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Nur nach Skyros

Um 5 klingelt der Wecker, und wenn der das am Schiff tut, ist immer was besonderes los. Heute steht eine dringende Abfahrt an. Jetzt kann ich mir einen Zeitpolster holen, falls die Fahrt nach Skyros doch nicht so schnell wird wie ich mir das wünsche. 10 bis 12 Stunden soll die Reise dauern, und damit komme ich noch bei guten Tageslicht im geplanten Hafen an.

Der ist allerdings etwas speziell: Man hat eine Marina gebaut, die nie fertig wurde, und die Anfahrt ist nur in windarmen Zeiten gut möglich: Zwischen Felsen 3 x 90° Kurven, keinerlei Navigationshilfen wie Tonnen oder Lichter. Bei Dunkelheit absolut unmöglich, also rechtzeitig da sein!

Die so gefürchtete Kafireas Straße zeigt sich lieblich. Windstill und kaum Wellen, auch für die Gegenströmung, das kann bei Meltemi bis zu 7 kt sein, schläft heute. Ich beschleunige Philia auf 6 kt, was der Motor bei nur 2000 Umdrehungen locker schafft. Bis zu 3200 könnte er, will ich aber nicht – wozu auch. Nach kaum einer Stunde setzt brauchbarer Wind ein. Genau von hinten, 15 kt. Da bleiben dann nach Abzug aller Taxen 5 kt Fahrt übrig. Auch die Windräder auf Euböa, mehr als 70 habe ich gezählt, nehmen die Arbeit auf. Also, Genua heraus! Das Großsegel bekommt heute nichts zu tun, das würde nur stören.

Bis zum Ende der Straße nimmt der Wind immer mehr zu und erreicht sogar 30 kt, am Schiff spürt man immer noch 24 davon – weil ich dem Wind ja davon fahre. So viel wollte ich eigentlich nicht, aber Philia rauscht mit 6,5 bis 7 kt dahin. Schnell, richtig schnell. Wenn ich geahnt hätte, was heute noch an Höchstgeschwindigkeit dazu kommt …

Sobald sich die Kafireas Straße öffnet, nimmt der Wind wieder etwas ab und gut ist’s. Philia pflügt friedlich dahin. Vor mir liegt die Ostecke von Skyros und im Lee wird es sicher angenehm werden. Eine Reise um einfach zu genießen – so schön kann segeln sein.

Schon um 14 Uhr bin ich an der Ostecke angekommen. Was mich da verwundert ist, dass da plötzlich auch Wellen sind, die so um die 45° aus einer andern Richtung kommen. Unerklärlich woher. Jedenfalls wird das Wasser sehr kabbelig und Philia taumelt dahin. Auch der Wind nimmt langsam zu, aber das kann ja bei einem Kap immer gut sein. Mach ich halt die Genua kleiner und es geht dann schon.

So biege ich ab, um im Lee die Küste entlang zu fahren, mit etwas Abstand natürlich. Zwei oder drei Meilen oder so. Jetzt sollte der Wind im Lee der Insel aber abnehmen.

Sollte, er will aber nicht. Im Gegenteil, von 20 auf 28 auf 35. Na holla, was ist denn da los? Die Genua noch kleiner machen. So kann ich das Schiff kontrollieren, aber ich kann kaum näher ans Land heran fahren. Jetzt kommen auch noch Böen mit 40 kt (70 km/h) daher. Wo wird das aufhören?

Entspannt und lustig ist das schon nicht mehr, das ist anstrengende Arbeit. Und nebenher hab ich noch eine Aufgabe zu lösen. Wohin will und kann ich eigentlich? Die Marina bei Achilles – 3x ums Eck bei 40 kt, unklar ob sie versandet ist oder nicht – also mit langsamer Fahrt – und dann Anlegen als Solist, bei dem Wind …. Nein das wird nichts.

Plan B?
Ja gibt’s. Ganz im Norden, beim Flughafen sind zwei Buchten, die ich ansteuern könnte. Das wäre noch 15 Meilen, also 3 Stunden in dem Sturm. Ist aber meine einzige Chance!

Mittlerweile legt sich Philia in den Böen schon tüchtig auf die Seite. In den Wind drehen will ich nicht, damit die winzige Genua nicht anfängt zu flattern und sich zerstört. Abfallen, also mit dem Wind zu fahren, das geht. Da sind dann sofort 10 kt weniger Wind, aber ich entferne mich auch vom Land. Auch irgendwie ein Topfen.

Da melden sich auch noch meine Stalker aus Wien. „Schnell bist Du“ – ja, ich weiß. Meine Antwort ist knapp: „Ka Zeit, 40 kt“. In dem Moment reißt sich das große Solarpanel los und hängt nur mehr an einem Kabel. Zum Dank dafür schlägt es mir mit seiner Kante in den Rücken. Gut dass ich ein Notfallswerkzeug im Navigationstisch habe. Seitenschneider, abzwicken, Panel in den Salon bugsieren, weiter machen.

Jetzt geht es nur mehr mit dem Wind – aber wohin? Und wie? Nur mit dem „nackten“ Mast, also vor Top und Takel, rennt Philia mit 4,5 kt nach Norden. Da ist vor allem viel freies Wasser, das ist gut, da kann man nirgendwo anstoßen. Bin ich sicher, aber wo komm ich da dann hin? Östliche Sporaden, Kalkidiki, Kavala? Ob ich das will wird da nicht gefragt. Philia rauscht dahin und verlangt nach einer Entscheidung.

Meine Stalkerinnen sind alarmiert und beginnen mit eingehenden Wetterberatungen. Jetzt!
Da kommt noch der Ratschlag mit Motor zurück nach Skyros. Mit 29 PS gegen 40 kt? Der Wind ist stark genug, mich mit Rumpfgeschwindigkeit nach Norden zu schieben. Wenn ich mit dem Motor dagegen schiebe, dann bleibe ich am Fleck. Kann ich mit meinen 108 Litern Diesel ungefähr 30 Stunden machen – sinnlose Aktion.

Böen bis deutlich jenseits der 30 kt

 Was ich aber herausfinde ist, dass mich der Wind nur knapp nördlich von Lemnos vorbei treiben wird. Vielleicht kann ich ihm die paar Grad weiter südlich zu fahren abluchsen. Ein erster Versuch klappt. Auch dass der Wind auf 25 kt runter geht gibt Hoffnung.

Jetzt kommen ein paar Screenshots auf mein Handy. Sehr bunte Bilder über Wind und Wellen am Weg nach Limnos. Bunte Wetterbilder sind nie gut, das bedeutet viel Wind. Gut wäre gleichmäßges helles Blau oder in bisschen Grün. Orange oder gar Pink sind nicht so meine Sache. Richtig übel wäre Violett – mehr als 50 kt – muss echt nicht sein.

Also der Weg nach Limnos verspricht zunehmenden Wind (mehr als 30 kt) und zunehmende Wellen (gut 2 m). Was solls, da muss ich jetzt durch. Wird schon gehen, andere machen das ja auch. Ich halt bisher noch nicht. Und ich bin ja nicht alleine. Mein Autopilot ist ein ganz potenter Kerl und steuert auch unangenehme Welle ganz gut aus.

Ich hab also ein paar Minuten den Rest der Reise zu planen. Mit dem Plotter geht das ganz fix – Autorouting nennt man das. So ähnlich wie beim Auto. Und da wird mir sofort eine Ankunftszeit verraten – natürlich mit allen Unsicherheiten. So gegen 2 Uhr Nachts wäre vielleicht möglich. Na dann, klingt ja nicht so schlecht.

Zur Sicherheit kann ich sogar noch 15° höher an den Wind als der direkte Kurs erfordert. Sollte der Wind später drehen oder die Welle zu unangnehm werden, kann ich abfallen und (hoffentlich) trotzdem mein Ziel erreichen. Kostet halt einen Umweg von 10 Meilen oder 1 ½ Stunden, aber ich will jetzt wirklich auf der sicheren Seite sein. Vier Stunden hab ich jetzt noch Licht mich an Wind und Welle zu gewöhnen. Wie steuere ich das händisch, was macht der Autopilot. Damit ich später nicht drauf vergesse, schalte ich jetz schon meine Navigationslichter ein. Ich bin zwar in einem Gebiet, in dem kaum jemand unterwegs ist, aber egal.

Was man auf www.marinetraffic.com sehen konnte. Das Bild zeigt meine Position um ca. 2 Uhr Früh

Solange ich selbst steuere, halte ich das Gewackel gut aus. Wellen die von schräg hinten rechts kommen, heben zuerst das Schiff rechts hinten an und versuchen es nach links zu drehen. Dann, wenn die Welle genau unter dem Schiff ist, fällt das Heck nach rechts ins Wellental und der Bug schwingt nach links. Gleichzeitig schwankt der Rumpf, weil er ja im rechten Winkel zur Wasseroberfläche sein will. Zuerst also Neigung nach links, dann sehr rasch nach rechts. Kommen gleich mehrere größere Wellen, schaukelt sich das auf. Mehr als 30° Neigung sind da schon drin. Bei 15° kommt im Schiff alles ins Rutschen und knallt irgendwo dagegen.

An Deck kann ich mich kaum mehr halten. Selbstverständlich habe ich die Schwimmweste an und bin immer mit mindestens einer Lifeline mit dem Schiff verbunden. Alles andere könnte tödlich sein. Wäre nicht das erste Schiff, dass ohne Besatzung wo ankommt.

Wenn ich oben bin, aber „nur“ dem Autopiloten zusehe, bekomme ich die ersten Anzeichen von Seekrankheit: schlechtes Gefühl im Magen, Aufstoßen, vermehrt Speichel. OK, ich hab ja seit Skyros nichts mehr getrunken oder gegessen, dazu hab ich keine Zeit. Im Navigationstisch liegen noch ein paar uralte Travelgumms. Die haben wir so zu sagen mitgekauft. Da hole ich mir jetzt einen. Der soll nur den Nachteil haben, dass er müde macht. Aber bei dem Adrenalin Spiegel wird das schon gehen. Außerdem hab ich aus genau diesen Gründen zwei Dosen Energydrinks im Kühlschrank. Aber das Zeug muss noch warten.

Ich wechsle mich mit dem Autopiloten ab. Einmal fällt mir auf, dass eine Anzeige, nämlich der Kurs vom Autopiloten verstellt ist. Bitte jetzt kein Schaden am Autopiloten – oder gar an der Steueranlage. Jetzt werde ich besonders hellhörig. Kommt mir vor, dass ich gelegentlich ein Geräusch höre, als würde Metall über Metall rutschen? Kann, soll, darf nicht sein! Jedenfalls werde ich der Steuerung in den nächsten Tagen besonders viel Liebe und Fett zukommen lassen.

Da, wieder das Geräusch! In einem Moment in dem der Ruderdruck besonders hoch war, klar, große Welle, hab ich plötzlich keine Steuerwirkung mehr! Das gibt’s doch nicht. Die Verschraubung des Steuerrades ist locker – das Rad dreht sich durch. Jetzt, bei dem Wetter !?! Doch halt, der Autopilot greift über einen anderen Weg auf die Steuerung zu. Sofort einschalten und das Schiff unter Kontrolle bringen. Ich stürze hinunter zum Notfallswerkzeug. Da muss ein kleiner Franzose (verstellbarer Schraubenschlüssel) dabei sein. Da ist er! Sofort wieder rauf, richtig eingestellt und die Mutter wieder angezogen. Passt wieder! Aber der kleine Franzose darf heute im Cockpittisch übernachten.

Langsam wird es dunkel und die Wellen sind im fahlen Licht nur zu erahnen. Der Himmel hat sich heute komplett bedeckt, der Halbmond zaubert ein gespenstisches schwaches Licht. Was man erkennen kann, sind die Schaumkronen, und davon gibt es einige. Im Schein der roten und grünen Navigationslichter sieht man ein bisschen was nach vorne, aber das ist nicht relevant. Das ist schon vorbei oder man erreicht es nicht. Das Hecklicht leuchtet aber auch nur am Rande in die Richtung der anrollenden Wellen. Also eigentlich weiß ich nicht, was in den nächsten Sekunden auf mich zu komm., Aber alle 5 Sekunden kommt was – versprochen.

Für eine Richtung in die man taumeln möchte, gibt es außen keinerlei Referenz mehr. Der magnetische Kompass, der auf 30° zeigen sollte, pendelt lustig zwischen 60° und 0° hin und her. Wie soll man das manuell steuern – schleierhaft, wie das auf Regattajachten möglich ist. Aber mein Autopilot versieht unbeirrt seinen Dienst. Auch auf die Geschwindigkeitsanzeigen kann man sich nicht verlassen. Rauscht Philia eine Welle hinab, schießt die Anzeige nach oben, rutscht sie den Wellenrücken hinunter – den Bug hoch in den Himmel gestreckt, rutscht auch die Anzeige nach unten. So pendelt sie zwischen 7,5 und 3,5 lustig hin und her. Selbst das GPS ist mit dieser Bewegung überfordet. Egal, die Richtung passt und irgendwann werde ich ankommen.

Langsam vergehen die Stunden. Die Ankunftszeit hat sich gegen 4 Uhr verschoben. Das hab ich natürlich sofort nach Hause übermittelt. Ich bin zwar mehr als 40 km von jedem Mobilfunkmasten entfernt, aber das Handy geht. Ich werde langsam müde, es gibt ja nicht viel zu tun. Aufpassen, dass alles funktioniert, hoffen, dass nichts passiert. Und vorallem aufpassen, dass mir nichts passiert. Bei jede Schritt gut festhalten, weich in den Knien, um die Bewegung zu dämpfen. Ein paar Rippen sind schnell lädiert.

Zeit für den Energy Drink. Keine Idee wie Jugendliche auf das Zeug stehen können. Ich finde das übel, die viele Kohlensäure macht das Zeug bei dem Wetter nicht verträglicher. Aber mir geht’s ja um die „belebende Wirkung“. Zuerst wird mir aber übel. Muss ich nun kotzen oder nur die Kohlensäure loswerden? Vorsichtig probieren – gut, nur die Kohlensäure. Die ganze Dose – eh nur 0,2 lit -ist mir aber zu viel. 1/3 hebe ich mir auf, versuche die offene Dose in der Abwasch so zu verkeilen, dass sie nicht umfällt. Naja, der Schaden wäre überschaubar.

Im Schiff zu sitzen ist ganz gemütlich: warm, trocken. Gelegentlich prasselt eine Gischtfahne aufs Deck. Schön, dass ist jetzt herunten bin. So einen Schwall Wasser ins Gesicht – muss nicht sein. Der Salontisch ist sauber wie sonst nie – liegt halt alles am Boden oder auf den Bänken. Was aufheben hat keine Sinn, fliegt bei der nächsten Welle ohnehin nur wieder durch die Gegend. Einfach liegen lassen und auf die Seite schieben, so dass ich nicht draufsteige und die Sauerei noch vergrößere.

Gegen Mitternacht bin ich südlich der kleinen Insel Agio Geogoros. Da gibt es auch einen kleinen Hafen. In dem möchte ich heute aber auch nicht sein. Da steht die Welle voll hinein, und die Wellen sind mittlerweile gut 2 m hoch, sagt man – ich sehe sie ja nicht.

Gleich nach der Insel, kann ich meinen Kurs nach Norden wenden. Der Wind kommt jetzt von hinten und ich werde Mirina auf alle Fälle erreichen. Das war das Ziel der Übung. Nur, wie komme ich jetzt nach Mirina hinein?

Mirina ist ein großer Fährhafen, hat also ein weißes Leuchtfeuer, dass man 10 Meilen weit sieht. Die Einfahrtsmole hat an den Molenköpfen je ein rotes und ein grünes Licht. Und die alte Mole ist auch noch beleuchtet. Das sollte man finden. Was man nicht findet, sind zwei Kaps mit vorgelagerten Inselchen, die genau in meiner Richtung liegen. Und dort ist es natürlich finster. Die Einheimischen kennen sich aus, und die Fremden sollen gefälligst bei Tag ankommen.

Wieder hilft mir die Elektronik. Ich kann den Pfad in den Hafen einprogrammieren und dem Schiff sagen, dass es genau diesem Pfad folgen soll. Vier Stunden kann ich das jetzt erproben. Unter Motor geht das gut, unter Segel hab ich das noch nicht probiert. Und bei diesen Wellen …

Die laufen mir nun genau nach. Da pendelt Philia zwar nicht so, dafür macht sie was anderes. Sie surft, sie schießt die Vorderseite der Wellen hinab, mehr als 9 kt habe ich gemessen. Das ist viel mehr als wir je mit dem Schiff gefahren sind. Da die Wellen nur wenig schneller sind als ich, dauert es eine Weile bis sie mich überholen. Dann aber sitzt Philia oben drauf, links und rechts grugelt und zischt es. Zuerst am Heck, dann in der Mitte und zuletzt am Bug. Dann ist die Welle durch und die nächste wartet schon darauf, mich vorwärts zu schieben. Erstaunlich, aber von hinten kommt bei all dem auf und ab kein einziger Spritzer ins Cockpit

Wäre ja schön, wenn das so weiter ginge. An die 23 kt Wind hab ich mich schon gewöhnt, doch 23 + 7 ist auch wieder 30. 30 Knoten, da sind sie wieder. Aber ich muss ja noch um die beiden Kaps herum, dazu muss ich diesen „bequemen“ Kurs verlassen und ein wenig anluven. Sofort gibt es mehr Schaukelei, sofort drückt mehr Wind in meine winzige Genua.

Im Schiff wird es laut, richtig laut. Das Geschirr scheppert bei jedem Schwanken, die Töpfe klappern und schlagen von innen gegen die Kästen. Ich glaub, die muss ich morgen nur mehr auskehren, weil da alles hin ist. Zum Glück springt keiner auf. Alles bockt und schüttelt. Ich verkeile mich am Kartentisch, stelle meinen Handywecker auf 15 Minuten. Eindösen kann ich eh nicht bei dem Lärm und den Bewegungen, aber ich hab wenigstens einen Moment, um mich zu entspannen. Nach 15 min muss ich wieder nach oben schauen. Ist halt alles sehr mühsam, da oben. Frei stehen geht gar nicht, nur angeleint kann man sich bewegen. Stehen hinter dem Steuerrad geht, es ist halt so, wie im Takada im Prater, nur eben nicht 5 Minuten sondern 12 Stunden. Oder ich verklemme mich auf der Bank hinter dem Steuerrad, die Hände links und rechts in den Heckkorb gekrallt, die Ellenbogen durchgestreckt. Dann wackle ich mit dem Schiff mit. Irgendwie gut auszuhalten, aber auch anstrengend. Wieder lieber hinunter.

Da fällt mir eine Seglergeschichte ein: Bei wildem Wetter wurde einem Schiff Wasser in den Auspuff gedrückt, bis hin in den Motor selbst. Wenn man den dann starten will, geht das nicht, weil der Zylinder ja mit Wasser gefüllt ist. Den Motor kann man dann im nächsten Hafen als Totalschaden versenken. Ich  brauch meinen aber noch.

Was tun? Auch dazu hab ich eine Seglergeschichte: Da hat jemand bei so einem Wetter den Motor vor dem Starten immer händisch durchgedreht, um zu sehen ob das eh geht. Wenn nicht, einfach nicht starten. Dann müsste ich in den Hafen segeln, nicht üblich, aber es geht. Händisch durchdrehen, das könnte ich bei meiner Maschine auch. Da ist vorne eine große Mutter, da kann man einen Steckschüssel anstecken und direkt die Kurbelwelle des Motors drehen.

Jetzt hab ich aber Glück gehabt und von meinem Weihnachts Engerl / Bengerl einen Stecknusssatz mit großen Durchmessern geschenkt bekommen. Zu Hause hab ich noch gehadert, wie ich die aufs Schiff bekommen. 6,5 kg ist das Set schwer, das wäre sich mit dem Gepäck beim besten Willen nicht ausgegangen. Also hab ich eine Auswahl getroffen: Was sind die gängigsten Schlüsselweiten? Meine Schulbücher haben mir da Auskunft gegeben. Und dann hab ich 3 Nüsse und den Ratschengriff mitgenommen, das ging sich aus.

Also, trotz aller Wackelei tief in die Salonbank getaucht. In Werkzeugen, Ersatzteilen und Geräten herum gewühlt und – voi la – da, der Griff und hier die Nüsse. Aber ist die passende auch dabei? Volvo Ingenieure waren sehr kreativ bei der Auswahl der Schrauben hab ich schon gelernt. Hoffentllich!

Sie ist dabei, die 24er Nuss. Jetz noch den Motorraum auf – alles ganz manierlich, trotz der Schaukelei. Die Nuss angesetzt und vorsichtig gedreht. Nach ¼ Drehung Widerstand! Aber kein harter, so wie das nicht komprimierbares Wasser tun würde, eher weich. Ich probier nochmal – geht. Es war nur einer der Zylinder gerade im Kompressionstakt. Dann der zweite und der dritte. Erleichterung. Trotz meiner seitlichen Fahrt, wenn Philia von den Wellen rutscht, ist kein Wasser in den Auspuff gekommen. Hoffnung.

Ganz leicht kann ich das rote Hafenlicht schon sehen, das grüne noch nicht. Und das weiße Licht auch nicht. Gefahr! Ich bin noch im Sektor mit den Untiefen – nur nicht zu früh abbiegen, auch wenn das rote Licht lockt. Das Schiff der programierten Route folgen lassen. Ich bin jetzt natürlich immer oben, zu groß die Aufregung. Was würde ich tun, wenn sich die Einfahrt nicht aus geht? Gallipoli? Istanbul? Es wird sich ausgehen! Philia folgt so exakt der Route. Es wird.

Letzte „Kurve“, nur 20° Grad in den Wind. Der frischt natürlich sofort auf, wieder stehen 35 kt auf der Anzeige. Und die Wellen zeigen nochmal was sie so können. In Landnähe werden sie höher als draußen am Meer und der Winkel zu den Wellen ist auf noch mehr Taumelei getrimmt. Wenn ich mir vorstelle, ich müsste das händisch Steuern. Jedesmal, denn der Bug 40° nach links oder rechts ausbricht kommt mir so ein Gedanke – und er kommt oft. Es würde schon gehen, denn die Lichter sind ja jetzt da, auf die kann man zielen, aber es wäre unglaublich anstrengend. Als würde man ein Rodeo reiten.

So aber taumelt sie dahin, verlässt aber ihren Kurs nicht. Autonomes Fahren – Philia kann, was Tesla seit Jahren verspricht 😉. Die Einfahrt kommt näher und damit ein Ende der Wellen. Ich kann schon genau die Molenköpfe unter den Lichtern erkennen. Gut, dass diese Einfahrt für die Fähren gebaut ist. Da treffe ich auf alle Fälle hinein. Die Taumelei nimmt vor der Einfahrt etwas ab – sehr brav.

4 Uhr 30 – geschafft! Sobald ich im Hafenbecken bin, wird es ruhig. Den Motor, der die letzten 2 Meilen mitgelaufen ist, kann ich drosseln (lieber 2 Antriebe, safety first). In den Vorbereitungen zum Ankern nur nicht die innere Mole anvisieren, die hat aber auch ein Licht. So, wohin jetzt genau? Der Wind pfeift auch im Hafen mit 20 kt. Ein nettes Plätzchen suchen und den Anker fallen lassen. Die Ankerwinde dreht sich so schnell wie nie, da sich Philia sofort quer stellt und der Wind sie herum schiebt – ein letztes Mal. Bei 50 m Kette lasse ich es genug sein, der Anker liegt ja nur 5m tief, die Kette ruckt ein, der Anker sitzt sicher.

Fertig! Vollzugsmeldung nach Wien – große Erleichterung dort. Susi hat auf Marinetraffic.com meine AIS Signale verfolgt, die ganze Nacht. Selbst die 9 kt hat sie mitbekommen. Sie fällt jetzt ins Bett. Ich noch nicht. Ich bin viel zu vollgepumpt als dass ich mich jetzt hinlegen könnte.

Der Ankerwache zusehen, Chaos beseitigen. Wie ist denn das da hin gekommen? Warum liegt die Küchenwaage in der Abwasch und die Wasserflasche unter dem Tisch auf dem kleinen Kühlschrank? Etwas trinken, etwas essen, Bordbuch fertig schreiben. 144 Meilen (255 km) in 23 Stunden! Das macht unglaubliche 6,2 kt im Durchschnitt.

Irgendwann, über Mirina wird der Himmel schon ganz zart heller, kann ich mich entspannen, lege mich hin, schlafe ein.

Am Tag danach: Mit Hilfe von MATILDA gut am Steg angekommen
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Solo

Ich ziehe los nach Agii Theodori, um das Schiff fertig zu machen. Susi wird dann nach Limnos nachkommen. Daher darf / kann / muss ich PHILIA „einhand“ segeln. Nur das Schiff, ich und der Autopilot.

PHILIA ist klein genug, um das zu zu lassen. Immer wenn ich meine Hände brauche, um zum Beispiel die Segelstellung zu verändern, springt der Autopilot ein. Die Entscheidung da auf ein robustes Gerät zu setzen, hat sich spätestens jetzt bewährt.

Sonst muss man halt sehr vorausschauend unterwegs sein. Anlegen oder Ablegen muss gründlich vorbereitet sein, so dass alles bereit liegt, wenn man es braucht. Dann aber ist das gut zu schaffen.

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Auf nach Euböa / Evvrios

Wie vorher gesagt: Blitz blauer Himmel und vor der Bucht kaum Wellen. Schön langsam alles seefest machen ich will ja segeln. Und dann geht’s los, Anker aus dem Grund ziehen und noch in der Bucht die Segel setzen, zumindest das Großsegel.

Und dann – nichts. Keine Welle, was gut ist aber auch kein Wind, was nicht so gut ist. Egal, soll ja eh erst weiter nördlich einsetzen. Also bleibt der Motor an. Er bleibt lange an. Erst als sich vor mir die Bucht von Karystos öffnet, geht der Wind los.

Dass da mehr Wind ist, wundert mich nicht, denn so war das vorher gesagt. Aber warum es gleich 20 kt sein müssen, und die genau vom Ankerplatz auf meine Nase? Ok, ich bin Segler und nehme die Herausforderung an. Genua rauf, zumindest bis zum ersten Reff, und auch das Großsegel etwas kleiner machen. In langen Schlägen geht es in die Bucht. Nur um nach der Wende zu erkennen, dass es jetzt wieder bis fast nach draußen geht.

Nach ein paar Schlägen bin ich so nahe, dass ich die Anfahrt zum Ankerplatz unter Motor beginnen kann. So ganz friedlich ist das aber nicht, bei den vorherrschenden 20 kt. Nur wo genau soll ich hin? In den Hafen von Karystos, wäre möglich nur das Anlegen für einen Solisten und dann nur für eine Nacht – ist mir zu aufwändig.
Westlich des Hafens steht ein großes Segelschiff vor dem Strand. Soll auch ein guter Ankerplatz sein, ist aber noch ein Stück weit weg.
Östlich vom Hafen, da schützt eine alte Burg auf einem Hügel vor den ärgsten Böen. Den nehm ich. Das Wasser ist seicht, der Boden sandig und flach. Auf 4 m Wassertiefe lasse ich den Anker fallen und hab erstmals Pause.

Das Wasser ist sehr klar. Ich kann die Sandrippchen am Boden sehen.

Irgendwie kommt ein bisschen Urlaubsfeeling auf.

Aber dieser Ort ist auch noch zu weit weg, um Skyros gut zu erreichen. Am nächsten Tag wird umgeparkt. In 10 Meilen gibt es eine Bucht, die schon am Beginn der Straße von Kafireas liegt. Die lacht mich an. Wassertiefe 3 Meter, rundherum ein paar Ferienhäuser aber kein Mensch da. Zwei Gärten sind untypisch gut gepflegt. Da hat wohl wer einen Gärtner engagiert und sich an den Gärten Englands orientiert. Wo die das Wasser im Sommer her nehmen?

Sonst ist da einfach – Pause

So ein bisschen nach Karibik schaut die Farbe des Wassers aus. Einfach nur schön.

Von da aus, will ich morgen um ½ 6, also noch bei Dunkelheit hinaus fahren. Den Kurs peile ich jetzt schon, denn bei Nacht sind alle Felsen schwarz und unsichtbar. 120° sollte sicher sein und erst nach 0,6 Meilen nach Nordem abbiegen.

So werde ich das machen, so ist es sicher

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Pläne

Ich will ja weiter nach Limnos. Das sind noch schlappe 160 Meilen, auf einen Rutsch wird das wohl nicht gehen. Außerdem ist das fast exakt gegen den häufig vorherrschenden Wind. Und dann gibt es da noch ein paar Hindernisse und „Raststationen“.

Zuerst muss ich von Kea exakt nach Norden, an die Ostecke von Euböa. Das sind zwar nur 20 Meilen, aber, eh schon wissen, gegen den Wind. Kann man machen, wenn der Wind nicht zu stark ist und man Hoffnung auf eine gute Weiterreise hat.

Dann kommt die Kafireas Straße, die die Inseln Euböa und Andros trennt. Sie ist zwar gute 6 Meilen breit, aber da zwängt sich der Nordwind durch und mit dem auch die Strömung der Ägäis. Die hat es aber in sich: Bei gutem Wetter kommt die mit 2 – 3 kt aus Nord, bei Meltemi sind es dann bis zu 7 kt. Wenn ich unter Motor unterwegs bin, dann schaffe ich 6kt. Also bei gutem Wetter, komme ich durch, ganz langsam halt.

Dann kommt die große Nord Ägäis, die zu große Nord Ägäis. Zu groß, um in einem Schlag nach Limnos zu kommen. Das würde nämlich gute 22 – 24 h dauern – eher nichts für einen Solo Segler wie mich.. Aber es gibt ja einen Rastplatz. Das ist die Insel Skyros, nach 55 Meilen. Das geht sich aus. Aber der Hafen von Skyros liegt an der SW Seite und ich muss doch nach Norden. Gehe ich in den Hafen, wird die Strecke nach Limnos um 15 Meilen länger, 80 statt 65. Das sind 3 Stunden mehr, bei einem Tag er im besten Fall ohnehin schon 11 Stunden dauert. 14 Stunden ist aber länger als das Tageslicht.

Es gibt aber noch ein gescheitertes Marina Projekt an der Nordost Küste. Da wurde ein riesiges Becken für eine Marina betoniert, und dann ist man draufgekommen, dass man bei Meltemi diese Marina gar nicht anlaufen kann. Ist halt blöd, wenn ¾ des Sommers der Meltemi bläst. Aber egal, hat die EU bezahlt und irgendwer wird schon reich geworden sein. Solche Projekte gibt es ja mehrere in diesem Land.
Für mich wäre das aber nicht wichtig, denn bei Meltemi könnte ich ohnehin nicht von Süden in diese Gegend kommen.

Dort kann ich dann auf gutes Wetter für den nächsten Sprung warten. Das wäre dann jeder Wind von NW über SW bis O – aus nördlicher Richtung sollte er halt nicht sein. 65 Meilen aufkreuzen, das wäre schon eine längere Aufgabe. Auch so rechne ich damit, die Strecke nicht bei Tageslicht zu bewältigen. Aber der Hafen von Mirina ist gut befeuert und ich kenne ihn. Außerdem kann man dort selbst im inneren Hafen ankern, was die Sache sehr erleichtert.

Soweit der Plan in der Geographie, jetzt braucht man noch das Wetter dazu. Und das kündigt sich nun an: Am Dienstag soll es gut möglich sein, von Euböa nach Skyros zu kommen. Dann ist dort 2 Tage Pause, und es könnte mit Westwinden bis nach Limnos gehen. Blöd nur, dass ich nicht in Euböa bin, sondern in Kea, 20 Meilen südlich. Wenn ich aber nicht rechtzeitig am Montag Abend an der Kafireas Straße bereit liege, verpasse ich den Zug nach Norden.

WInd Sonntag 12 Uhr

Was wirklich stört ist, dass seit 4 Tagen sehr starker N Wind bläst. 7 Bf (rund 30 kt = 55 km/h) und Wellen bis 2 m. Aber nun soll der Wind am Sonntag nachlassen, so auf 15 bis 20 kt (25 bis 35 km/h), immer noch von Norden aber, wenn man sportlich ist, kann man das versuchen. Montag ginge auch, aber das soll weitgehend Windstille sein, und 4 Stunden motoren ist nicht so ganz mein Wunschtraum.

Am Montag kann ich dann bei ganz wenig Wind in die nördlichste Bucht in der Kafireas Straße verlegen und dort auf den Sonnenaufgang warten. Das spart mir weitere 2 h Fahrzeit.

Abbildung 1 Dienstag 12 Uhr

Am Dienstag kommt dann der erste große Sprung nach Skyros. Da soll, bis ich an der NE Ecke der Kafireas Straße ankomme, noch fast kein Wind gehen. Das ist gut, gegen die Wellen, denn Strömung von N und Wind von S, das gibt immer ein Chaos auf dem Meer. Wenn die Vorhersage aber stimmt, dann wird das eine zügige Fahrt vor dem Wind. Genua raus und warten bis man ankommt. Das muss noch bei Tagelicht geschehen, denn die Einfahrt in die „Marina“ ist nicht ganz Hindernisfrei und in der Nacht völlig unmöglich.

Dann ist da ein Tage Pause angesagt, da der Südwind so richtig aufdreht, Böen bis 40 kt und mehr als 2 m Welle. Das muss ich nicht haben.

Aber am Donnerstag hat der Wind auf W gedreht, und da könnte man die Überfahrt wagen. Böen bis 23 kt, Wind und 1,2 m Welle von schäg hinten. Das wird ein feuchtföhliches Vergnügen über 11 bis 13 Stunden. Ankunft im letzten Büchsenlicht. Aber wie gesagt, Mirina ist sicher ansteuerbar.

Wenn sich die vorhersage für Donnerstag verändert, dann muss ich wohl länger in Skyros bleiben, dann geht es erst am Montag weiter.

Mal sehen!

Jetzt aber bereite ich Philia auf eine ruppige Fahrt vor. Alles was herum fliegen könnte wird verräumt, denn es würde sonst unweigerlich auf den Boden stürzen. Das Dinghi wird wieder ausgelassen und am Vordeck verzurrt.

Morgen so um 9 wird es los gehen.

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Nach Kea – ein Wechselbad

Endlich, nach 3 Tagen hat sich der Wind beruhigt. Hier in Poros liegt um 7 Uhr das Wasser völlig unbewegt. Nur selten kommt ein Lufthauch vorbei. Ok, in einer geschützten Bucht soll das ja so sein, aber hoffentlich ist vom Wind noch genug übrig, um mich die 46 Meilen nach Kea zu tragen. Das wäre ein großer Sprung Richtung nördliche Ägäis. Länger zu warten geht sich nicht aus, denn schon Morgen soll wieder starker Wind aus N kommen.

Also los. Um ½ 8 den Anker aus dem Sand gezogen und in langsamer Fahrt durch das Fahrwasser entlang der Insel. Das ist ein gewundener Kanal, bei dem man maximal 40 m von der Stadt entfernt entlangfährt. Sobald ich in freieres Wasser komme, begrüßen mich 10 kt Wind – und eine Schnellfähre, die direkt auf mich zu rast. Ich schalte schnell mein AIS ein, damit sie mich auch „elektronisch“ sieht. Sie ändert den Kurs leicht – passt.

Sobald sie weg ist, setze ich das Großsegel. Die Genua muss noch warten, bis wir die Insel Poros hinter uns haben. Dann ist die Fäche nach Westen offen – und da kommt der Wind her. Gut so, Genua rauf, Motor ab. Ruhe und 4 kt Fahrt. Na immerhin, aber zu wenig, um den ganzen Tag so zu trödeln. Sobald der Wind nachlässt – Segel weg – Motor an. Beim dritten Versuch passt es dann aber und Philia rennt los. 12 bis 15 kt Wind von der Seite und wenig Welle. Das wird dann in 7 kt Fahrt umgesetzt. Ganz locker und leichtfüßig malt sie ihre Bugwelle ins Wasser. Genial!

Einmal brauch ich noch kurz den Motor, denn der Westwind mischt sich mit einem Nordwind, und in dieses Übergangsbereichen ist es immer schwierig. Dann aber kommt er, der Nordwind! 15 – 20 kt hart am Wind damit ich eine Chance habe, die Einfahrt nach Kea zu treffen. Aber bei 20 kt muss ich etwas einreffen. Das schont zwar das Schiff und die Nerven, kostet aber auch Höhe = ich kann nicht mehr so eng an die Windrichtung heranfahren.

Auf der Wasserfläche vor mir ist reger Großschiffverkehr. Das ist die Hauptroute aus dem Bosporus und dem Schwarzen Meer ins Mittelmeer. Alle 20 min kommt da ein Großer vorbei. Zum Glück kann ich sie am AIS rechtzeitig sehen und erkennen, ob sich das ausgeht. Bei Nisas Sfouglou, einem 180 m langen Tanker schaut das gar nicht gut aus. Nur mehr 8 min bis zum geringsten Abstand, und das sind dann kaum 200 m. Und ich kann überhaupt nicht abschätzen, ob das vor mir oder hinter mir sein wird. Und überhaupt stimmt diese Berechnung nur, wenn ich meine Geschwindigkeit und Richtung beibehalten kann. Mach das einmal als Segler hart am Wind. Beruhigend ist das nicht.

Also, ran ans Funkgerät: „Nisas Sfouglou from Sailing Vessel Philia”
„Vessel Philia from Nissa Sfouglou“ – ah, er hat mich gehört, gut
Nisas Sfouglou, I am a sailing vessel under sail. I see a close approach. Please give way“ – also eigentlich will ich ja nur, dass er sich an die Kollissionsverhütungsregeln hält, und die kennen kein Recht des Stärkeren.
„Sailing Vessel Philia. Do not worry, I will alter my course to starboard” – und wirklich, langsam dreht sich sein Bug zur Seite, so dass er hinter mir vorbei geht.
Geht doch, wenn man freundlich zueinander ist.
„Nissa Sfouglou, thanks for the manoever. Have a pleasent trip” – also eigentlich hat er nur an seinem Kurscomputer ein bisschen herumgedreht. Aber nett ist das schon, wenn ich mich nicht fürchten muss.

Weiter geht’s auf Kea zu. Die Hafeneinfahrt kann ich schon erahnen – genau vor meinem Bug. Das ist aber nicht gut so, denn ich drifte mit dem Wind ab und würde so 1 Meile südlich der Einfahrt an die Felsen knallen. Also kreuzen. Heranfahren bis auf 1 km, dann Kurve und auf der anderen Seite weiterfahren. Was ist das jetzt? Ich kann immer weiter nach Norden fahren, da wo der Wind genau hergekommen ist. Hat der Kerl doch glatt um 60 ° gedreht. Mir soll es recht sein. Trotzdem muss ich weit über die Einfahrt hinausfahren, denn in der anderen Richtung geht es dafür umso weiter nach Süden zurück.

Und schon wieder ein AIS Alarm: Aus dem Hafen kommt eine Fähre und brettert auf mich zu. Ich muss aber meinen Kurs weiter halten.
A) man muss das, damit der andere Einschätzen kann, was ich mache.
B) sagt das Recht, dass die Fähre mir ausweichen muss, ich bin ja unter Segeln unterwegs
C) ich brauch ja noch Höhe, damit ich dann in den Hafen treffe.
Was halt blöd ist ist, daß von hinten ein weiterer Großer kommt und genau auf die Stelle zuhält, an der sich die Fähre und ich uns hoffentlich nicht treffen.

Bis die Fähre vorbei ist und ich endlich Richtung Hafen fahren kann, bin ich auch schon ein Stück über den Kurs des Großen hinweg gesegelt. Er wird meinen, dass ich weiter nach Westen fahre und der Abstand zu ihm immer größer wird. Wenn ich aber  jetzt wende, wird er überrascht sein und ich muss zusätzlich noch einmal seinen Kurs kreuzen. Sowas mach man eigentlich nicht! Aber er ist noch 6 min von mir entfernt. In 2 min bin ich wieder über seinen Kurs. Dann hat er noch 4 Minuten bis er dort ist, wo ich nicht mehr bin. Er geht dann gut 1000 m hinter mir durch.

Hat geklappt und ich kann konzentriert die Bucht ansteuern. Sobald ich drinnen bin, lässt der Wind nach, bleibt aber auf Ost. Egal, bis zum ausgewählten Ankerplatz wird er deutlich schwächer. Dann noch einmal mit dem Sonar (Tiefenmesser) die Gegend erkunden und den Anker auf 8 m Wassertiefe versenken.

Zur Belohnung 🙂

Fertig! 46 Meilen in 9 ¾ Stunden solo. Da darf man müde sein. Und plötzlich bin ich auch sehr sehr hungrig. Eine große Portion Spaghetti wird das regeln.

In der Nacht, um ½ 5 dreht der Wind, wird aber kaum stärker – zumindest in meiner Bucht. Draußen, na da spielt es sich ab. Gute 50 km/h Wind und 1,3 m Welle! 2 Segler versuchen ihr Glück, und bekommen richtig eine auf die Mütze. Sie schlingern und stampfen durch die See, bis sie aus dem Blickfeld verschwinden.

Ich bleib lieber da und nütze die Chance einen Bäcker und einen Supermarkt zu finden. Das ist zwar ein 2 km Fußmarsch in den Nachbarort, aber ich bin ja noch jung und habe Zeit.

Wenn vor dem Eisgeschäft die Netzte liegen, ist definitiv noch Winter

Die Insel schläft noch den Winterschlaf, die Natur ist aber schon in voller Blüte. Fast alle Lokale, zumindest bei meinem Ankerplatz, sind noch geschlossen, sogar der Bankomat ist noch abgedeckt.

Fahrbare Hühner und Entenzucht. 2 Reihen Käfige im Klein-LKW, 2x 60 Tiere, fertig.
Zumindest die Belüftung entspricht den EU-Erfordernissen
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Poros mit Sturm

Paros ist eine kleine Stadt auf einer kleinen Halbinsel die nur mit einem schmalen Stiel mit einer anderen  Insel verbunden ist. Bis zum Festland sind es kaum 300 m. Durch das sich ergebende große Becken, ist Paros gut vor Wind und Welle geschützt. Auch ein Grund, weshalb ich da bin. Ein anderer Grund ist, dass ich da einen Supermarkt habe und eine Wäscherei.

Nach fast 3 Wochen am Schiff ist es Zeit einmal alles so richtig durchzuwaschen. Susis Laundry kommt da gerade recht. Ein Ikea-Sack voll Zeug wird von mir um 10 gebracht und ist im 6 am Abend wieder am Schiff. Gewaschen, getrocknet, gefaltet und in Plastik eingeschweißt. Also da Plastik hätte ich nicht unbedingt gebraucht – aber OK. 20 € kostet der Spaß, mir ist es das aber Wert.

Beim Supermarkt bekomme ich frische Waren aber auch eine Menge Wasserflaschen. Unser Vorrat von 72 Flaschen a´1,5 lit geht schon recht zur Neige, und so leicht komm ich länger nicht mehr zu einem Supermarkt. Hier borge ich mir das Wagerl aus und rolle die 6 6er Tragerln einfach zum Schiff. Sehr bequem.

Durch die Gegend tuckern und eine Angelschnur nachziehen. Ober was fängt ist nicht so wichtig – aber er sitzt weder zur Hause, noch im Kaffenion 😉

Danach fragt mich ein Deutscher Skipper, ob ich ihm helfen kann, seinen Katamaran umzulegen. Er hat gestern längsseits angelegt und das wird nicht gerne gesehen. Er hatte aber auch einen Grund dafür: An einem seiner Motoren hat die Lichtmaschine blockiert und jetzt ist er mit nur einem Motor unterwegs. Wenn ein Kat mit nur einem Motor fährt, denn geht das ja, unterwegs,  aber Hafenmanöver sind schlicht unmöglich, wie sich zeigt.

In Fahrt und steuerbar wird das Ding nur rückwärts. Sobald das Schiff nach vorne soll, dreht es sich sofort ein. Der Skipper ist mit seinem Latein am Ende und macht wieder längsseits fest.  Geht halt nicht. Am Abend bekommt er eine neue Lichtmaschine mit der letzten Fähre aus Athen und ein Techniker kommt dann um 8 um sie einzubauen. Das ist halt auch griechisch. Improvisiert durch und durch, und da kümmert es keinen, dass das alles am Samstag passiert.

Ich seh dann keinen weiteren Grund, weiter gutes Geld für den Platz an der Mole auszugeben (12,67 € / Nacht – eigentlich eh geschenkt), und ziehe mich in die Bucht neben der Marine Akademie zurück. Jetzt, bei fast Windstille kann ich mir gut einen Platz suchen und zunächst 40 m Ankerkette auslegen. Der Platz ist gut, ich kann in alle Richtungen frei drehen. Die nächsten Nachbarn sind weit weg – und das ist gut so.

Auch so kann man Fischen: Den Vielzack langsam an den Fisch heran führen, und dann zustechen. Heute kaum mehr gebräuchlich, aber manche beherrschen die Technik noch

Wie vorhergesagt geht am Nachmittag des zweiten Tages in der Bucht der Wind los. Erstaunlich, dass er aus „allen Richtungen“ kommt. Naja, nicht ganz allen, aber 180° sind das schon. Dem entsprechend wandert das Schiff durch den Schwojkreis. Nicht ganz angenehm, denn bei normalem Wind pendelt PHILIA so ±20° an der Ankerkette. Mit dem schwankenden Wind, eigentlich müsste man sagen Böen aus allen Richtungen wird sie fast 90° abgelenkt. Entsprechend stark sind dann die Bewegungen – aber dennoch gut auszuhalten.

Der südliche Teil der Stadtmole, gehört nicht nur den Charterbooten

Jedenfalls besser als die Alternativen die sich näher an Athen und Lavrion bieten. 40 kt Sturm gut 70 km/h, Wellen bis 2 m. Nö, man muss nicht überall dabei sein. Da bleib ich lieber da und drehe mich bei 30 kt und ohne Wellen im Kreis. Immerhin ist die Temperatur erträglich, knapp 20° und die Sonne scheint auch. Passt also alles ganz gut. Das Liegen an der Mole wäre jetzt zumindest sehr ungemütlich. Es ist auch niemand dort.

Ist das nicht eine tolle Villa?

