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Reise

Nach Kea – ein Wechselbad

Endlich, nach 3 Tagen hat sich der Wind beruhigt. Hier in Poros liegt um 7 Uhr das Wasser völlig unbewegt. Nur selten kommt ein Lufthauch vorbei. Ok, in einer geschützten Bucht soll das ja so sein, aber hoffentlich ist vom Wind noch genug übrig, um mich die 46 Meilen nach Kea zu tragen. Das wäre ein großer Sprung Richtung nördliche Ägäis. Länger zu warten geht sich nicht aus, denn schon Morgen soll wieder starker Wind aus N kommen.

Also los. Um ½ 8 den Anker aus dem Sand gezogen und in langsamer Fahrt durch das Fahrwasser entlang der Insel. Das ist ein gewundener Kanal, bei dem man maximal 40 m von der Stadt entfernt entlangfährt. Sobald ich in freieres Wasser komme, begrüßen mich 10 kt Wind – und eine Schnellfähre, die direkt auf mich zu rast. Ich schalte schnell mein AIS ein, damit sie mich auch „elektronisch“ sieht. Sie ändert den Kurs leicht – passt.

Sobald sie weg ist, setze ich das Großsegel. Die Genua muss noch warten, bis wir die Insel Poros hinter uns haben. Dann ist die Fäche nach Westen offen – und da kommt der Wind her. Gut so, Genua rauf, Motor ab. Ruhe und 4 kt Fahrt. Na immerhin, aber zu wenig, um den ganzen Tag so zu trödeln. Sobald der Wind nachlässt – Segel weg – Motor an. Beim dritten Versuch passt es dann aber und Philia rennt los. 12 bis 15 kt Wind von der Seite und wenig Welle. Das wird dann in 7 kt Fahrt umgesetzt. Ganz locker und leichtfüßig malt sie ihre Bugwelle ins Wasser. Genial!

Einmal brauch ich noch kurz den Motor, denn der Westwind mischt sich mit einem Nordwind, und in dieses Übergangsbereichen ist es immer schwierig. Dann aber kommt er, der Nordwind! 15 – 20 kt hart am Wind damit ich eine Chance habe, die Einfahrt nach Kea zu treffen. Aber bei 20 kt muss ich etwas einreffen. Das schont zwar das Schiff und die Nerven, kostet aber auch Höhe = ich kann nicht mehr so eng an die Windrichtung heranfahren.

Auf der Wasserfläche vor mir ist reger Großschiffverkehr. Das ist die Hauptroute aus dem Bosporus und dem Schwarzen Meer ins Mittelmeer. Alle 20 min kommt da ein Großer vorbei. Zum Glück kann ich sie am AIS rechtzeitig sehen und erkennen, ob sich das ausgeht. Bei Nisas Sfouglou, einem 180 m langen Tanker schaut das gar nicht gut aus. Nur mehr 8 min bis zum geringsten Abstand, und das sind dann kaum 200 m. Und ich kann überhaupt nicht abschätzen, ob das vor mir oder hinter mir sein wird. Und überhaupt stimmt diese Berechnung nur, wenn ich meine Geschwindigkeit und Richtung beibehalten kann. Mach das einmal als Segler hart am Wind. Beruhigend ist das nicht.

Also, ran ans Funkgerät: „Nisas Sfouglou from Sailing Vessel Philia”
„Vessel Philia from Nissa Sfouglou“ – ah, er hat mich gehört, gut
Nisas Sfouglou, I am a sailing vessel under sail. I see a close approach. Please give way“ – also eigentlich will ich ja nur, dass er sich an die Kollissionsverhütungsregeln hält, und die kennen kein Recht des Stärkeren.
„Sailing Vessel Philia. Do not worry, I will alter my course to starboard” – und wirklich, langsam dreht sich sein Bug zur Seite, so dass er hinter mir vorbei geht.
Geht doch, wenn man freundlich zueinander ist.
„Nissa Sfouglou, thanks for the manoever. Have a pleasent trip” – also eigentlich hat er nur an seinem Kurscomputer ein bisschen herumgedreht. Aber nett ist das schon, wenn ich mich nicht fürchten muss.

Weiter geht’s auf Kea zu. Die Hafeneinfahrt kann ich schon erahnen – genau vor meinem Bug. Das ist aber nicht gut so, denn ich drifte mit dem Wind ab und würde so 1 Meile südlich der Einfahrt an die Felsen knallen. Also kreuzen. Heranfahren bis auf 1 km, dann Kurve und auf der anderen Seite weiterfahren. Was ist das jetzt? Ich kann immer weiter nach Norden fahren, da wo der Wind genau hergekommen ist. Hat der Kerl doch glatt um 60 ° gedreht. Mir soll es recht sein. Trotzdem muss ich weit über die Einfahrt hinausfahren, denn in der anderen Richtung geht es dafür umso weiter nach Süden zurück.

Und schon wieder ein AIS Alarm: Aus dem Hafen kommt eine Fähre und brettert auf mich zu. Ich muss aber meinen Kurs weiter halten.
A) man muss das, damit der andere Einschätzen kann, was ich mache.
B) sagt das Recht, dass die Fähre mir ausweichen muss, ich bin ja unter Segeln unterwegs
C) ich brauch ja noch Höhe, damit ich dann in den Hafen treffe.
Was halt blöd ist ist, daß von hinten ein weiterer Großer kommt und genau auf die Stelle zuhält, an der sich die Fähre und ich uns hoffentlich nicht treffen.

Bis die Fähre vorbei ist und ich endlich Richtung Hafen fahren kann, bin ich auch schon ein Stück über den Kurs des Großen hinweg gesegelt. Er wird meinen, dass ich weiter nach Westen fahre und der Abstand zu ihm immer größer wird. Wenn ich aber  jetzt wende, wird er überrascht sein und ich muss zusätzlich noch einmal seinen Kurs kreuzen. Sowas mach man eigentlich nicht! Aber er ist noch 6 min von mir entfernt. In 2 min bin ich wieder über seinen Kurs. Dann hat er noch 4 Minuten bis er dort ist, wo ich nicht mehr bin. Er geht dann gut 1000 m hinter mir durch.

Hat geklappt und ich kann konzentriert die Bucht ansteuern. Sobald ich drinnen bin, lässt der Wind nach, bleibt aber auf Ost. Egal, bis zum ausgewählten Ankerplatz wird er deutlich schwächer. Dann noch einmal mit dem Sonar (Tiefenmesser) die Gegend erkunden und den Anker auf 8 m Wassertiefe versenken.

Zur Belohnung 🙂

Fertig! 46 Meilen in 9 ¾ Stunden solo. Da darf man müde sein. Und plötzlich bin ich auch sehr sehr hungrig. Eine große Portion Spaghetti wird das regeln.

In der Nacht, um ½ 5 dreht der Wind, wird aber kaum stärker – zumindest in meiner Bucht. Draußen, na da spielt es sich ab. Gute 50 km/h Wind und 1,3 m Welle! 2 Segler versuchen ihr Glück, und bekommen richtig eine auf die Mütze. Sie schlingern und stampfen durch die See, bis sie aus dem Blickfeld verschwinden.

Ich bleib lieber da und nütze die Chance einen Bäcker und einen Supermarkt zu finden. Das ist zwar ein 2 km Fußmarsch in den Nachbarort, aber ich bin ja noch jung und habe Zeit.

Wenn vor dem Eisgeschäft die Netzte liegen, ist definitiv noch Winter

Die Insel schläft noch den Winterschlaf, die Natur ist aber schon in voller Blüte. Fast alle Lokale, zumindest bei meinem Ankerplatz, sind noch geschlossen, sogar der Bankomat ist noch abgedeckt.

Fahrbare Hühner und Entenzucht. 2 Reihen Käfige im Klein-LKW, 2x 60 Tiere, fertig.
Zumindest die Belüftung entspricht den EU-Erfordernissen

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