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Reise

84 Meilen in 15 Stunden

Der Tag er Abreise rückt näher, der Meltemi schläft ein. Jetzt gilt es den Tag zu erwischen, bei dem die Wellen nicht zu wild sind und der Wind aber noch brauchbar bläst. Wir suchen uns den Mittwoch für den direkten Sprung von Samos nach Paros aus. Kann man machen, wenn man früh aufsteht und dann das Schiff richtig läuft. Wir rechnen konservativ mit 5kt im Durchschnitt und den 85 Meilen. Das gibt dann schlappe 17 Stunden Fahrzeit. Ist echt lang, speziell bei einer Tageslänge von unter 12 Stunden.

Wir wollen also zeitig in der Früh starten, so gegen 4 Uhr. Dann geht es 3 Stunden nach SSE, so dass die Inselgruppe Fourni rechts von uns bleibt. An deren Südspitze machen wir dann ein Eck nach WSW und legen für die restlichen 14 Stunden Kurs 250 an. Um 7 wird es dunkel und um 8 sollten wir dann kurz vor der Einfahrt zur Bucht von Naoussa sein. Die kenne ich (du jetzt auch schon 😉). Da finde ich auch bei Dunkelheit hinein, wozu habe ich ein Radar an Bord. So einfach der Plan. Die Crew frisst mir in ihrer Unerfahrenheit aus der Hand  und lässt sich auf die Fahrt ein.

Also Wecker auf 3 Uhr gestellt, unser warmes Gewand ist schon vorbereitet. Das Schiff auf „Nachtfahrt“ umstellen, also an allen Stellen das Rotlicht aktivieren. Die Instrumente, die Stirnlampen und den Salon. Dann noch die Navigationslichter einschalten und wir schleichen um 03:50 aus dem Hafen. Michi und Claudio sind erstaunt, wie dunkel und unheimlich so eine Nacht am Meer sein kann. Vorerst lassen wir den Motor an, der Wind ist so nahe an Samos noch zu schwach. Dafür können wir den Blick zurück auf die beleuchteten Dörfer genießen. Hoch oben thronen Platanos oder Spartarei, die sieht man lange. Die Küstenorte verschwinden bald hinter der Kimm, also dem Horizont. Durch die Erdkrümmung sieht man ja nur 3 Meilen (5 km) weit das Ufer, später sind das dann nur mehr die Hügel und Berge. Klar, den Kerkis mit seinen 1450 m, den sieht man auch 30 Meile weit.

Schon um 5 Uhr können wir Segel setzen und Philia gleitet durch die Nacht. Wobei, das ist kein leises Gleiten. Da rauscht das Wasser am Rumpf, da klatschen Wellen dagegen, das streicht der Wind über die Segel, singt im Rigg und rauscht in den Ohren – aber zumindest der Motor gibt Ruhe. Bald klettert die Geschwindigkeit auf 5, später 6 und sogar deutlich über 6 Knoten – und bleibt lange Zeit dort.

Wie geplant geht an der Südspitze von Fourni die Sonne auf. Das macht meiner Crew das Leben deutlich leichter. Zusätzlich kommen wir in das Lee von Ikaria, was die Wellen und den Wind etwas beruhigt. So ganz wohl fühlen sie sich aber nicht. Claudio macht auf lässig, legt sich hin und macht ein Nickerchen, oder sieht dem Autopilot zu, wie der die Arbeit macht. Michaela hingegen kämpft gegen aufkommende Übelkeit, starrt auf den Horizont und quetscht Wasser aus dem an sich schon trockenen Gurt, mit dem sie angeleint im Cockpit kauert – „bitte nicht anreden, ich bin mit mir beschäftigt“.

Ich weiß aber, dass die nun kommenden drei Stunden die ruhigsten der Reise werden und lege mich in meine Koje. Auch ich brauch einmal Entspannung, nach 5 Stunden als „Einhandsegler mit Crew“.

Als wir an das Ende des Windschattens kommen, sieht man schon, dass es nun ungemütlicher wird. Der Wind wird stärker, die Geschwindigkeit über Grund nimmt von 5 auf fast 7 kt zu. Philia läuft einfach gut. Leider nehmen auch die Wellen wieder etwas zu. Macht mir nichts, Claudio macht weiterhinauf cool, ist aber angespannt und Michi – weiter nicht ansprechbar. Und Philia prescht dahin. Die Ankunftszeit verschiebt sich vom angedachten 21 Uhr auf nun schon um 17:30. So früh wird es nicht werden, aber wenn wir Glück haben, ist es noch hell, wenn wir in Naoussa ankommen.

Inseln schälen sich aus dem Dunst, werden klarer, gleiten vorbei und verschwinden wieder. Gelegentlich etwas an den Leinen zupfen, um die Segel besser einzustellen oder den Kurs ein paar Grad justieren. Ich fahr gerne selbst, Claudio beobachtet lieber den Autopiloten.

Ach ja, der Skipper hat dafür zu sorgen, dass es der Crew gut geht. Also steige ich hinab in die Kombüse, schneide Zwiebel, koche Nudeln und bereite eine große Fuhre Nudelsalat. Mir schmeckts, die beiden anderen „müssen erst kosten, ob der gut ist“. Dann sind sie wohl noch nicht hungrig genug, oder der Magen passt noch nicht. Bleibt halt mir mehr 😊.

Die Sonne wandert schon weit nach Westen und sinkt tiefer zum Horizont. Vor uns taucht Naxos und dann Paros auf. Bald kann man die Einfahrt zur Bucht erkennen. Unter vollen Segeln steuern wir drauf zu und holen sie erst in den letzten 15 min ein. Pünktlich um 6 fällt der Anker in den Sand der türkisgrünen Bucht.

Angekommen
Überstanden

84 Meilen in 14 Stunde,
das sind fast exakt 6 kt Durchschnittsgeschwindigkeit – rekordwürdig!

Der Abend gehört der Erholung. Wir sitzen nach dem Abendessen noch eine Stunde im Cockpit, quasi zur Nachbesprechung des soeben erlebten. Das pendelt zwischen „geil“ und „Ich weiß, dass ich nie mehr in der Nacht segeln gehen werde“. Naja, wird sich auch noch relativieren 😉

Schön ist es hier, wie immer.

Wetterfenster perfekt genützt!

Gut gemacht.

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