Zum Basteln ist auch noch was übrig. Langweilig wird mir jedenfalls nicht.

Der Dreimaster gehört der griechischen Marine.
Der Wind hat schon nachgelassen, morgen geht es weiter.
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Ich bin wirklich unterwegs

Epidauros war ja als erste Station im Wasser geplant. Die Werft ist ja so staubig, dass man manche Dinge einfach nicht machen kann: Bootputzen zum Beispiel. Also nehme ich mir das gratis Wasser aus dem Hafen und rutsche mit Fetzen und verschiedensten Chemikalien über das Deck. 5 Stunden wird gearbeitet, bis das so einigermaßen in Ordnung ist. Das Cockpit heb ich mir für später auf.

Was aber noch sein muss, ist der Besuch beim Hafenmeister. Als Zeichen alle Auflagen erfüllt zu haben, muss ich eine ausgefüllte Crew-Liste mitführen. Zweisprachig und mit 3 Stempeln versehen. Sobald man das aber hat, darf man drauf neue Crew eintragen, wieder weg streichen … Alles egal, Hauptsache Stempel! Ein bisschen gemotzt hat er noch, denn ich hätte das vor der Abfahrt in der Raffinerie von Agii Theodori machen sollen. Naja, nächstes Jahr – vielleicht.

Heute aber hab ich das Gefühl, dass es wirklich los geht. Ich möchte nach Paros. Auch das nicht ohne Hintergedanken, aber immerhin. Da muss man um die große Halbinsel Methana herum, 20 Meilen sind das. Was neu ist, ist das Ablegen ganz alleine, und das mit Buganker und 7 kt Seitenwind. Mit Ruhe und Bedacht wird auch das gelingen. Irgendwie muss man halt vorne und hinten gleichzeitig sein, aber das geht schon.

Ein letzter Blick auf Palea Epidavros

Sobald der Anker heroben ist, wird erst einmal aus dem Hafen hinausgefahren. Aufräumen kann ich ja auch später. Anker mit einer Schnur sichern, Ankerkasten zu machen, alle Fender an Deck holen. Inzwischen hilft mir mein Freund, der Autopilot. Und dann: Segel setzen! Der Wind kommt Anfangs mit 10 kt aus Osten, dann schläft er ein, um kurz darauf mit 18 kt aus Westen zurückzukommen. Eine gute Übung für diverse Segelstellungen. Nach 6 Meilen ist es dann aber endgültig Schluss mit Lustig. 5 Knoten von hinten sind einfach nur für sehr geduldige Menschen geeignet. Da kommen dann kaum 2 Knoten Fahrt heraus. Dann dauert die Fahrt ungefähr ewig.

Mit Motor geht es gemütlich der Küste entlang. Ist halt mehr zum Schauen – auch gut. Den Hafen Methana spare ich mir: genau im Hafen tritt Schwefelwasserstoff aus dem Untergrund aus. Damit stinkt die ganze Gegend nach faulen Eiern und Schwefel. Andererseits tötet dieses Wasser alle Organismen die am Boot wachsen mit Sicherheit ab.
Naja, wer’s mag.

An der Nordspitze der Halbinsel Methana – natürlich eine Agio Georgos Kirche

Im großen, gut geschützten Becken von Paros suche ich mir eine nette Bucht, versenke meinen Anker und genieße den Abend. Zum Baden ist es mir zwar noch zu kalt, aber das hat ja auch noch Zeit.

Auch sehr schön.

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Strom aus Wind?

PHILIA hat ja von Anfang an auch einen Windgenerator montiert. Der macht zwar nicht rasend viel Strom, etwa so viel wir ein 100 W Solarpanel, aber es ist schön ihm zuzusehen. Jetzt hat das Ding klaglos funktioniert, nur jetzt mag es nicht mehr. Das Windrad dreht sich zwar und macht auch Strom, aber es richtet sich nicht nach dem Wind aus. Als ich es mit einem Stock verdrehen wollte, war das nur schwer möglich ☹

Jetzt ist der Mast auf dem der Generator montiert ist umlegbar. Nicht ganz simpel, aber es ist recht gut machbar. PHILIA muss halt mit dem Heck schön nahe an einem Steg stehen, dann geht das schon. Hier in Palea Epidauros ist das so. Ich montiere die nötigen Seile und löse die 2 Schrauben. Die Bootsnachbarn helfen mir den Mast zu stabilisieren und schon liegt der Generator auf einer Unterlage. Noch 4 Schrauben lösen und das Ding kommt zur Diagnose ins Cockpit.

Wenn ich das entsprechende Kugellager versuche zu drehen, spürt sich das an, als müssten die Kugeln durch Schlaglöcher auf einer Sandstraße laufen – gar nicht gut! Das Lager ist definitiv hinüber. Aber der Hersteller in Portugal ist immer recht kooperativ und antwortet schnell. Die Mailantwort ist in 30 min da:

Ohne Wasser kein Rost – nicht gut!

Vermutlich ein Wasserschaden. Bitte den Generator aufschrauben und nachsehen. Das ist gleich geschehen und der Rost springt sofort ins Auge. Ist doch tatsächlich etwas Wasser eingedrungen und hat ein wenig an den Blechen des Generators geknabbert und ist dann weiter in das Kugellager und dort wieder hinaus. Der Hersteller schickt gleich eine Anweisung für alle Vertriebspartner mit: Dichtungsring schlecht eingesetzt, Schrauben schlecht angezogen.

Ich kann noch einen weiteren Grund beisteuern: Die Dichtfläche ist lackiert und im Lack hat sich Schmutz eingelagert. An diesen Stellen kann die Dichtung gar nicht dicht sein. Also ganz einfach ein Fertigungsfehler. Einziges echtes Problem: Ein verrostetes Kugellager kann man mit Bordmitteln niemals ausbauen. Bitte das Teil nach Portugal schicken.

Wie soll denn das gehen? Palea Epidauros ist so klein, da gibt es nicht einmal einen Autoverleiher! Von TNT/FEDEX ganz zu schweigen. Die kommen nur einmal in der Woche vorbei, am Montag, heute ist Dienstag. Aber die Post ist erreichbar. Da gibt es ein EPS genanntes Service, wo das Paket heute noch auf den Flughafen nach Athen und mit etwas Glück schon morgen nach Lissabon kommt.

Eh gut, aber der Windgenerator ist werden handlich noch leicht und Verpackungsmaterial hab ich erst recht nicht. Aber, der Supermarkt hat sicher Kartons. Mal nachfragen. Hat er und ich nehme gleich 6 Stück mit. Irgendwie muss ich mir da eine Box basteln. Und während ich so bastle fällt mir ein, dass an der Türe der Post irgendwas mit Öffnungszeiten von 7:30 bis 14:45 gestanden ist. Super, es ist 14:15 und ich picke noch die Kartons zusammen.

Irgendwie hält das Zeug. Noch die Adresse drauf schreiben – wenn die nicht so lang und kompliziert wäre … und dann die alten Griechen im Kaffenion um die Abkürzung zur Post fragen. Um 14:30 bin ich drin, nach 3 Minuten bin ich dran – letzter Kunde des Tages, und das ist gut so. Bis das alles berechnet ist, die Daten in das System gefüttert sind – ich bin jetzt offizieller Bewohner des Hafens von Epidauros – und die Rechnung 3-fach unterschrieben ist wird es 14:45. Punktlandung!

Jetzt nur noch die Vollzugsmeldung nach Portugal schicken.

Und dann darf ich mir überlegen, wie das reparierte Ding wieder zur PHILIA kommt, die in 14 Tagen sicher nicht mehr in Epidauros sein wird.

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Auf in die Ägäis

Naja, am Wochenende war die Zeitumstellung auf die Sommerzeit. Da sind die Griechen noch etwas schaumgebremst unterwegs. Bis PHILIA endlich in Richtung Wasser rollt dauert es bis ¾ 9. Dann wird sie umgesetzt in den Kran und ins Wasser gelassen.

