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Die lange Reise in den Süden

Der Sonntag ist der Tag des Crew-Wechsels. Nachdem Philia aufgeräumt und der Proviant ergänzt wurde, weitere 80 Flaschen Wasser kamen an Bord, reisen Sophie und Felix ab. Statt ihnen kommt Clemens als dritte Person an Bord.

Letzter Sonnenuntergang in Tisno. Noch ist alles ruhig

Er reist mit dem Bus an, der widererwarten pünktlich ist und „darf dann noch Duschen gehen.

Fußraum und Bordtoilette im Nixbus

Um ¾ 3 verlassen wir Tisno endgültig, tanken in Murter noch 70 Liter Diesel und motoren noch durch die flache Einfahrt von Murter. Beim Leuchtfeuer von Prsnjak werden die Segel gesetzt und der Motor abgeschaltet – für viele Stunden.

Alles ist vorbereitet, alles ist gut.

Im zu Ende gehenden Tag nehmen wir Kurs auf die Insel Vis. Um 19:30 geht die Sonne unter, wir schalten das Navigationslicht und das AIS an und segeln auf gerader Strecke durch die Nacht. Der Wind lässt ein wenig nach, so dass wir die Segelfläche hin und wieder anpassen müssen. Aber warum eigentlich „wir“? Es gibt einen ausgefeilten Wachplan, und das bedeutet, dass immer nur einer von uns die Schiffsführung überhat. Die anderen haben „Freiwache“ dürfen, nein sollen sogar schlafen. Für Magdalena, die die Prüfung erst seit wenigen Stunden bestanden hat, oder für Clemens, der unser Schiff überhaupt noch nie gesehen hat, eine sehr aufregende Sache. Selbst wenn das Wetter sehr gnädig ist, die Navigation sich auf eine gerade Linie ohne jegliche Hindernisse beschränkt, ist das für „Anfänger“ eine große Herausforderung. Magdalena berichtet nachher, von einem Ruhepuls im Liegen von 85 /s – und sie ist eigentlich recht fit.

Bei Sonnenaufgang passieren wir die NE Ecke von Vis und fahren, da die „gefährlichen“ Inseln gut zu sehen sind, auf demselben Kurs weiter. Erst bei Lastovo wird er auf einen östlichen Kurs geändert. Es ändert sich aber auch der Wind. Sein sollte es ein NW Wind, der eine rasche Fahrt ermöglichen soll. Tatsächlich finden wir aber einen reinen N-Wind, und haben plötzlich mit 20 kt Wind aus 60° zur Fahrtrichtung zu tun. Bei den ein gerefften Segeln ist das schon „hart am Wind“. Die heranrauschenden Wellen tun ihr übriges.

Geht doch, oder?

Wir wollten gegen 16 Uhr in einer Bucht 20 Meilen südlich von Dubrovnik sein. Jetzt sagt das Navi-Programm ein ETA (estimated time of arrival = geschätzte Ankunftszeit) von 2 Uhr Nachts vorher. Wenn wir dieses Tempo halten, müssten wir eigentlich gleich durchfahren, um das Wetterfenster in der Straße von Otranto noch zu erwischen. Heute ist dort starker Rückenwind, zu stark, der wird in einen ebenso starken Südwind umschlagen. Dazwischen gibt es ein paar Stunden gute Bedingungen.

Philia schaukelt in den Wellen südlich von Mljet, in mir schaukeln die Gedanken: Noch 10 Stunden in die Bucht. Wo wären wir, wenn wir 10 Stunden in Richtung Italien ablaufen. Wie weit wäre es dann noch nach Bari oder Brindisi? Wäre das machbar? Wäre das sinnvoll für die gesamte Reise? Ich rufe die Crew zusammen und wir beraten uns kurz. Dann wird noch das Fahrverhalten auf dem Vorwindkurs Richtung Bari ausprobiert. Eine Frage in die Runde: Machen wir!

Gleichzeitig wird unsere „Homebase“ in Wien informiert. Dort sitzt Susi vor dem Computer uns beobachtet unser AIS Signal in einer Marine App (marinetraffic.com). Als wir ihr erzählen was wir vor Haben, meint sie nur: „Hab ich eh schon gesehen!“
Big Mama is watching you! Wetterbericht gibt es dafür dann aber auch gleich dazu.

Der Mond leuchtet uns den Weg. Ist doch nett. Die Sterne lassen sich aber nicht fotografieren. Das gent bei dem Wackelnden Schiff einfach nicht.

Wir segeln also in die 2. Nacht. Nur mit Genua, denn die ist sehr flexibel auch von nur einer Person zu bedienen. Hinter uns verschwinden die kroatischen Inseln im Dunst. Zum Ausgleich wachsen dafür die Wellen empor. Gut 1,5 m sind die größeren nun hoch. Aber die sind harmlos, denn sie laufen in die gleiche Richtung wie wir. Das Heck wird also angehoben und senkt sich wieder. Ganz gemütlich schaukelt Philia so dahin. Genau nach Wachplan begeben wir uns in die Kojen und finden sogar guten Schlaf. Beim Wachwechsel müssen wir richtig geweckt werden.

Um Mitternacht, zum Beispiel, weckt Clemens mich auf. Damit ich rasch munter bin mit einer netten Nachricht: „Da ist ein großes Schiff, das kommt genau auf uns zu!“ – fesch. Am Radar ist ein Punkt zu sehen, das AIS verrät uns, wer der Übeltäter ist: HAS YEHIA, ein 150m langes Tankschiff kommt da die Adria herauf. Kollision in 40 min. Na, da haben wir wenigstens noch etwas Zeit unsere Sachen zu packen – oder die Kollision zu vermeiden.

Nach den Regeln der Seefahrt, sind wie ein Schiff unter Segeln – also ein Segelschiff, und haben daher gegenüber Motorschiffen Vorfahrt (Anm.: Den Puristen unter den Lesen ringelt es jetzt die Zehennägel auf, aber wenigstens der Sinn des Verfahrens ist so Wiedergegeben). Also wir müssen nichts anderes tun als geradeaus weiterzufahren. Aber: Hat mich der gesehen? Da greif ich doch lieber zum Funkgerät:

Has Yehia, Has Yehia, Has Yehia, this is Sailingvessel Philia, Philia, Philia.
Dann geschieht einmal – nichts. Der erste Offizier muss vielleicht erst aufwachen.
„Who is calling Has Yehia“
Sailingvessel Philia is calling. We are on a collision course. We will meet in about 40 min. We are a sailing vessel under sail. Please give way.
Das sollte ja normalerweise genügen.
“I don’t see you on my RADAR – untermalt von einer heftigen Rückkopplung – What is your position”
Kann er haben, damit er sie richtig versteht auch gleich zwei Mal.
„What is your course“
230 °
„We change course to starboard“ Das wäre nach rechts, um hinter mir durch zu gehen. So sollte es auch sein. Alleine, das AIS zeigt keine Kursänderung an! Wir sind dem egal und er legt es einfach drauf an: Mehr Gewicht, mehr Rechte – steht so aber nicht in den Regeln.

Nach ein paar Minuten meldet er sich und will mich am Kanal 9 sprechen. Da hör nämlich keine Küstenwache zu.
„Going to starboard is to complicated for us“ Häää – der muss nur den Kurs um 3 Grad verdrehen.
“We maintain course and pass green by green”

Also er will überhaupt nichts machen und wir sollen unseren Kurs so anpassen, dass wir rechte Seite an rechter Seite aneinander vorbeifahren. Das ist erstens sehr unüblich und zweitens bedeutet das für uns eine Halse zu fahren und die Segel von rechts nach links und später wieder zurückzubringen. Aber was tut man nicht alles, um zu überleben.

Have a pleasant trip, hören die noch von mir. Was solls, Widerrede ist zwecklos, da die Entfernung nun schon so gering ist, dass er gar nicht mehr ausweichen kann.

