherrschen. Segel klein machen, dafür weniger hoch an den Wind gehen und schon funktioniert es. Sportlich wie wir sind, wird schon nach 3 min der Motor gestoppt und unter Segeln aus der Bucht von Tisno heraus gekreuzt. Dort gibt es dann einen auf die Mütze, kräftiger Wind, der uns am heutigen Tag zweifeln lässt.

Martin mit seinen Segelschülern war schon früher unterwegs und ist nach Norden, Richtung Biograd und Zadar geflüchtet. Dort ist der Wind „ganz kuschelig“, was so um die 15 kt (27 km/h) bedeutet. Wir wollen es ihm nach machen, aber schon am Weg dorthin nimmt der Wind ab. Und bei wenig Wind können wir unsere Übungen auch gleich hier machen. Wieder fliegt die Boje über Bord und wird eingesammelt. Klappt schon ganz gut und trotz der schwierigen Bedingungen fast immer beim ersten Versuch.

Da der Wind weiter nachlässt, beschließen wir nach Pirovac zu fahren und uns dort mit Anlegemanövern zu vergnügen. Seitliches Anlegen auf beiden Seiten, jetzt auch mit schwierigerer, realitätsnäherer Anfahrt. Auch da durchwegs zufriedene Gesichter.

Da der Marinero heute nicht so ganz motiviert ist, uns Geld abzuknöpfen, lässt er uns zuerst in Ruhe üben. Einen kurzen Stopp nutzen wir dann auch gleich, um den Windgenerator wieder auf den Mast zu setzen. Ist ein wenig Spielerei, klappt aber ganz gut. Und am Weg zurück nach Tisno springt er auch an und lädt die Batterie. Gut so!

In Tisno wird das Schiff für das Anlegen vorbereitet und während das geschieht, bringe ich es in die richtige Position. Dann drücke ich überraschend Sophie das Steuerrad in die Hand: Mach mal.
Und sie macht das gut! Passt also, der Weg in der Ausbildung.

Kaum sind die Leinen fest, springt Magdalena in die Küche und zaubert Spaghetti Bolognese. Herrlich, nach dem langen und kühlen Tag.

Es geht ja auch versöhnlich

Der 7. Tag – Der Tag der Tage

Wir gehen es gemütlich an. Ausgiebiges Frühstück, also eigentlich wie fast immer, Boot innen und außen reinigen und hübsch machen. Bei wenig Wind legen wir gegen Mittag ab und bekommen dann den Anruf von unseren Freunden auf der BlueC: Ihre Prüfung ist früher fertig, weil ein Kandidat durchgefallen ist. Wir könnten also schon kommen.
Gemischte Gefühle! Wie wird es uns ergehen. Immerhin ist der Peter, der Prüfer, langjähriger Betreiber einer Segelschule und seit Jahrzehnten auf See unterwegs.

Wir segel nach Pirovac, wo wir Peter übernehmen werden. Am Außensteg ein seitliches Anlegemanöver, diesmal von Jörg gefahren, damit niemand schimpfen kann, falls es daneben geht.
Peter kommt an Bord, etwas Small Talk und dann geht es direkt los: Anlegen seitlich, anlegen mit dem Heck, Segelsetzten, Wenden, Halsen, MOB unter Segel und unter Motor, Ankern in der Vela Luka. Alles gut!

In der Pause werden Theoriefragen beackert, während ein Abendessen entsteht: Gniocci mit Tomatensauce. Ist warm, schmeckt, wird gelobt.

Für ergriffene Betrachtungen ist keine Zeit
hier wird präzise gearbeitet

Inzwischen wird es Nacht, fast sternklar, noch kein Mond. Eine Navigationsrunde unter Motor. Entspannt aber kühl, so um die 10° + den ständigen Fahrtwind. Auf Dauer wirklich kalt. Selbst der Aufgang des Vollmonds hilft trägt da nur wenig zur Ablenkung bei. Als wir Peter um ½ 12 wieder in Pirovac absetzen sind wir durchgefroren. Nach schnell zurück nach Tisno und dort als erstes die Heizung aufdrehen. Die Aufregung der letzten Stunden lässt uns nicht gleich schlafen uns so wird es 2 bis alle Lichter ausgehen.

Ach ja: 3x geschafft!

Eine Antwort auf „Prüfungswoche“

Hallo Jörg,
Sehr schön wieder etwas von der Philia zu lesen – habe in den letzten Tagen immer wieder auf eurer Homepage auf Neuigkeiten gesucht und endlich geht’s wieder los!
Der Trainer dürfte sehr gute Arbeit geleistet haben und die Prüflinge perfekt vorbereitet zu haben! Gratulation an alle zur bestandenen Prüfung!

Wir wünschen euch einen tollen und langen Segeltorn!

Liebe Grüße aus Vietnam senden euch Johann & Andrea!

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