Gleich wird der Bauch nass. Ob alles dicht ist? Besser als je zuvor

Jetzt noch die Rigger an Bord lassen und sofort werden wir aus dem  Kranbecken verscheucht. Heute sollen noch 11 weitere Schiffe ins Wasser kommen. Die Rigger machen sich über meine neuen Wanten und Stagen her. Das Schiff ist an Land etwas anders geformt als im Wasser, und daher muss die Spannung der neuen Drähte neu eingestellt und justiert werden. Zu zweit arbeiten sie fast eine Stunde, inklusive Segeltest – mangels Wind unter Motor. Ich pass halt inzwischen auf, dass wir nirgendwo anfahren. Immerhin sind da 8 große Tankschiffe in der Gegend eingeparkt. Dann noch schnell zurück zur Werft David und seinen Kollegen abgeben.

Schiff an Schiff, Mast an Mast. Dazwischen nur Staub von den Schleifarbeiten. Wir wollen aber trotzdem wieder kommen.

Was sie zurücklassen, ist ein tadellos eingestelltes Rigg und hunderte Schuhabdrücke. PHILIA schaut aus wie aus dem Bergwerk! Gut dass ich nach Paleo Epidauros will, dort gibt es Wasser umsonst. Da kann ich stundenlang putzen – welche Freude mich da überkommt ….

Zuerst muss ich da aber einmal erst hinkommen. Das Windchenlein lässt sich bitten, mal mit 3 kt mal mit 5 kt. Immer so an der Grenze zwischen geht und geht nicht. Wie oft ich da den Motor gestartet, wieder abgestellt, Segel gesetzt und wieder eingeholt habe – ich weiß es nicht. Nach 4 ½ Stunden bin ich jedenfalls da. Der Hafen ist noch leerer als im Oktober. Nur ein anderes Segelschiff steht da. Dürfte ein echter Künstler sein, denn seine Kette geht schräg durch die Bucht. Und wo soll ich da meine hinlegen?

Auch irgendwie schräg, aber nicht ganz so schräg. Und das Manöver ganz alleine. Also den Anker vorbereiten und die von Elefterias schon eingebaute Fernsteuerung mitnehmen. So kann ich rückwärts fahren und gleichzeitig die Kette auslegen. Was ich halt nicht weiß ist, wieviel Kette da schon liegt. So, vorsichtig arschlings an die Hafenmauer, ein beherzter Schritt an Land und rasch die Leine unter einem Ring durchziehen. Dann aufpassen, dass Philia nicht im Wind abhaut. Also Ankerkette spannen und wieder den Sprung auf das Schiff wagen. Anbinden, fast fertig. Für die zweite Leine bequemt sich dann ein Grieche, der die ganze Aktion beobachtet hat, aus seinem Auto und hilft mir dabei.

Jetzt aber wirklich fertig!

Nicht immer war die Gegend so friedlich wie jetzt.

Was hat alles funktioniert?
Eigentlich fast alles. Besonders freut mich, dass die Temperaturwarnung vom Motor keinen Mucks getan hat. Musste sie auch nicht, denn der Motor wurde nie wärmer als 90°. Was so ein neuer Thermostat alles ausmacht! Sean, mein Lieferant aus England, hat schon im ersten Telefonat den Thermostaten als Ursache ausgeschlossen. „We never had this“ Schwerer Fehler, teurer Fehler. Wir haben Kabel getauscht, Teile hin und her geschickt, gehofft und geärgert. Genutzt hat es nicht. Im Oktober hat er das Interesse an der Aktion verloren. Hab ich mir den Thermostaten um 13,50 € halt selber bestellt. Zum Ausgleich behalte ich mir die nicht oder nur kurz verwendeten Ersatzteile: Eine Anzeige für die Motortemperatur (170 €), einen zweiten Drehzahlmesser (450 €) und das Motorsteuergerät, für das Volvo Penta stolze 940 € verlangt. Ich nehm’s gern in Verwahrung, bis Sean sich bei mir meldet.

Was nicht funktioniert ist der Windgenerator, den muss ich mir morgen ansehen.

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Es geht los

Ich hab noch 2 Tage, um Philia seefest zu machen, die letzten Leinen anzubringen, kurz alles herzurichten. Immerhin wird der Start ein recht plötzlicher werden. Um 7:30 kommt die Kranmannschaft, um 8 rollen sie Philia zum Kran. So gegen ½ 9 sollte ich das Kranbecken bereits verlassen.

Das Problem dabei? Es geht nicht los, wenn ich fertig bin, sondern wenn die es sagen. Und so sollte es in der Seefahrt eigentlich nicht sein. Also muss ich schon in diesen Tagen alles so herrichten, dass ich jederzeit aufstehen und losfahren könnte. Nicht so einfach, ein Schiff von „bewohnter Baustelle“ auf „Seefahrt“ umzustellen 😉 und gleichzeitig noch Arbeiten am Schiff zu verrichten.

Alles bereit zum Ablegen – oder so ähnlich

Aber zum Glück hab ich ja meine To-Do Listen, und so wird eines nach dem anderen abgearbeitet: Die ganzen Hilfsleinen wieder anbringen, die uns das Leben so erleichtern. Aber, wie war das nocheinmal? Ich finde in den Backskisten lauter Bündel unterschiedlicher Leinen, Umlenkrollen und Schäkel vor, kann mich noch erinnern, dass die rote Leine der Bullenstander war und die schwarz-weiße für die Holepunktverstellung. Nachdenken, ausprobieren – ah so war das, geht doch!

Und gleichzeitig ist da noch so ein ungeliebteres Stück der Langfahrt: Das Abschiednehmen. Es sind lauter Gleichgesinnte, die sich gegenseitig vertraut sind, die denselben Traum haben, aber sich trotzdem wahrscheinlich nie wieder sehen.

Da ist zum Beispiel Rosie (GB) und Jochem (NL) mit ihren reizenden Kindern Orda (5) und Sebastian (3). Die arbeiten nun schon seit Juni an ihrer MERLIN, die ein grundlegendes Refit benötigte, um dann auf große Fahrt zu gehen. Parallel dazu haben sie sich liebevoll um ihre Kinder gekümmert. Die beiden sind quirlige Feuerköpfe. Das Gesicht voller Sommersprossen, rötliche Haare, bei Sebastian zusätzlich noch gelockt. Und bei dem auch noch den Schalk in den Augen …

Oder Barbara und Stefan, die wir auf Milos getroffen haben. Von ihnen haben wir viel gelernt, gemeinsam vor einem Starkwind Schutz gesucht und dann noch ganz an der Südspitze von Anti Paros einen weiteren tollen Abend verbracht. Kurz vor meiner Abreise haben wir sie noch einmal in Wien in einem urigen Beisel getroffen und nun sind sie eine Woche hier gewesen. Vielleicht sehen wir sie Ende August, wenn unsere Schiffe aus dem Wasser kommen werden.

Oder Christos und seinen Nadja. Die sind nicht nur „Handwerker“ sondern ein zentraler Knotenpunkt zwischen meinen Bedürfnissen und allen anderen Handwerkern. Nur mit ihnen war es möglich, den schon im Herbst ins Auge gefassten Starttermin 1. April auch zu schaffen. War nicht immer einfach, war oft sehr lustig. Zum Schluss wollte er dann von mir Ideen haben, wie er seinen Betrieb besser organisieren kann. Ein echtes Vertrauensverhältnis. Die Beiden werde ich sicherlich wieder treffen, auch wenn ich dann (hoffentlich) keine so intensive Zusammenarbeit mehr brauche.

Ich schau halt immer wieder, ob meine letzten Anstriche eh gut austrocknen – machen sie. Montag um 7 Uhr in der Früh werde ich sie abschleifen. Um 8 soll PHILIA wieder nass werden.

Ich bin gespannt, was alles funktioniert, oder auch nicht funktioniert.