Führt fast von alleine. Wie ein Tesla – nur sicherer

Dann sind wir wieder alleine. Die Wellen haben nachgelassen, sind runder geworden. Der Autopilot hält das Schiff wunderbar auf Kurs. Ich sitze im Cockpit, warm angezogen und eingehüllt, höre Musik und bewundere den unglaublichen Sternenhimmel. Für alle die in der Stadt wohnen: Es sind noch alle Sterne da – wenn man das Licht, also alle Lichter ausschaltet, dann sieht man sie auch. Hier draußen, in der Mitte der Adria ist kein künstliches Licht und selbst der Mond ist noch nicht aufgegangen.

So fällt mir zum Beispiel auf, dass ich genau unter dem „kleinen Wagen“ sitze und damit den Polarstern fast exakt über mir habe! Den hab ich schon lang nicht mehr wahrgenommen. Nach 2 Stunden kommt mich Magdalena ablösen und ich darf wieder in meinen Schlafsack. Erst um 6 bin ich wieder dran.

Aber was für ein Erwachen: Es ist so, als würde man in einem Wohnmobil Vollgas über eine kurvige Schotterstraße brettern. Es kracht, es schüttelt und rüttelt, in der Kabine fliegt alles herum. Ich kann mich kaum aufsetzen, geschweige denn anziehen. Nur Clemens, der grad im Cockpit sitzt, findet das alles seeehr entspannt. Wir fahren mit 5-6 kt, und die Wellen sind „halt jetzt anders“.

Anders heißt in dem Fall, dass sie nicht mehr von hinten anrollen, also nicht nur, aber auch. Viel mehr hat sich eine zweite Welle dazu entwickelt, und die bringt der 23 kt starke Wind, der uns fast entgegen bläst – nix mehr mit Rückenwind und so. Die Wellen sind also äußerst konfus, kommen von Links oder rechts, überlagern sich, werden deutlich höher, an den Spitzen spritzen oft 1 m hohe Fontänen in die Höhe. Es dauert nicht lang, bis ich so einen Schwall abkriege. In Voraussicht hab ich die Sprayhood geschlossen. Das hilft zwar dem Cockpit und dem Niedergang, meinem Gesicht aber nicht – Danke für die Dusche!

Was mir noch auffällt: Wir machen wenig Fahrt und der Kurs passt irgendwie nicht gut. Segel ganz dicht holen, hilft – aber der Kurs? Wo fahren wir hin? Schaffen wir die Einfahrt nach Bari anzusteuern? Wie kann ich die Information bekommen? Ich weiß wo sie steht, am Plotter, aber wie komme ich das hin, ohne dass das Schiff Unfug macht. Also ein paar Sekunden Autopilot werden schon gehen. Und dann weiß ich: Bari geht – vielleicht, wenn ich mich anstrenge und der Wind nicht dreht und die Abdrift nicht zu stark ist. Viele Wenn´s und nur eine Einflussmöglichkeit, aber ich muss es versuchen!

Rodeo Modus! Das Schiff schlingert in den Wellen, ich versuche die Fahrt hochzuhalten – das bedeutet weniger hoch am Wind zu fahren, und versuche gleichzeitig möglichst weit westlich auf das Festland zu treffen. Und das bedeutet wiederum, möglichst hoch am Wind zu fahren, was wieder Geschwindigkeit kostet. Bei dem kleinen Vorsegel komme ich nicht näher als 55° an den Wind heran. Unter anderen Bedingungen wäre das locker 10° besser. Besser für die Geschwindigkeit, besser für den Landfall.

Um die Sache noch netter zu machen: Das Schlingern des Bootes in den Wellen beeinflusst den Windwinkel zusätzlich. Das Spiel kann beginnen. Geschwindigkeit möglichst über 4 kt halten, damit das Schiff sich nicht in den Wellen feststampft, aber nicht über 5 kt kommen, denn das kostet Höhe und damit vielleicht den „Sieg“.

Wie lange ich da so vor mich in kämpfe? Na, so gut 3 Stunden konzentrierte Arbeit ist angesagt. Das Dumme ist nur, ich hab keine Zeit klar zu navigieren. Wo ist die Hafeneinfahrt? Schaffe ich diese Ecke, gibt es noch Reserven?

Da kommen mir Fährschiffe zur Hilfe. Sie Steuern Bari an und ich kann klar verfolgen, wie man in den Hafen kommt. Ich schleiche mich an und zwicke mich nach dem 2. Schiff in die Hafeneinfahrt. Draußen sind noch zwei weitere unterwegs, aber die sind offensichtlich angewiesen, eine größere Kurve zu fahren um für mich Zeit zu schinden -DANKE! Trotzdem werde ich in der Einfahrt beinahe von Nummer 3 überholt, doch ich kann mich um die Ecke der Mole in das Hafenbecken für die Kleinschiffe retten.

Der im Hintergrund wird immer größer!

Geschafft! Anlegen im Yachtklub ist dann eher Routine und gelingt uns, als hätten wir die ganze Nacht darauf gewartet, endlich dieses Manöver zeigen zu dürfen.
Aber ehrlich: Wir sind alle drei ziemlich geschafft! Nach 214 Meilen in 30 Stunden darf man das auch.
Nur die Aussicht auf eine Dusche und das italienische Dreigestirn aus Pizza, Cappuccino und Eis halten unsere Lebensgeister aufrecht.

Pizza Mageritta
Cappuccino mit Pistazien Croissant
Das schwarze ist nicht Tintenfisch, das ist dunkle Schoko mit Mandel

Am Nachmittag wird auch das erledigt – und Pläne für die nächsten Etappen geschmiedet!

2 Tage, 2 Nächte, 1 Entscheidung
rot = Tag, blau = Nacht
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Prüfungswoche

Vor dem Vergnügen selbst ein Schiff zu steuern steht der Erwerb der FB 2 Lizenz, ein Unterfangen, dass über eine längere Zeit geht. Praktische Erfahrung, theoretische Kenntnisse, Prüfung in der Theorie und natürlich die Prüfung am Schiff. Wegen der sind wir, also meine Töchter und der zukünftige Schwiegersohn schon vor Beginn der Osterwoche nach Tisno aufgebrochen. Kühl ist es noch, relativ windig. Wobei der Wind, in  Maßen, ja durchaus erwünscht ist. Wir wollen ja möglichst viel segeln, viele Manöver üben, unterwegs sein.

1. Tag – Einsegeln
Einfach den tollen Wind, ca. 15 bis 20 kt nützen, um mit dem Schiff vertraut zu werden und einmal das Prüfungsgebiet bei Tag befahren. 18 Meilen mit vielen Halsen und Wenden und auch den ersten MOB Manövern (MOB = man over board, wobei man von mit als „Mensch“ übersetzt wird). Insgesamt sind wir fast 6 Stunden unterwegs und bei der Rückkehr ziemlich geschafft. Für ein Anlegen in Tisno ist uns dann zu viel Wind. Wir verschieben das auf Morgen und ankern in der Bucht gegenüber.

Beide Segel ganz klein im 2. Reff und trotzdem 6 kt Fahrt

Dank Dieselheizung haben wir es angenehm warm und können den Abend und die Nacht richtig genießen.

2. Tag – Manöver
Der Wind hat etwas nachgelassen und wir haben ideales Wetter, um weiter zu üben. Heute kommt das Anlegen dazu. Dafür fahren wir zur Marina Pirovac, kaum eine Stunde von Tisno und haben dort ideale Bedingungen. Mit dem Heck an den Steg, seitliches Anlegen und natürlich wieder MOB.


Das MOB Manöver enthält so ziemlich alles, was man zum Segeln braucht. Bestimmte Kurse fahren, Kursänderungen, das Schiff anhalten, und zwar genau neben der Boje, die das „MOB Opfer“ darstellt. Gar nicht so einfach, bei den wechselnden Bedingungen und viel Arbeit, für die kleine Crew.

