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Reise

Kuofos – Lemnos, kein Zurück

Aus einem Pausetag werden zwei. Wir warten auf brauchbares Wetter. Freitag Abend, nach Studium aller Wettervorhersagen, beschließen wir, dass es morgen los geht. Die Vorhersage spricht von 40 – max. 70 cm Welle und max. 13 kt Wind, immer aus gut segelbarer Richtung. Um 6 Uhr soll der Anker herauf kommen. Das Schiff wird vorbereitet, das Dinghi ausgelassen und am Deck verzurrt. Wir rechnen mit 14 kt halbem Wind und Wellen immer unter 70 cm. Sollte doch machbar sein.

Also das mit den 6 Uhr schaffen wir. Sobald wir die Nase in Richtung Athos richten, kommt zuerst schwacher, dann immer stärkerer Wind. Nach 1 h sind es bis zu 20 kt genau auf die Nase und die Dünung läuft auch genau gegen uns. Alle 20 Sekunden kracht die Philia in die Wellen. Bei der ersten taucht sie tief ein, über die zweite steigt sie dann steil empor und kracht dann in das Wellental der dritten. Dabei verliert sie Fahrt, nicht zu wenig, und der Propeller hat mit dem Geschaukel heftig zu tun. Manchmal wirkt es so, als würde er Luft ansaugen.
Ned lustig!

Plötzlich ruft mich Susi: Irgendwas ist mit lautem krachen hinter ihr am Deck aufgeschlagen. Ein Rundumblick zeigt, dass noch alle Teile des Riggs dort sind wo sie hin gehören. Nur ganz oben am Mast, dort wo die Antenne für unser Funkgerät sein soll, hängt nur ein kurzes Stück Kabel. Na super! Ohne Antenne kein Funk = auch keine Notrufe. Und mehr noch, wenn man jetzt senden würde, würde der Endverstärker des neuen Funkgerätes abbrennen. Funk aus. Zum Glück haben wir unser Handfunkgerät, wir können also noch kommunizieren. Schlechter zwar, weil die Handfunke ja im Cockpit ist und nicht an der Mastspitze, aber es ist möglich.

Es ist halt niemand da, mit dem wir reden könnten. Bei der ganzen Überfahrt, also in 13,5 Stunden sehen wir genau 2 Schiffe, abgesehen von den Fischern gleich nach der Abfahrt. Ein Segelschiff ist aus dem selben Hafen ausgelaufen wie wir, und das andere entdecken wir nach 8 Stunden am Horizont, nach Norden fahrend. Also viel los ist in der Gegend wirklich nicht.

Irgendwann versuchen wir zu segeln. Die Segel stabilisieren das Boot und reduzieren damit die Schaukelei. Einziger Nachteil: Wir kommen so nicht nach Lemnos, sondern nach Lesbos. Das liegt gut 100 km südlich. Außerdem ist die Geschwindigkeit sehr gering. Der Plotter meint, dass die Ankunftszeit so gegen 22 Uhr sein wird – morgen!

Notgedrungen wird wieder der Motor angeworfen und Kurs auf Lemnos aufgenommen. Jetzt ist der Plotter hoffnungsvoller: Ankunft schon im 19:30 – heute!

Nach fast 6 Stunden erreichen wir den Punkt, wo Sithonia im Dunst verschwindet und voraus sich Lesbos erahnen lässt. Nur der Berg Athos ist immer zu sehen und vermittelt das Gefühl, genau nirgendwohin zu fahren. Ein schöner Anblick, der Berg, aber ein frustrierender.

Die Schaukelei ist echt anstrengend. Abwechseln legen wir uns im Cockpit auf die Sitzbänke, um unsere Muskeln zu entspannen. Problem dabei: Wir sehen nicht, wohin wir fahren. Steuern, das macht ohnehin der Autopilot, aber für den Ausguck sind wir verantwortlich. Es ist aber eh kein Schiff zu sehen.

Zur Stärkung holen wir uns den vorbereiteten Nudelsalat aus dem Kühlschrank. Gut, dass der da ist. Etwas frisch zuzubereiten wäre echt anstrengend. Machbar, aber nicht lustig.

Lemnos kommt näher, und wie bekommen eine erste Idee wie es dort aussehen könnte. Aus der Entfernung wirkt Lemnos seltsam kahl. Nicht als „lovely island“ wie es uns die Bootsnachbarn in Kuofos geschildert haben. Beim Näherkommen erkennen wir Bäume rund um die Häuser, oder die Häuser stehen dort, wo es auch Wasser gibt, das die Vegetation auch nutzt. Aber „loveley“ ?!

Nach langen Stunden, das Meer hat sich inzwischen beruhigt korrigieren wir den Kurs immer besser auf die Hafeneinfahrt von Myrina, der Hauptstadt von Lemnos. Der Hafen ist riesig, man kann mit dem Buganker und Heck zur Mole anlanden, wenn man einen Platz findet. Oder man ankert einfach wo es einem gefällt. Wir wollen das mit dem Buganker probieren. An der Mole steht eine Reihe von Yachten und wir wollen uns einfach ganz rechts dazu stellen. Anker klar machen, runter damit. Susi fährt ein lehrbuchmäßiges Manöver. Von den beiden rechten Yachten winken sie uns zu, rufen irgendwas. Als wir nur ½ Bootslänge vom Kai entfernt sind, erklärt uns ein Yachtie, dass an diesem Platz normalerweise das Ausflugsschiff liegt und der gelegentlich die Yachten vertreibt. Man kann nie wissen, aber das wird dann eine unruhige Nacht.

OK, das wollen wir auch nicht. Also das ganze zurück, Anker hoch, Platz suchen, Anker runter auf nur 5 m Wassertiefe und 20 m Anker – sollte in einem ruhigen Hafenbecken reichen. Ein letzter Test ob der Haken hält, Vollgas retour. Steht wie ein Bock. Ankerball aufhängen – macht sonst niemand. Vielleicht wird das noch unser Markenzeichen: „die mit dem Ankerball“.

Motor aus, ab ins Wasser, die Strapazen des Tages abwaschen. Abendessen? Was kochen? Geht  nicht mehr. Ein Packerl Chips – das geht grad noch. Dann sind wir mit dem Tag durch.

Ab ins Bett. Sofort schlafen wir ein.

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