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Landratten auf See

Eva und Michi kommen spät abends am Flughafen an und sind hin und weg vom Alten Fort und der Marina. Bis sie ins Bett kommen, wird es ½ 2.

Das ist schon OK, denn wir gönnen uns und ihnen noch einen Tag in Korfu. Das Wetter hat diese Entscheidung sehr erleichtert. Wellen am erste Tag wollen wir den beiden nicht zumuten. Von Korfu sind sie aber hellauf begeistert. Eva verspricht zwar, nicht einkaufen zu gehen, kann dann aber doch nicht widerstehen. Das Abendessen gibt es an Land, im Restaurant Belissimo. Das klingt zwar gar nicht nach Griechen, ist aber ein recht traditionelles Familienrestaurant. Durch die Lage in einer Seitengasse, ist es auch nicht so überlaufen und touristisch. Besonderes Merkmal: Familienfeiern von Griechen – kann also nicht ganz schlecht sein.

Am ersten Segeltag brechen wir bei sehr sanften Winden nach Süden auf. Wieder ist das Ziel Petriti, diesmal wollen wir allerdings in den Hafen. Sehr sanfter Wind bedeutet auch sehr sanfte Wellen. Das passt für unsere Segelanfänger sehr gut und sie fühlen sich rundherum wohl an Bord.

In Petriti sind im Hafen noch einige Plätze frei und wir gehen, wie halt hier so üblich, mit Buganker an die Mole. Natürlich sind sofort Helfer da, die uns die Leinen abnehmen. Sehr nett, sehr angenehm. Was dann kommt ist aber Hafenkino der besten Sorte: eine Flottille eines englischen Veranstalters fällt über Petriti her.

Das sieht dann so aus, dass ein Guide mit dem Funkgerät an Land steht und die ankommenden Schiffe punktgenau anweist. „more anchor chain / stay in reverse / idle / stop the anchor / reverse again / more anchor / the lines please / … “. Wenn was daneben geht, rast der Helfer mit dem Dinghi herbei und schubbst  die Yacht in die richtige Position. Im Prospekt steht, dass das Flotillensegeln ein Schritt in die Selbständigkeit ist – aber so?

Da kommen dann auch unkonventionelle Lösungen zum Einsatz: Eine Yacht wird einfach mit dem Bug zwischen zwei angelegte Yachten gesteckt und dort angebunden. Alibihalber wird dann vom Dinghi aus noch ein Heckanker ausgebracht. In Summe sind dann 12 Yachten vertäut und die Crews werden zum Pre-Dinner Drink gebeten. Klar, im english way of life ist da Segelkleidung nicht erwünscht. Da wird dann aufgemascherlt, Stoffhosen und Hawaii-Hemden – man gönnt sich ja sonst nichts 😊

Am Morgen wir dann gemeinsam aufgebrochen. Die Charterbasis ist in Paxos und da müssen die heute noch alle hin. Weil der Weg weit ist, der Wind schwach ist und die Ankunft früh erfolgen soll, sind die alle unter Motor unterwegs. Die wollen doch eigentlich Segeln lernen ???

Uns soll’s recht sein. Wir haben Zeit und Muse und wollen nur nach Muortos /Syvota – der Ort, wo man direkt vor der Bar festmachen kann. Wieder langsames, entspanntes Segeln. Als wir ankommen liegen am Kai zwei Ausflugsboote, kein Segler. Auch gut, dann haben wir freie Platzwahl. Bis zum Abend kommen insgesamt 5 Segler an. Wirklich noch Vorsaison. Auch die Einheimischen genießen das. „In one month you can hardly walk here“. Und der Ort ist wirklich voll auf Tourismus ausgerichtet. 5 “Supermärkte“ die Badegummizeugs und völlig überteuerte Lebensmitte anbieten, 12 Bars, 6 Eisgeschäfte, 4 Pizzarien, 3 Griechen, 1 Güros Grillstand. An der Mole kommen dann täglich Ausflugsboote aus Korfu, die gemeinsam so rund 300 Passagiere in den Ort schaufeln. Wenn dann die Hotels und Appartements rund herum auch noch alle voll sind … „you can hardly walk“

Naja, wir könnten ja jederzeit weg, wollen wir aber nicht. Wir sitzen lieber in der Bamboo Bar und lassen uns verwöhnen. Die Kellnerinnen haben an ihrem Job noch echt Spaß, sind freundlich, fragen nach. Ja sogar bei unserer Abfahrt winken sie uns zu – freundlich, nicht etwa weil wir vergessen hätten zu bezahlen.

Unser nächster Stopp soll in einer Bucht sein, einsam und gut geschützt. Da bietet sich der Igoumenitsa Creek an, ein kleiner, tiefer Seitenarm der sich zwischen einer Halbinsel und einem Mündungsdelta eines Flusses befindet. Vorbei an Fischfarmen geht es da hinein. Auf 5 m fällt der Anker und wir machen das Dinghi klar, um an Land zu kommen. Nicht ganz einfach, denn der erste Versuch wird durch ein „private area“ verhindert und an der zweiten möglichen Stelle steht nur ein langsam vor sich hin verrottender Steg im kaum knietiefen Wasser. Dafür geht der Weg dann durch die griechische Wildnis, vorbei an gelangweilten Kühen, bis zu einem ewig langen, sehr feinen Sandstrand.

Sofort bricht bei Susi ein altes Rückenleiden aus und auch Eva ist mitbetroffen. Beide stehen sie krummgebückt im Sand und stochern mit den Fingern drin herum. Sie sagen, sie haben das zwanghafte Muschelsuchen. Keine Idee wie man das abstellen könnte. Es gibt sich erst, wenn alle verfügbaren Taschen mit Muschelsplittern vollgeräumt sind.

Zurück am Schiff gibt es dann das große Restlessen. Wir habe ja oft genug gekocht, oder in Restaurants die übrig gebliebenen Mengen mitgenommen. Kommt alles weg!
In der Früh geht das dann weiter. Da werden dann Brotscheiben und selbst Croissants angeröstet und mit Freude verspeist. Gut, dass wir heute wieder nach Cofu zurück kommen.

Heute ist der Wind stärker, dafür aber von schräg hinten. Mit 5 kt Fahrt aber immer noch wenigen Wellen fahren wir auf Corfu zu. Eva und Michi wechseln sich beim Steuern ab, genießen die Zeit und haben Spaß an Segelbedingungen, die sie vor 2 Wochen noch geängstigt haben. Bis auf eine sehr nahe Begegnung mit einer Fähre ist alles recht entspannt. Naja. So ein 200 m Ding, dass mit 20 kt auf dich zu kommt ist immer wieder spannend. Besonders, wenn das AIS einen minimalen Abstand von 150 m errechnet.

In der Marina kommt so was wie Abschiedsstimmung auf. Noch einmal eine Pita kaufen gehen, noch einmal ins Meer steigen, noch einmal gemeinsam Abendessen. Eva und Michi fliegen morgen nach Wien. Susi und ich werden zu Mittag unsere lange Reise in den Süden des Ionischen Meeres antreten.

Langsam, Schritt für Schritt, Schlag für Schlag.

Bin gespannt, wohin uns der Wind führt.

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