Und dann kommt noch eine spezielle Aufgabe: Navigation in der Nacht.
Das ist dann traditionelles Schifferlfahren, also ohne GPS wie im Auto, dass dir einfach ansagt: „Nächste Kreuzung links abbiegen“. Was die Sache so spannend macht ist, dass man eben nur sehr wenig von der Umgebung wahrnehmen kann. Die Inseln sind schwarze Schemen, alle irgendwie gleich.

Ja, nach den Sternen könnte man auch fahren. Wir suchen lieber irdische Leuchtfeuer

In unserem Fall wenigstens etwas Mondlicht, damit es nicht ganz finster ist. Für die Navigation bleiben dann nur mehr die wenigen Leuchtfeuer, recht schwache, rote, grüne und weiße Blinklichter, die ihre genaue Bedeutung und Position erst durch ihren Blinkrhythmus verraten. Erst der Blick in die Karte macht sicher, naja so halbwegs, was denn das ist und vor allem: „Wie passt das zu meiner geplanten Route“. Und wenn man einen Fehler macht, dann warten die Inseln auf einen. Einigermaßen spannend, unter diesen Umständen einen bestimmten Hafen zu finden und dort einzulaufen. Fast 4 Stunden sind wir so unterwegs.

Zum Abschluss suchen wir mit dem Handscheinwerfer unseren Liegeplatz in Tisno, den wir für unsere Ankunft schon vor der Abfahrt vorbereitet haben. Die Übung gelingt und gegen 2 sind wir im Bett.

3.Tag – weitere Übungen und …
Nach der anstrengenden Nacht, kommen wir erst gegen 12 aus dem Hafen. Mit ein paar Übungen kommen wir nach Pirovac und beginnen sofort mit dem seitlichen Anlegen. Irgendwie spektakulär, aber an sich harmlos. Harmlos, wenn denn da die Wolken nicht wären. Wunderbare Gewitterwolken haben sich aufgebaut und begrüßen uns mit ihrem Grummeln.

Na gut, wir ziehe uns eh schon zurück, aber weit kommen wir nicht. Schnell beginnt es zu regnen und wir schaffen es noch in eine Bucht. Dort wollen wir das Gewitter vor Anker abwarten. Und das Ding kann es ganz gut: Blitze rund um uns, starker Regen und – als Gruß vom Winter – 10 min erbsengroßer Hagel. Also sonniger Süden ist das definitiv nicht.

Regen? Nicht nur!

Eher der Vorbote, für die kommenden beiden Tage: Bora, vom feinsten. Bora, das ist ein heftiger Fallwind, der vom 2.000 m hohen Velebit Gebirge auf die Küste herunter stürzt. Nicht selten erreicht er mehr als 100 km/h, an manchen Stellen fast das doppelte. Da werden dann Autobahnen gesperrt, weil das einfach zu gefährlich wird.

Ja, und die Schiffe bleiben tunlichst im Hafen. Wir sind ja nicht verrückt! Selbst im Hafen messen wir 46 kt (80 km/h) Böen, die heftig am Schiff und den insgesamt 6 Leinen zerren, mit denen wir festgemacht haben. Zum Glück zeigt unser Heck fast genau in den Wind, das macht die Bootsbewegungen erträglicher, aber Philia ruckt ganz schön in den Tauen hin und her.

4. und 5. Tag – Wer nicht segelt, arbeitet am Boot
Wie immer gibt eine to do Liste. In meinem Fall soll die Lithium Batterie, die Susis Sauerstoffkonzentrator versorgt, ins Schiff eingebaut werden. Klingt einfach, ist es aber nicht so ganz: 16 m Kabel werden verlegt, 2 Knotenpunkte für die Verkabelungen eingebaut, ein spezielles Ladegerät und natürlich die Batterie selbts. Das Schätzchen hat kaum 40 kg Gewicht, also alles ganz simpel, wenn der Weg über eine schmale Pasarella („Brett“) vom Land auf das ruckende Schiff führt.

Und wieder ein Stauraum gut gefüllt: 12 V, 330 Ah nutzbar, Ladegerät dazu, Knotenpunkte …

Insgesamt recht anstrengend, schon alleine wegen der Bewegungen des Schiffs.
Als das geschafft ist, werden noch 2 USB Buchsen eingebaut, davon kann man nie genug haben, und LED Lichtbänder im Salon an. Auf Wunsch gibt es jetzt Kinderdisko – oder einfach rotes Licht bei Nachtfahrten.

Das rote Licht irritiert die Sehfähigkeit bei Dunkelheit nicht und ist daher für die Augen viel angenehmer. Weißes Licht würde blenden und die Nachtsehfähigkeit für 20 min zerstören.

6. Tag – Wind, aber anders

Bei uns am Liegeplatz in Tisno kommt der Wind von hinten und außerdem ist er vom Berg her geschützt. Was uns im Übungsgebiet erwartet ist immer eine Überraschung. Heute ist die Überraschung 25 kt (45 km/h)! Naja, kann man auch beherrschen. Segel klein machen, dafür weniger hoch an den Wind gehen und schon funktioniert es. Sportlich wie wir sind, wird schon nach 3 min der Motor gestoppt und unter Segeln aus der Bucht von Tisno heraus gekreuzt. Dort gibt es dann einen auf die Mütze, kräftiger Wind, der uns am heutigen Tag zweifeln lässt.

Martin mit seinen Segelschülern war schon früher unterwegs und ist nach Norden, Richtung Biograd und Zadar geflüchtet. Dort ist der Wind „ganz kuschelig“, was so um die 15 kt (27 km/h) bedeutet. Wir wollen es ihm nach machen, aber schon am Weg dorthin nimmt der Wind ab. Und bei wenig Wind können wir unsere Übungen auch gleich hier machen. Wieder fliegt die Boje über Bord und wird eingesammelt. Klappt schon ganz gut und trotz der schwierigen Bedingungen fast immer beim ersten Versuch.

Da der Wind weiter nachlässt, beschließen wir nach Pirovac zu fahren und uns dort mit Anlegemanövern zu vergnügen. Seitliches Anlegen auf beiden Seiten, jetzt auch mit schwierigerer, realitätsnäherer Anfahrt. Auch da durchwegs zufriedene Gesichter.

Da der Marinero heute nicht so ganz motiviert ist, uns Geld abzuknöpfen, lässt er uns zuerst in Ruhe üben. Einen kurzen Stopp nutzen wir dann auch gleich, um den Windgenerator wieder auf den Mast zu setzen. Ist ein wenig Spielerei, klappt aber ganz gut. Und am Weg zurück nach Tisno springt er auch an und lädt die Batterie. Gut so!

In Tisno wird das Schiff für das Anlegen vorbereitet und während das geschieht, bringe ich es in die richtige Position. Dann drücke ich überraschend Sophie das Steuerrad in die Hand: Mach mal.
Und sie macht das gut! Passt also, der Weg in der Ausbildung.

Kaum sind die Leinen fest, springt Magdalena in die Küche und zaubert Spaghetti Bolognese. Herrlich, nach dem langen und kühlen Tag.

Es geht ja auch versöhnlich

Der 7. Tag – Der Tag der Tage

Wir gehen es gemütlich an. Ausgiebiges Frühstück, also eigentlich wie fast immer, Boot innen und außen reinigen und hübsch machen. Bei wenig Wind legen wir gegen Mittag ab und bekommen dann den Anruf von unseren Freunden auf der BlueC: Ihre Prüfung ist früher fertig, weil ein Kandidat durchgefallen ist. Wir könnten also schon kommen.
Gemischte Gefühle! Wie wird es uns ergehen. Immerhin ist der Peter, der Prüfer, langjähriger Betreiber einer Segelschule und seit Jahrzehnten auf See unterwegs.

Wir segel nach Pirovac, wo wir Peter übernehmen werden. Am Außensteg ein seitliches Anlegemanöver, diesmal von Jörg gefahren, damit niemand schimpfen kann, falls es daneben geht.
Peter kommt an Bord, etwas Small Talk und dann geht es direkt los: Anlegen seitlich, anlegen mit dem Heck, Segelsetzten, Wenden, Halsen, MOB unter Segel und unter Motor, Ankern in der Vela Luka. Alles gut!

In der Pause werden Theoriefragen beackert, während ein Abendessen entsteht: Gniocci mit Tomatensauce. Ist warm, schmeckt, wird gelobt.

Für ergriffene Betrachtungen ist keine Zeit
hier wird präzise gearbeitet

Inzwischen wird es Nacht, fast sternklar, noch kein Mond. Eine Navigationsrunde unter Motor. Entspannt aber kühl, so um die 10° + den ständigen Fahrtwind. Auf Dauer wirklich kalt. Selbst der Aufgang des Vollmonds hilft trägt da nur wenig zur Ablenkung bei. Als wir Peter um ½ 12 wieder in Pirovac absetzen sind wir durchgefroren. Nach schnell zurück nach Tisno und dort als erstes die Heizung aufdrehen. Die Aufregung der letzten Stunden lässt uns nicht gleich schlafen uns so wird es 2 bis alle Lichter ausgehen.

Ach ja: 3x geschafft!

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Rechtliches

Vor dem Vergnügen steht das Amt. In unserem Fall sind das kroatische Ämter, was die Sache nicht viel einfacher macht. Um in Kroatien mit dem Schiff unterwegs sein zu dürfen braucht es zwei Dinge: Die Vignette – früher hieß das Sicherheits- und Leuchtfeuergebühr – und die Tourismusabgabe.

Die Tourismusabgabe ist relativ einfach: Da gibt es eine gut funktionierende Webpage und dort hat man die Wahl: Pauschale für das Schiff, je nach Schiffslänge, oder täglich und individuell. Nur eine Frage des Preises. Also für das ganze Jahr und pauschal wären das 700 (!!) € für die Philia. Individuell sind das 10 Kunar, heute 1,3 €/Person und Tag im Land. Also eigentlich ganz klar, was für uns passt – individuell.

So einfach macht man das uns aber auch nicht: Wer, kommt wann an, fährt wann ab, wohnt wo, wurde wo geboren, heißt wie, hieß wie, Staatsbürgerschaft und Reisepassnummer. Für jede Person extra auszufüllen. Dann kommt eine Rechnung. Ist die bezahlt kommt dann innerhalb von 3 Tagen die Bestätigung, mit der man dann ins Land darf. Dauert halt ein bisschen, geht aber.

Lustiger ist das Permit. Das kostet für die Philia 49,85€. Wenn man im Internet danach sucht, wo man das bezahlen kann, findet man immer nur einen Weg über eine Agentur, die zwischen 55 und 68 € Bearbeitungsgebühr verlangt. Und zwar findet man immer dieselbe Agentur. Wer sich da wieder bereichert?

Der andere Weg ist es, sich einen Hafenkapitän zu suchen, der kann das auch mit dem Permit. Hafenkapitäne sind aber rar und scheu. In Tisno sollte es einen geben. Also lege ich mit um 8, zu seinem Dienstbeginn, auf die Lauer. Zur Abwehr von Kunden lässt er es pünktlich zu regnen beginnen. Nach 20 min gebe ich auf und bin dann halt ohne Permit unterwegs.

Zur Sicherheit rufe ich bei der Zentrale in Sibenik an. Sehr freundliche Auskunft und der Hinweis, dass das Hafenamt dort täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet hat. Vielleicht passt es ja einmal.

Und ja, es passt einmal. Ich suche das Amt, dass sich hinter vielen Bars versteckt und schrecke den Kapetanija aus seinem Sofa hoch. Er wirft sofort seinen PC an und tippt hektisch darauf herum. Enttäuschtes Gesicht, Anruf bei einem Kollegen, Suche nach Netzwerkkabeln unter dem Tisch, immer noch enttäuschtes Gesicht. Die Verbindung zwischen PC und Bankomatkasse funktioniert heute nicht. Da ich das Permit aber bargeldlos bezahlen muss, kann ich es eben nicht bezahlen. „Ich könnte ja morgen wieder kommen.“ Ob dann die Kassa funktioniert, ist nicht gewiss, aber es ist zumindest wer anderer zuständig. Auch eine Option.

Kurz bevor ich Kroatien wieder verlasse, ein weiterer Versuch in Tisno. Ha, die Fenster zur Kapetanija sind geöffnet. Ja, heute wird das was. Wieder PC und dann wieder der Bankomat. Der funktioniert, hat aber eine besondere Hürde eingebaut: Bei jedem Bezahlvorgang, werden die Ziffern am virtuellen Ziffernfeld neu angeordnet. Muskel-Erinnerung geht da einfach nicht – aber kenn ich meinen Code auswendig? Nein, eben nicht. Also auf einen Zettel ein Nummernfeld aufgekritzelt, dort dann meine Muskeln spielen lassen und den Code ablesen. Das dann in den Bankomaten eingeben – funktioniert. Das alles unter den wachen Augen des Kapetanija.

Warum das so kompliziert ist? Na, damit kein böser Bube die Codes „ablesen“ kann. An sich eh gut, aber der „böse Bube“ ist hier der Hafenkapitän …

Kroatien halt.

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Frühlingsbeginn


Schon zeitig im März geht die erste Reise nach Tisno zur Philia. Mit dabei ist wieder einmal eine 3seitige To Do Liste: Die Motorinstallation ist noch nicht fertig, da fehlt noch das Bedienpanel im Cockpit. Der Autopilot muss überprüft werden, der ist einfach zu wichtig. Von der Motorkühlung sind die Leitungen zum Boiler zu verlegen, sonst gibt es kein Warmwasser. Warmes Wasser soll es auch bei der Heckdusche geben, die Leitungen sind schon eingezogen, jetzt fehlen noch die Anschlüsse und die Armatur. Ach ja, und im Süßwasser zu sparen, wollen wir einen Salzwasseranschluss in der Küche haben. Dazu muss nur ein Loch in den Rumpf gebohrt werden – wenn es sonst nichts ist 😉

Und ja, das Antifowling, also der Unterwasseranstrich muss erneuert werden. Dazu muss Philia an Land geholt werden. Das geht hier am besten in der Werft in Sovje. Die ist kostengünstig und man darf alle Arbeiten selbst durchführen. Kostet zwar Zeit, spart aber eine Menge Geld. Für das letzte Antifowling samt Rumpfpolieren war der griechische Freundschaftspreis 1.300 €. So kostet es einen wehen Rücken und 500 € für das Material.

Insgesamt bin ich da gut 9 Tage beschäftigt, inklusiver der Überstellungsfahrt in die Werft von je 3 Stunden. Aber immerhin, ich bin mit dem Schiff unterwegs, kann den neuen Motor und den neuen Propeller erproben.

Wenn dann noch alles geputzt und aufgeräumt wird, dann ist das Schiff fertig für die nächsten Aufgaben. Da gibt es einen Trainingswoche samt FB2 Prüfung und dann gleich der Überstellungstörn nach Korfu. Spannend wird es auf alle Fälle wieder.

Neuer Faltpropeller: Weniger Widerstand, mehr Geschwindigeit. Und schön ist er auch
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Pläne / Ideen / Visionen

Die Pläne von Seglern sind immer sehr unsicher. Passt der Wind, passen die Wellen, ist das Schiff in Ordnung, passt auch sonst alles?

Klar, dass das alles nicht für längere Zeit vorhersehbar ist. Man kann vielleicht noch die Orte planen, bei denen man vorbei kommen will. Die Zeitpunkte sind da schon bedeutend schwieriger, besonders, wenn man nicht immer im selben Revier unterwegs ist.

Wir wollen aber „wohin“ kommen, unterschiedliche Küsten und Inseln besuchen. Was uns da alles unterkommt, kann sich nur entwickeln. Dennoch gibt es zumindest für den Anfang einen guten Ausblick:

Philia steht zur Zeit noch in Tisno (Murter, Kroatien). Dort wird sie zunächst für eine Woche als „Fahrschulschiff“ dienen. Sophie, Felix und Magdalena werden für den FB2 (Segellizenz) trainieren und kurz vor Ostern – hoffentlich – die Prüfung bestehen. Sobald das erledigt ist, wird Clemens an Bord kommen, Sophie und Felix das Schiff verlassen.

Zu Dritt also – Magdalena, Clemens und Jörg – soll Philia in den darauffolgenden Tagen nach Corfu gebracht werden. Und da wird die Sache schon spannend: Magdalena muss am Mittwoch in der Früh im Flieger nach Wien sitzen, Clemens am Donnerstag in der Früh „sein“ Charterschiff in Gouvia übernehmen, und am Donnerstag Abend kommt dann Susi und Andrea zu mir auf’s Schiff.

400 Meilen, 3 Tage – mindestens

Problem dabei: Ungünstige Südwinde können die Passage, immerhin fast 400 Meilen für fast eine Woche unmöglich machen. Wir haben aber nur 8 Tage Zeit. Andererseits kann die ganze Strecke auch in weniger als 3 Tagen erledigt sein.

Zum Glück ist Kroatien mittlerweile Teil von „Schengenland“. Damit spart man sich viel Zeit für die Abwicklung der Grenz- und Zollformalitäten. Im Prinzip könnte man auch von Tisno nach Corfu in einem Zug durch fahren, ohne bei einer Behörde vorbei zu schauen.

Und was danach kommt, ist ungewiss:
Zunächst wollen wir im Ionischen Meer unterwegs sein. Da ist der Charterwahnsinn noch nicht ausgebrochen, also vergleichsweise wenige Schiffe unterwegs. Da wollen wir gemütlich nach Süden bummeln, in Ithaki vorbei schauen – nicht nur wegen der Wäscherei. Ganz toll wäre es in Zakythos Meeresschildkröten bei der Eiablage beobachten zu können. Ob das gelingt?

viele Kurven und Abzweigungen im Jahr 2023

Da der Kanal von Korinth wieder einmal geschlossen ist, wird uns der weitere Weg rund um den Pelopones führen. Und dann träumt Susi von Milos. Das ist dann aber auch schon der letzte Fixpunkt der Reise. Dann könnten wir durch die Kykladen nach Norden, wieder südlich an Euböa vorbei und wieder in die Nördlichen Sporaden.
ODER
Wir halten uns genau nach Osten, erreichen Kos und fahren dann nach Norden in den Dodekanes
ODER
Wir machen irgendwas in der Mitte

Man wird sehen, was das Jahr für uns bereit hält. Komm doch einfach mit.

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Das Jahr beginnt

In diesem Abschnitt findest Du

  • was wir im Winter so mit Philia angestellt haben
  • einen Zwischenstopp an Land
  • Philia als Schulschiff
  • den langen Weg zurück nach Griechenland
  • erste Besucher bei uns zu Gast im Ionischen Meer
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Tisno

Tisno ist ein kleiner Ort an der Stelle, an der die Insel Murter mit einem kaum 20 m breiten natürlichen Kanal vom Festland getrennt ist. Im Sommer soll da einiges los sein, davon merken wir aber wenig. Schon jetzt, Anfang Oktober, sind viele Geschäfte und Lokale geschlossen. Am Campingplatz ist kaum mehr wer da, da wird nur mehr zusammengekehrt.

Wir sind neu in der Marina, sind aber bald von den anwesenden Skippern in das Leben integriert. Alle sind hilfsbereit und freundlich. Wenn du was brauchst, kennt sich sicher wer aus. Entweder war das (früher) sein Beruf, oder er hat das auch schon einmal erlebt. Sehr schön!

Wir räumen unser Schiff innen auf, bereiten es auf den Besuch von Susi’s Mutter und Magdalena samt Jolly (das Hundetier) vor. Die kommen nämlich heute Nachmittag mit dem Auto, damit wir einen Transport nach Hause haben. Magdalena bekommt dafür noch eine Trainingsausfahrt verpasst. Sie will im nächsten Frühjahr den FB2 Schein (Führerschein für das Boot) machen.

Wir nehmen uns am Nachmittag die Zeit, legen ab und motoren aus der Bucht. Im freien Wasser wird dann geübt: MOB Manöver. Eine recht komplexe Abfolge von Manövern mit dem Ziel eine über Bord gegangene Person wieder aufzufischen. Da wird viel an den Leinen gezogen, Segel verstellt, am richtigen Punkt alle Leinen los gelassen, so dass das Schiff genau neben der Person – wir nehmen aber lieber eine Boje – zum Stillstand kommt. Geht ganz gut.

Als wir kurz vor der Marina Pirovac sind, werfen wir wieder den Motor an. Da sollen noch ein paar Anlegemanöver geübt werden. Mir fällt auf, dass der Motor eine sehr niedrige Leerlaufdrehzahl hat, ungewöhnlich nieder – und er nimmt auch das Gas schlecht an. Muss ich mir einmal ansehen.

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Nach den Manövern wird im Abendlicht wieder zur Bucht von Tisno aufgekreutz. Dort wieder Segel weg und Motor an. Die eine Meile geht so schneller. Außerdem wird es gleich dunkel. Gute Stimmung an Bord, alles passt.

Passt nicht: plötzlich und ohne Vorwarnung bleibt der Diesel stehen. Ein Diesel bleibt aber niemals stehen! Wenn ein Diesel einmal läuft, dann so lange, bis der Treibstoff verbraucht ist! Die beiden Startversuche bleiben erfolglos ☹. Guter Rat ist teuer: Kein Wind, kein Motor, 300 m bis zum Ufer. Ich checke die Wassertiefe: 8 m. Ankern müsste also gehen. Aber wie kommen wir da weg und in die Marina? Freunde muss man haben!

Ich rufe Julian an, die einzige Nummer, die ich schon habe, und schildere die Situation. „Bitte organisiere ein Boot, dass uns in die Marina schleppt“. Julian sprintet los zu Nicola, dem Marina Chef und bittet um Unterstützung. Nicola ist alles andere als glücklich, er wollte eigentlich gerade ins Bett – „aber muss helfen“. Er startet sein großes Fischerboot und tuckert zu uns los. Nahezu wortlos bindet er uns mit einer recht kurzen Schnur fest und es geht langsam zurück in den Hafen. Dort erwarten uns schon alle am Steg. Das Boot wird mit vereinten Kräften noch umgedreht, Heck zum Steg, und festgemacht.

Und jetzt?
Fritz, ein ehemaliger Pannenhelfer, bietet an, sich die Sache morgen anzusehen. Das macht er dann auch. Motor händisch durchdrehen – geht, mit dem Anlasser durchdrehen – geht. Kann also nicht ganz so wild sein. Dann das Öl prüfen – nur Öl, kein Wasser, dann einen Finger in die Kühlflüssigkeit – Mayonnaise = Öl im Kühlwasser, gut verquirlt. Und eine dunkle Ahnung beschleicht Fritz und mich:

Zylinderkopfdichtung kaputt! Das Teil gibt es um wenig Geld zu kaufen, aber um es zu wechseln, muss man den halben Motor zerlegen. Was bleibt mir übrig? Die Damen werden auf Besichtigungstour geschickt und ich mache mich ans Werk. Schrauben öffnen ist ja nicht sooo schwierig, auch ohne Anleitung gelingt das ganz gut. Aber das Ding wieder zu montieren??

Ob der jemals wieder läuft – sollte zu schaffen sein!

Fritz kennt wen, der wen kennt und der könnte uns weiterhelfen. Also packt Fritz den abmontierten Zylinderkopf in sein Auto. In Wien werde ich ihn wieder sehen, den Zylinderkopf und Fritz. Wir beide sind zuversichtlich und Fritz will sogar im November, wo ich Zeit für den Motor habe, auch noch einmal nach Tisno kommen. Wenn der Motor zurück ins Leben kommt, da will er dabei sein! Schön, dass es Freunde und eine gute Gemeinschaft der Segler gibt.

Die letzten beiden Tage sind dann für Philia reserviert. Da wird das Schiff dann winterfest gemacht, die Festmacherleinen mit Ketten vor dem Schaben an Betonkanten geschützt, Gummiwürste werden in die Leinen eingebunden, damit das Schiff nicht so ruckt – das mögen die Klampen nicht so sehr. An das Heck kommen vier Leinen, statt sonst nur zwei, und am Bug sind 3 verschiedene Mooringleinen befestigt. So sollte Philia jeden Wintersturm aushalten.

Und dann kommt das Wichtigste: Segel herunternehmen und fachgerecht falten. Die kommen dann über den Winter wieder ins Boot. Bimini und Sprayhood werden demontiert. Die Stoffe kommen auch ins Schiff. Alle Taue werden entweder abgenommen oder zumindest so verstaut, dass sie möglichst trocken bleiben.

Am letzten Morgen werden die Matrazen hochgestellt, damit Luft auch auf die Unterseite kommt. Zwei Luftentfeuchter werden aufgestellt. Zu guter Letzt wird aus der Backskiste noch eine Plane hervorgezaubert, die da gesamte Cockpit abdeckt. Jetzt schaut Philia richtig nach Winterschlaf aus.

bis bald – versprochen!

Der wird nicht lange dauern, denn Anfang November will ich wieder da sein. Da gibt es einiges zu tun: Den Motor zusammenbauen, eine Heizung einbauen – das sind die großen Projekte. Und dann gibt es noch ein paar kleinere: Susi wünscht sich Warmwasser bei der Heckdusche, und ich will endlich sehen, ob die Idee mit den neuen Fensterscheiben auch tatsächlich umsetzbar ist. Ich werde jedenfalls berichten.

Anfang März kümmere ich mich dann in einer nahen Werft um den Unterwasseranstrich – und dann werden wir die Träume für unsere längste Segelsaison in die Tat umsetzen. Fixiert ist jetzt schon, dass Philia in der ersten Woche im April als Schulschiff fungiert. Da wird für die Segellizenz trainiert und dann sogar die Prüfungsfahrten damit unternommen! Und Mitte April geht es wieder in Richtung Süden.

Ich wünsche allen, die uns auf dieser Reise begleitet haben eine schöne Zeit und hoffe, dass ihr nächstes Jahr wieder mit dabei seid.

Eine Bitte hätte ich noch:

Ich hätte gerne Feedback über diesen Blog. Ich weiß ja nicht, wer das liest, wie intensiv und warum? Ich weiß nur, dass bisher mehr als 170 verschiedene IP-Adressen (Endgeräte) auf diese Seiten zugegriffen haben. Und dass die meisten Zugriffe am Donnerstag und Freitag erfolgen – ich hoffe, nicht noch in der Arbeitszeit 😊


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Alles Liebe und einen schönen Winter,
Susi und Jörg

SV Philia

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Home run

Jetzt treibt es uns immer mehr „nach Hause“. Immerhin sind wir in vertrauten Gewässern und freuen uns auch auf ein nahes Ende – so sehr wir die letzten 13 Wochen auch genossen haben.

Für ein Frühstück in Vinisce ist aber schon noch Zeit. Dann lockt uns der Wind hinaus auf’s Meer. Zwischen den Inseln weht er wenig und natürlich ungünstig. Sobald wir in freieres Wasser kommen setzen wir die Segel und – ja, es ist kein „Fahren“, mehr ein Balance Akt. Wieder steht der Wind so, dass wir unser Wunschziel nur erreichen können, wenn wir mit Philia ganz achtsam umgehen, jede noch so kleinen Winddrehung ausnützen, um in die richtige Richtung zu kommen und das Schiff in Fahrt zu halten.

Bis Rogosniza ist am Meer wenig los. Bei der Ausfahrt von Rogosniza ist es aber betriebsam wie vor einem Bienenstock. 12 Schiffe fahren gleichzeitig aus dem Hafen aus. Fast alle sind vom gleichen Typ, fast alle fahren in die gleich Richtung. Schaut aus wie eine geführte Tour, Flottillenfahrt heißt das im Prospekt der Verchaterer. Wäre nichts für uns. Wir fahren ohnehin höher am Wind um in Richtung Zirje zu kommen. Entspanntes Segeln mit doch einer Aufgabe dabei und gutem Fortschritt.

An der Südost Ecke von Zirje gibt es eine große Bucht, Veli Stupica, in der viele Bojen verankert sind. Da wird sich doch eine für uns finden. Und so ist es dann auch. Kurz nach 2 machen wir fest und vertrödeln den Tag in der herbstlichen Sonne. Auch was Schönes.

Zu unserer Unterhaltung kommen mehr und mehr Boote, bis am Abend 35 Schiffe hier versammelt sind. Nicht allen gelingt das Bojenmanöver auf Anhieb. Es gibt halt geschicktere und ungeschicktere, oder erfahrenere und unerfahrenere Skipper. Bei den ungeschickten, unerfahrenen gibt es dann was zum Lästern und Kichern. Da wird zuviel Gas gegeben, nicht gegen den Wind angefahren, der Bootshaken versenkt, … Waren wir auch einmal so?

Am Abend gibt es bei uns, zur langsamen Gewöhnung an Österreich, einen Kaiserschmarren. Dabei fällt auch, dass sich unsere Vorratslager zwar langsam leeren, aber immer noch Futter für mindestens 6 Wochen da ist. Was verderblich ist, wird in den nächsten Tagen verbraucht oder muss mit nach Wien. Der Rest kann über den Winter am Schiff bleiben. Außerdem brauchen wir noch etwas Vorrat, für die ca. 2 Wochen die ich im November für Wartungs- und Verbesserungsarbeiten am Schiff sein will.

Der nächste Morgen beginnt, wie der Abend geendet hat: windarm. Wir wollen aber trotzdem weiter und fahren schon um ½ 10 los. Wind nur in Ansätzen, dann wieder ein bisschen. Wenn die Segel ziehen, experimentieren wir mit ihnen herum. Etwas mehr Spannung in den Tauen, den Holepunkt versetzen, … steigt die Geschwindigkeit schon? Zum Schluss schaffen wir aus 3,2 kt wahrem Wind (das ist der, den man an Land spürt, also ohne Fahrtwind) 2,7 kt Geschwindigkeit heraus zu holen. Wieder was gelernt. Da der Wind aber nicht sehr konstant ist, haben wir heute auch nochmal das Segelsetzen und -bergen geübt. Insgesamt haben wir fünfmal von Segeln auf Motor und wieder zurück umgestellt – und das auf einer Strecke von kaum 16 Meilen.

Als wir das Leuchtfeuer Prisnjak passieren, kommt uns das vor, als würden wir nach Hause fahren. Das Leuchtfeuer steht kurz vor der sehr flachen Einfahrt nach Murter. Flach, heißt in dem Fall 2,5 m tief – aber nur in der Mitte – und sehr breit ist sie auch nicht. Dazu kommt dann eine Menge Gegenverkehr, da im Bereich rund um Murter 3 Marinen voller Charterbooten liegen. So oft, wie wir da aber bisher schon gefahren sind, bei Tag und bei Nacht, ist aber auch das keine wirkliche Herausforderung.

Dann wird es aber spannend: wir müssen weiter in die Bucht von Tisno, und die ist eigentlich recht seicht und uns unbekannt. Dazu kommt noch, dass das Tabet, das wir zur Unterstützung ins Cockpit mitnehmen, gerade keinen Strom hat. Am Ende der Bucht ist eine kleine private Marina wo Georgi und Julian von der Tast*Life auf uns warten. Diese Marina ist fast so was wie eine Feriensiedlung, jeder kennt jeden, jeder hilft jedem. Und neues Mitglied in der Gemeinschaft, wird man fast nur über Einladung und wir wurden von Taste*Life eingeladen und den Besitzern bekannt gemacht.

Also, ein letztes Anlegemanöver, Leinen fest machen, Motor aus.


Hinweis: das ist nicht das Ende der Berichte. Bitte weiter neugierig bleiben und nachsehen, was noch kommt.

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Der Tag danach

Aufwachen in Vis – gut. Aber da ist noch was zu erledigen. Das Projekt heißt „Einklarieren“, also die Einreise und Zollkontrolle. Bei einem Schiff ist das ein wenig komplizieter als auf der Straße. Um überhaupt an Land zu kommen, muss ich zuerst das Dinghi aufblasen. Bei dem großen Dingh und unserem kleinen Deck nicht ganz einfach, aber doch rasch erledigt. Wegen des weiten Wegs durch den ganzen Hafen beschließe ich, den Außenbordmotor zu bemühen. Der ist ohnehin schon seit vielen Wochen nicht mehr gelaufen. Das zeigt er mir auch beim Anstarten. Da lässt er sich ein wenig bitten.

Am anderen Ende des Hafens einen Anlegeplatz für das Dinghi suchen, und dann den Hafenmeister, meine erste Anlaufstelle. Trotz Nachfrage bei einigen Leuten werde ich nicht fündig, bis – ja bis er mir höchstselbst über den Weg rennt. Den Weg in sein Büro über der Touristeninformation hätte ich nie gefunden. Hinter das Haus, durch einen Gastgarten, eine kleine Treppe hinauf und dort, dann.

Ein bisschen Bürokratie, Schiffspapiere herzeigen, ein langes Formular am Computer befüllen, 375 Kunar (so um die 50 €) „Leuchtfeuergebühr“ bis zum Jahresende, Crewliste in dreifacher Ausführung, ein paar Stempel. Erledigt. Der nächste Weg ist auf die Polizei. Der Hafenmeister erklärt mir noch was mit Fußgängerzone und „fruit market“. Wird sich doch finden lassen.

Ich tipple also los und frag zur Sicherheit einen Einheimischen: „One Kilometer, in Kut“ Kut, das ist der Ort am anderen Ende der Bucht. Irgendwas passt da nicht. Da kommt mir der Zufall zu Hilfe. Ich seh, wie ein Polizeiauto die Schranke zur Fußgängerzone öffnet, verstecke mich hinter einer Palme und werfe mich dann vor das Polizeiauto.

Nein, so war’s nicht. Ich hab der netten Polizistin gewunken, sie ist stehen geblieben und sie hat mir das dann erklärt: „straight, fruit market, Pizzaria“. Na dann. Dort angekommen ist tatsächlich ein Polizeikammerl, mit einer Telefonnummer an der Türe. „please call telefon number“ Auch gut, in 5 min ist der Polizist da und beginnt mich „amtszubehandeln“. Also er will die Pässe sehen, fragt ganz unverbindlich, wie lange ich schon in Kroatien bin – jetzt keinen Fehler machen, sonst wird es teuer. „Seit gestern späterer Abend“. Die Kroaten sind da ein bisschen pingelig bei den Schifferlfahrern. Dann wird ewig in den Computer getippt, mit lautem Knallen ein Stempel auf’s Papier gehauen. Das war’s. Wir sind eingereist und ich kann die gelbe Flagge wieder runternehmen und wegräumen.

Zurück am Schiff gibt es ein Frühstück mit frischem Brot, dass mir „zufällig“ in die Tasche gesprungen ist. Ein entspannter Tag beginnt. Erst wenige, dann immer mehr Schiffe drängen aus dem Hafen. Draußen sehen wir sogar schon einige mit Segel. Na , das mach ma auch. Wir sind ja schnell abfahrtsbereit und dieseln aus der Bucht von Vis. Draußen ein netter schwacher Wind, gerade genug um uns anzutreiben. Leider passt die Richtung nicht, wir fahren viel zu weit östlich und wollten lieber westlich fahren.

Andere Segler finden da Wetter auch lustig. Wir zählen 70 (!) Schiffe, bei einem Rundumblick. Im ionischen Meer waren das 15, in der Ägäis hatten wir einen Tag, wo wir ein einziges anderes Schiff gesehen haben. Was hier aber auffällt ist, dass diese 70 Schiffe nur am späteren Vormittag zu sehen sind. Schon um 2 Uhr sehen wir nur mehr 12. Alle anderen haben sich schnell in eine Bucht verkrochen, damit sie noch einen Platz in der Marina oder an einer Boje bekommen. Gerade aber am Nachmittag gibt es hier meist den besten Wind, den Maestrale, der parallel zur Küste bläst. Seltsame Leute, diese Charterskipper!

Irgendwann hat der heutige Wind eine Einsicht und stellt um. Nur ein schmales Flautenband trennt die Gebiete mit N und W Wind. Jetzt passts, aber Haarscharf. Hart am Wind gleiten wir dahin, immer bedacht, den Wind aus dem richtigen Winkel zu haben. Gehen wir zu sehr in den Wind, reagiert Philia lustlos oder bleibt gar stehen. Gehen wir etwas weniger hart an den Wind, 10° reichen da völlig, rennt sie freudig los. ABER: wenn wir 20° weniger machen, oder der Wind dreht sich ein wenig, dann schaffen wir die Einfahrt zu unserem Ziel nicht mehr. Es wird also ein Tag des konzentrierten Schwachwindfahrens. Macht aber auch Spaß, wenn man dann sieht, dass der Kurs genau zwischen zwei Inseln hindurch passt, ganz so wie schon seit 3 Stunden erhofft und angepeilt 😊.

Das Tagesziel heißt Vinisce, eine tief eingeschnittene Bucht, die bei nahezu jedem Wind sicher ist. Diesmal enttäuscht sie uns ein bisschen. Es sind zwar nur 3 weitere Schiffe da, aber es steht eine Welle in die Bucht – wo kommt die eigentlich her in einer windstillen Nacht – und trifft uns genau von der Seite. Und dann beginnt Philia mächtig zu rollen.

Das wird keine ruhige Nacht.

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Der große Sprung

Ich habe den Wecker auf meinem Tablett gestellt. Kaum läutet er, husche ich leise aus dem Bett. Türe möglichst zu, um Susi noch ein paar Minuten zu schenken. Schnell in mehreren Schichten warm anziehen. Das Thermometer zeigt 15° – innen. Außen kommt dann Feuchtigkeit und Fahrtwind dazu. Also lieber eine Schicht mehr. Strom abstecken, die Leinen so vorbereiten, dass man trotz Morgendusel beim Ablegen nichts falsch machen kann. Pasarella hoch ziehen und festbinden.

Dann gehe ich wieder ins Schiff, um Susi zu wecken. Da fällt mir auf, dass die Borduhr 03:25 Zeit! Ich checke das mit meiner Armbanduhr – auch 03:25. Was ist da los? Klar, das Tablet ist noch auf griechische Zeit eingestellt, und die sind den Italienern um eine Stunde voraus. Und was mach ich jetzt? Ausziehen und niederlegen? Wegfahren? Ich entscheide mich für’s Wegfahren – und zwar solo. Nicht dass ich Susi augenblicklich über Bord werfe, aber ich lasse sie im Bett. Es ist überhaupt kein Wind und viel Platz. Außerdem ist niemand da, den ich stören könnte.

Motor starten, Navigationslichter einschalten, Bugleinen lösen, Heckleinen lösen und ich schleiche durch den Hafen, im Leerlauf und ganz langsam. So habe ich Zeit die Umgebung zu prüfen und könnte jederzeit abbremsen oder ausweichen. Am Tablet ist noch unsere Spur vom Hereinfahren gespeichert. Der fahre ich einfach nach, bis ich zwischen den beiden Leuchtfeuern der Hafeneinfahrt bin. Was ich schon im Hafen gehört habe, laute brechende Wellen, zeigt sich jetzt auch. Also es zeigt sich eigentlich nichts, denn es ist stockdunkel, aber ich spüre die hohen Wellen vor der Einfahrt. Sobald wir in tiefes Wasser kommen, wird sich das ein wenig beruhigen. Vor mir liegt das Meer, hinter mir die Stadt Vieste und Italien, und in der Bugkabine liegt Susi. Sie muss sich eine neue Schlafposition suchen, denn der Bug ist der Ort, der sich bei einem Schiff am meisten bewegt.

