Kategorien
Reise

Langer Tag, kurze Nacht

Es ist so weit, der Wind ist eingeschlafen, zumindest fast. Und die Richtung passt auch für Dounussa. Das wird heute eine gemütliche und kurze Fahrt, kaum 15 Meilen, also 3 Stunden. Da können wir uns in der Früh Zeit lassen. Erst um 11:30 geht es los.

Zuerst unter Motor aus der Bucht, später dann unter Segel bei wenig Wind und Welle nach NE nach Dounussa. Bei den kurzen Distanzen erkennt man alle umliegenden Inseln: Amorgos im Süden, Levita liegt im Dunst im Osten, hinter Dounussa kann man im Dunst die Gipfel von Ikaria erkennen. Ikaria, das haben wir doch bei unseren Urlauben in Samos immer wieder erkannt. Naxos dominiert den Blick nach Westen, aber im Nordwesten blitzt Mykonos hervor. Alles eigentlich nur Tagreisen – wenn man rechtzeitig anfängt.

Leise nähern wir uns Dounussa. Der Hauptort ist gut zu erkennen, aber wir wollen in die NW Ecke, nach Kalotarissia. Da soll eine schöne Bucht sein, in der wir übernachten wollen, um dann morgen nach Ikaria weiterzuziehen. Wie zu erwarten ist der Wind im Lee der Insel zu schwach, um uns voranzutreiben. Außerdem setzt eine Strömung von gut einem ¾ Knoten ein, gegen uns, versteht sich. Dieser ¾ Knoten wird uns noch fehlen!


Kaum sind wir an der NW Ecke angelangt, wird der Ruf von Ikaria, fast wie die Sirenen des Odysseus, unwiderstehlich. Wir rechnen kurz nach: Im besten Fall sind es 25 Meilen, also 5 Stunden, vielleicht etwas mehr der ¾ Knoten tut jetzt schon weh. Aber es sollte sich bis Sonnenuntergang ausgehen – knapp. Susi will die Chance und die wenigen Wellen unbedingt nützen. Also los!

Einziges Problem:
Ikaria ist steil und felsig, Ankerplätze sind rar, die wenigen Häfen werden als eng und schwierig zu befahren beschrieben. Leuchtfeuer zur Unterstützung gibt es nicht. Wer also nicht rechtzeitig da ist, hat einfach Pech und muss weiterfahren, oder geht ein hohes Risiko ein, irgendwo aufzulaufen. Unser Ziel ist eine Bucht ganz im Südwesten mit dem schönen Namen „Trapalo“. Soll malerisch schön sein, aber auch klein.
Einen Plan B haben wir natürlich auch:  12 Meilen die Küste entlang gibt es den Haupthafen von Ikaria, Agios Kyrikos. Der hat sogar eine Marina und – tataaa – Leuchtfeuer.

Ja, oder Nein? Man kann Ikaria gut sehen, aber es ist schon noch ein weiter Weg

Mal sehen.

Am Abend zeigt sich auch Kerkis, der höchste Berg von Samos – und da wollen wir eigentlich hin.

Der Wind ist zwar da, und die Fahrt durch das Wasser passt auch so halbwegs, aber der ¾ Knoten lässt die Ankunft nicht vor 22 Uhr zu. Das ist deutlich zu spät, geht doch die Sonne um 8 unter. Was solls, bleibt der Motor halt eingeschaltet. Dann holen wir unseren holländischen Freund, „Vaart van Selber“ – der Autopilot ans Steuerrad und wir haben einen entspannten Nachmittag – und späten Nachmittag – und frühen Abend. Und kommen dann genau wie geplant bei Sonnen untergang in Tapolo an.

Just in Time. Noch 10 min Sonne und dann 40 min Dämmerung

Das ist eine wirklich schöne Bucht. Vorne ein kleiner Sandstrand, dahinter üppige Natur. Hat nur einen Nachteil: Das Wasser ist sehr tief. Wir müssten den Anker auf 14 m Tiefe fallen lassen. Das können wir schon, aber dann wird der Radius in dem sich das Schiff bei Wind bewegt so groß, dass wir die Felswände links und rechts davon berühren könnten. Nach zwei Runden beschließen wir: Schön aber nicht gut; also Plan B.

Jetzt heißt es schnell die Philia auf Nachtfahrt umzustellen: Navigationslichter ein, Dampferlicht ein – damit zeigen wir, dass wir unter Motor fahren. In der Kabine die roten LED Streifen aktivieren. Am Kartenplotter den Kurs abstecken. Und für uns selbst auch gleich die warmen Sachen rauslegen. Am Wasser kann es durch die hohe Luftfeuchtigkeit recht schnell unangenehm werden. So geht’s hinein in die Finsternis, zumindest am Anfang. Dann kommt der Mond heraus – und was für einer:

Dieser August hat 2 Vollmonde, noch dazu von der größeren Sorte. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit, wird sein Licht tausendfach gebrochen und es leuchtet der ganze Osten so, als wäre da eine riesige Straßenlaterne. Das macht das Leben leichter. Zum ansteuern eines Hafens, der am Weg liegt, ist es aber trotzdem zu  wenig – weiter.

Um 22 Uhr erreichen wir Agios Kirykos. Da ist die Mole extrem gut ausgebaut – aber für die Fähren reserviert. Der Stadthafen ist voll und vermutlich auch zu flach. Und die Einfahrt zur Marina geht 3x ums Eck. Wieviel Platz drinnen ist, ist kaum auszumachen. Lieber doch nicht. Ankern einfach im Hafen? Der ist zu tief – auch keine gute Idee. Noforeignland.com sagt aber, dass südlich der Mole, ein guter Ankerplatz sein soll. Groß, freies Wasser, Abstand zum Land. Das probieren wir aus.

Anker hinunter und Kette auslegen, geht ja. Dann den Anker einfahren. Klingt nicht gut, die Kette rumpelt über den felsigen Grund. Irgendwann verhakt sich der Anker im dunklen Wasser. Wir haben keine Ahnung, ob wir den je wieder herauf bekommen. Für weitere Experimente ist uns aber zu spät. Müde von der langen Fahrt und mit gemischten Gefühlen fallen wir in die Koje.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert