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Reise

Allein am Schiff

Eine Woche bin ich jetzt alleine am Schiff, aber da wird mir schon nicht langweilig werden. Ein bisschen Bootspflege geht immer.

Stephan erzählt mir, dass er auch Altöl übernimmt. Guter Hinweis, bei Philia ist eine 200 h Wartung fällig. Eigentlich eh nur ein Ölwechsel, aber das ist halt eine Patzerei. Motor warmlaufen lassen, 3 Liter Öl abpumpen, den Ölfilter aus dem Motor „herausoperieren“, der ist recht blöd angebracht – da wird dann alles versaut. Öl wieder einfüllen, Keilriemen nach spannen, alle Schlauchschellen kontrollieren, ….

Hoppala, da hängt doch eine Salzspur an der Seewasser Pumpe – das sollte nicht sein! Aber ich weiß was der Fehler ist und welches Teil ich austauschen muss. Nur blöd, dass ich das vor 2 Wochen an Hans verschenkt habe. Bei dem war auch die Seewasserpumpe undicht, und die nötige Dichtung ist nicht einfach zu bekommen – zumindest in Samos. Und ich hatte einen in Reserve, und was sollte bei einem (fast) neuen Motor schon sein. Naja, die Laufzeit ist wenig, aber die Dichtung steht jetzt schon 7 Jahre im Salzwasser. Die Korrosion hat der Dichtung einfach den Rest gegeben. Kommt also auf die Liste: Simmerring bestellen und mitbringen.

Nur im Hafen zu liegen, ist mir aber zu blöd. Ich will Schifferlfahren – nur wohin? Na klar, einfach einmal rund herum. Samos in 2 Tagen, das geht sich aus. Gesagt getan: Ablegen solo in der Früh um 9. So wie immer eigentlich, nur halt langsam. Also Motor starten, etwas Gas geben – das Schiff steht stabil. Die beiden Mooringleinen am Bug lösen. Das Schiff steht immer noch stabil. Jetzt die leeseitige Heckleine lösen und mit dem Steuerruder das Schiff gegen den Wind halten. Und dann geht es los – ist doch easy, oder? Nur vor dem Hafen dauert es recht lange, bis ich die Fender hoch gehängt habe, und fertig zum Segelsetzen bin. Da treibt Philia ganz schön weit herum bei den herrschenden 15 bis 20 kt Wind. Dann aber geht es los. Mein holländischer Freund, Vaart van Selber, der Autopilot übernimmt das Ruder immer dann, wenn ich an den Leinen zupfe, das Logbuch schreibe oder am Plotter den Kurs kontrolliere.

Zuerst eng der Küste entlang bis Balos, dann raus aufs Meer um südlich von Samiopoula vorbei zu kommen. Dann kommt eine Zone mit schwierigen, drehenden Winden. Da trifft sich der Wind aus der Bucht von Marathokamos mit dem aus der Richtung Pythagorion. Dann aber geht es zügig dahin – nach Osten! Dort ist aber die Türkei. Also in langen Schlägen aufkreuzen, bis ich in die Straße zwischen Samos und dem türkischen Festland komme. Irgendwie bezeichnend, dass da an langen Fahnenmasten riesige türkische Fahnen hängen.

Nach der Engstelle, 1 Meile zwischen den Ländern und auch noch eine Insel mitten drin, kann ich weiter segeln, rund um die östliche Ecke von Samos. Bald danach werde ich den Motor an und finde einen guten Ankerplatz vor einem Badestrand. Viel ist da nicht mehr los. Ich bin recht müde und schlüpfe bald in meine Kajüte. Morgen soll es recht früh weiter gehen.

Tut es auch! Schon um ½ läuft der Diesel, kommt der Anker hoch und der Bug richtet sich ein letztes Mal nach Osten. Ich muss noch um die äußerste Nase von Samos herum und hoffe dann brauchbaren Wind zu finden.

Brauchbar schon, aber nur wenn ich nach Kusadasi will – will ich aber nicht. Und für den Kurs nach Westen, entlang der Nordküste von Samos ist er zu schwach, um nutzbar zu sein. Also bleibt der Diesel an. Motoren bei spiegelglatter See ist aber langweilig. Nur einmal werde ich kurz gestört: Ein Schiff der Küstenwache kommt auf mich zu und umrunde mich. „Was macht ein einsamer Segler da? Doch nicht etwa Flüchtlinge transportieren?“ Aber mit Schwimmweste alleine an Deck und eingeschaltetem AIS benehme ich mich reichlich unverdächtig. Also hupen sie nur einmal kurz, grüßen herüber und ziehen wieder ab.

Erst bei Karlovassi setzt brauchbarer Wind ein, schwach aber immerhin. Mehr war ja auch nicht versprochen. Langsam ziehen die sonst nur schwer erreichbaren Strände von Mikro und Megalo Saitano vorbei. An der „Ecke“, es geht also statt nach W nach SW, unterstützt mich plötzlich 1 kt Strömung nach Süden. Wo die wohl her kommt? Eigentlich sollte der Strom hier in die  in der Gegenrichtung gehen. Der Wind nimmt zu und plötzlich stehen fast 7 kt über Grund auf der Logge. Philia fliegt fast dahin. Hoch oben, über den Felswänden, kann ich die Kirche von Drakei erkennen.

Beim nächsten Eck, statt nach SW jetzt genau nach S, sehe ich am Wasser viele kleine Wellen, die fast an einer Linie einsetzten. Was ist da wieder los? Zwei Dinge kommen zusammen: Der Wind springt auf NW, also fast Rückenwind und die Strömung ist jetzt gegen mich. Da war das vorher eine Rückströmung, so wie im Wildwasser am Ufer – war halt eine andere Dimension.

So bleibt es bis zur Südspitze von Samos. Wie ich um die Ecke biege, folgt mir der Wind, der auf 20 kt auffrischt – jetzt, wo ich ihn kaum mehr brauchen kann. Man freut sich aber trotzdem über die rasche Reise, bis – ja bis der Kerkis sich mit seinen 1450 m Höhe gegen den Wind stemmt und das Meer schlagartig ruhig wird. Kein Wind heißt dann aber auch keine Fahrt. Darf also der Diesel wieder arbeiten.

Was für ein Glück, eine Meile vor dem Hafen kommt der Wind zurück! Wieder 20 kt und ein Solo-Anlegemanöver. Da kommt Vorfreude auf – und das Wissen, dass im Hafen der Wind meist deutich weniger wird. Also am Kanal 10 den Hafen anrufen. „Marina Marathokampos – Philia is comin back again, please assist“ Nach einiger Zeit wird irgendwas zurück gegrunzt, aber sie haben mich verstanden und Jannis kommt mit dem Motorboot entgegen. Stefan nimmt die Leinen an und bald steht Philia wieder an ihrem Platz, ganz so als wäre sie nie rund um Samos gefahren.

Die nächsten 2 Tage gehören der Reisevorbereitung – Hochzeit, eh schon wissen. Am Montag fahre ich dann mit der Fähre nach Kos und fliege von dort nach Wien. So habe ich dann wenigstens einen Eindruck vom Dodekanes, auch wenn ich ihn heuer nicht bereisen konnte.

Die nächste Gelegenheit kommt bestimmt!

So aber ist Philia in Marathokampos gut geschützt und zugedeckt und wartet auf weitere Taten.

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