Wenn ich zurückschaue, sehe ich den Leuchtturm, der mit seinem Lichtfinger den Seefahrern den Weg weist. Wenn ich nach vor schaue, sehe ich aber auch einen Lichtstrahl der sicher nicht von Vieste kommen kann. Palagruzza? Palagruzza ist eine Insel auf halbem Weg nach Vis, schon kroatisch. Natürlich gibt es dort ein Leuchtfeuer, aber das sieht man „nur“ 14 Meilen weit und wir sind fast doppelt so weit entfernt. Kann das wirklich Palagruzza sein? Muss es! Da zeichnet sich der Lichtstrahl in den niedrigen Wolken ab, lange bevor ich das Feuer sehen kann. Gut, dort muss ich also hin.

Ich hab mit Susi vereinbart, dass die Segeln drinnen bleiben bis es hell ist. Daher die ersten Stunden Motorfahrt, außerdem ist der Wind eh zu schwach. Durch meinen Fehler mit dem Wecker, heißt das jetzt eine Stunde länger Lärm machen – na, soll sein. Ich wechsle häufig von oben nach unten. Oben, im Cockpit schaue ich, ob ich die Lichter andere Schiffe sehe. Ja eines, so hell wie das ist, ist das wahrscheinlich eine Passagierfähre und die ist schnell und weit weg – keine Gefahr.

Unten schaue ich auf den Kartenplotter, die elektronische Seekarte. So ähnlich wie das GPS im Auto, aber mit mehr Funktionen. Eine ist das Radar, dass mir alle Schiffe zeigt, die sich im Umkreis von 12 Meilen herumtreiben. Regen könnte es mir auch zeigen, aber da ist keiner. Und dann ist da noch das AIS = automatic identification system. Da senden die Schiffe Daten über ihren Kurs und ihre Geschwindigkeit aus. Mein Gerät zeigt die Position der Schiffe am Kartenplotter an. Außerdem, und das ist der eigentliche Sinn der Sache, berechnet es, welche Schiffe mir wann wie nahekommen. Ist es zu nahe, gibt es einen Alarm. Sehr sehr praktisch, besonders bei Nacht oder bei schnellen Schiffen. Die Schnellfähren sind immerhin mit 26 kt unterwegs, Da abzuschätzen, ob sie vor oder hinter mir vorbei fahren werden, und  wie nahe sie mir dabei kommen, ist schlichtweg unmöglich. Die Daten und ein wenig Mathe und das Rätsel ist zuverlässig gelöst.

Mond ist heute keiner mehr zu sehen, an den Sternen erkenne ich, dass die Wolken weniger werden – gut so! Und dann zeigt sich ein erster Schimmer am Horizont. Jaaa, ich weiß, bis die Sonne tatsächlich kommt, dauert es noch ewig. Aber irgendwann ist es dann so hell, dass ich das Meer rundum gut erkennen kann: Die Wellen haben „normale“ rundeFormen und angenehme Höhen angenommen und der Wind hat auch zugelegt, ein bisschen, genauso wie wir das wollten. Kurz vor Sonnenaufgang setze ich die Segel – ich sagte „wenn es hell wird“, also darf ich. Inzwischen ist Susi zu mir ins Cockpit gekommen, schaut sich den Sonnenaufgang an und schleicht wieder in die Kajüte.

Und wir gleiten lautlos über das Meer. Schön wär’s. Klar, der Motor macht keinen Lärm, aber wenn sich Wellen in den Weg stellen, werden die von Philia geteilt. Dann spritzt es heftig. Jedesmal wenn höhere Wellen und Philia in Streit geraten, gibt es ein heftiges Aufklatschen des Rumpfs auf das Wellental. Das macht richtig Krach und kostet jedesmal 1 bis 1,5 kt Geschwindigkeit. Trotzdem läuft Philia mit gut 5 kt ganz stabil ihre Bahn, selbst der Autopilot hat wenig zu tun. Sehr fein! Und im Dunst vor uns sehen wir schon Palagruzza, und hinter uns noch Italien. Wir haben also nicht das Gefühl am offenen Meer ganz alleine zu sein, sondern wir fahren von Land zu Land.

So zwei Stunden vor Palagruzza wird es spannend: Wir überqueren eine Schnellstraße für schwimmende Schwerfahrzeuge. Normalerweise müssen die den Seglern ausweichen, ja die großen machen das wirklich. Dass sie uns am AIS sehen, hilft natürlich sehr. In der Schnellstraße, eigentlich heißt das „Verkehrstrennungsgebiet“ müssen aber wir den anderen die Vorfahrt lassen. Und da sind so einige unterwegs heute. Bis auf 350 m, 1 1/2 Rumpflängen von den Großen, kommen sie uns nahe. Sieht nicht sehr gemütlich aus, wenn so ein Containerschiff direkt auf einen zukommt. Kompass Radar und AIS beruhigen uns aber wieder.

Vor lauter Großschifffahrt haben wir nicht bemerkt, dass die Wellen immer weniger geworden sind. Hauptsächlich Dünung kommt noch vorbei. Dünung, das sind die langen runden Wellen, die uns langsam emporheben und sanft wieder absetzen. Wobei „empor“ ist relativ. Unsere Dünung ist kaum ½ Meter hoch. Gut so, denn das stört Philia nun nicht mehr und die Fahrt steigt auf fast 6 Knoten an. 6 Knoten, Sonnenschein, kaum Welle, eine Stunde Vorsprung – wozu so eine Zeitumstellung auch gut sein kann – herrlich. So kann es noch lange weiter gehen.

Palagruza: 1 Felsen, 1 Leuchtturm, 1 Mobilfunkmast

Palagruzza zieht vorbei, die ersten Umrisse von Vis werden erkennbar, Italien verschwimmt im Dunst. Zeit für ein Mittagessen. Nudelsalat wird es. Bei dem Schwankenden Schiff und konstant 15 ° Schräglage nicht ganz einfach, aber gut machbar. Irgendwie rechnet mein Hirn die Schräglage weg, nur die Bodenhaftung hält mich nicht immer am Platz. Und das Hantieren mit Wasser ist gefährlich, besonders mit heißem. Das folgt nämlich nicht dem zurechgerechneten Raum, sondern immer noch der Schwerkraft. Das rinnt dann eben woanders hin als man vorhat.

Wir genießen unbeschwerte Stunden im Cockpit, ich mach mal eine Schlafpause in der Kajüte – immerhin bin ich schon seit 3 Uhr wach und der Tag wird noch dauern. Der Plotter berechnet eine Ankunftszeit im Hafen von Vis für 18:30 – vorausgesetzt, wir können die Geschwindigkeit halten. Und bis wir an der Südost-Ecke von Vis angekommen sind, gelingt das auch – unglaubliche 5,3 kt Durchschnittsgeschwindigkeit über fast 60 Meilen! Im Windschatten der Insel nimmt der Wind ab, so dass wir kaum 3,3 kt fahren können. Da kämen wir in die Dunkelheit, was in einem fremden Hafen nicht so fein ist. Wir nehmen wieder den Diesel zur Hilfe. So erleben wir genau vor der Einfahrt in die Bucht, wie die Sonne wieder im Meer verschwindet. Punktlandung!

Punktlandung, gleich nach der Landzunge ist die Einfahrt nach Vis

Kurz vor dem Ort Vis kommt ein Motorboot auf uns zu: „Both Marinas are full, no space for more boats. Go to a buoj“ Unser Hinweis, dass wir unter der kroatischen Flagge auch die gelbe Flagge führen, also erst einklarieren (einreisen) müssen und daher zur Zollmole fahren müssen, wird ignoriert. „There is no customs pier, since years“. Nun denn, eine Nacht an der Boje ist auch nicht schlecht, es sind ja genügend frei. Wir werden das morgen beim Hafenmeister und der Polizei schon klären können. Das Manöver die Boje zu „fangen“ und Philia fest zu machen gelingt wie im Bilderbuch.

Angekommen – fertig – Pause und 10 Stunden schlafen

Mindestens!