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Reise

Eigener Kiel, eigene Kraft

Schon vor fast 20 Jahren, als ich gerade mit dem Paddeln begonnen habe, habe ich die Seite www.SeakayakGreece.gr entdeckt. Rod, ein gebürtiger Australier, hat damals begonnen in Milos Seekajaktouren anzubieten (www.seakayakgreece.com). Wir haben damals ein paar Mal hin und her gemailt. Ich denke, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, einmal bei Rod „anzuklopfen“, ob er nicht Platz auf einer seiner Touren für mich hat.

Hat er! Schon morgen geht es los.

Ausnahmsweise ein Sonnenaufgang!

Abholung um 9:45 bei der Tankstelle in Adamas. Dort hin finde ich. Wir sehen sie von unserem Liegeplatz, ein kleiner Sandstrand, um das Dinghi dort abzulegen, ist auch da. Ich bin also gestellt. Im Trockensack Sonnenschutz und Hut, Paddelhandschuhe,  Taucherbrille, Fotoapparat, viel Wasser. Rod kommt pünktlich und wir fahren weiter nach Paliochori, ganz im SE der Insel. Dort ist ein großer Sandstrand und Platz für unsere Vorbereitungen.

Die graue Möve ist jung und bettelt alle an. Die weiße ist eine Elternmöve, die aufpasst, dass nichts passiert.

Bald liegen 12 Boote am Strand und aus dem Anhänger werden noch Paddel, Schwimmwesten, Trockensäcke und Kühltaschen mit dem Picknick ausgeladen. Die Gruppe ist bunt zusammen gewürfelt. Ein Paar aus D und AT, die in Salzburg leben, ein Paar aus Hamburg, eines aus Dänemark, 3 junge Leute aus Neuseeland, Rod (AUS) und sein zweiter Guide Dario (IT) und ich. Ziel des Tages: Einfach die Ostküste ein Stück nach Norden, so ca. 6 km je Richtung. Gemütliches Paddeln und ganz viel schauen.

Milos bietet ja einiges, rein geologisch. Da ist es dann schon ein Vorteil, wenn Rod gelernter Geologe ist und sich mit den verschiedensten Gesteinsschichten, deren Zusammensetzung und ihrem Alter auskennt. Die ältesten Steine die er uns zeigt, sind so an die 2 Mio. Jahre alt, andere, nicht vulkanische Inseln sind 1000mal älter! Die Ablagerungen der großen Eruptionen sind 900.000 Jahre oder jünger. Und die Gegend ist immer noch aktiv.

Das Wasser hier, fern von Siedlungen, ist glasklar. Nur an manchen Stellen wird es plötzlich gelblich milchig. Keine Angst, pur Natur. Das sind die Stellen der Thermalquellen. Die sind in Milos fast alle im Meer und bringen viel Eisen mit. Entsprechend rostrot sind in dem Bereich die Felsen und der Sand. Gräbt man dort ein wenig im Sand, findet man bald warmes bis heißes Wasser. Warm, das fühlt sich an wie Fußbodenheizung im Meer, heiß ist zu heiß, um die Finger lange drinnen zu lassen.

Das Wasser ist trüb und die Felsen rostrot – ein sicheres Zeichen für warme eisenreiche Quellen

Unglaublich sind aber die Felsen. Die sind nadelspitz gezackt oder weich wie ein Polster, blütenrein weiß und weich wie lose Tafelkreide – das ist dann der Rohstoff für feinstes Porzellan, lachsrosa, grünlich, manche mit einem leichten Blaustich, braun bis hin zu grau. An manchen Stellen sieht man die Schichtung der vulkanischen Auswürfe gut, andere sind Anhäufungen von Lavaschutt oder erstarrte Lava
Man kommt mit dem Schauen nicht nach.

Diese gegliederte Küste mit ihren vielen Felsen im glasklaren Wasser verleitet natürlich, mit den Kanus zwischen den Felsen hindurch zu tanzen. Enge Passagen, Drehungen fast am Platz, einen Augenblick warten, bis die nächste Welle die Passage ermöglicht. Spielen im und mit dem Wasser.

Überreste von Verladerampen und Minen. Ein Teil der künstlichen Höhlen wurden aber auch als Wohnräume genutzt. Schichtmodell 12 Tage Arbeit / 8 Tage frei

Entlang der Küste findet man immer wieder alte Stollen. Der mineralreiche Boden von Milos wurde seit jeher ausgebeutet. Ein Teil des Silbers der ägyptischen Pharaonen stammt zum Beispiel von hier. Der Wendepunkt unserer Reise ist ein Strand, der ein wenig nach Schwefel riecht. Kein Wunder, wieder eine warme Quelle und schwefelgelbe Ablagerungen an den sonst fast weißen Steinen.

Höhle im Lavagestein

Ein Stück weiter, gibt es eine befahrbare Höhle. Eigentlich ziemlich groß! Immerhin passen da mehrere Kayaks gleichzeitig hinein und können drinnen sogar umdrehen!

Die Aufbereitungsanlage mit Schrägaufzug und den verschiedenen Mahlwerken. Weiter untern dann Schmelze und Kesselhaus.
Die gelblich – grünlichen Steine an der Böschung sind das schwefelhaltige Gestein

1935 bis 1985 wurde hier industriell Schwefel gewonnen. Als man die sehr schwefelreichen Ölvorkommen im Golf von Mexiko entdeckte, war es billiger den Schwefel als Nebenprodukt der Ölindustrie zu gewinnen. Von einem Tag auf den anderen wurde die Mine und der Verarbeitungsbetrieb geschlossen. Nach griechischer Art ist alles liegen und stehen geblieben, wie es am letzten Arbeitstag war. Von vielen Gebäuden stehen nur mehr die Mauern, die Dächer fehlen.

Kessel mit Rührwerk. Die Keilriemen sind noch das, der Motor ist weg

Große Anlagen und Kessel sind noch zu sehen – natürlich nach 35 Jahren in der Meeresluft stark verrostet. Man findet aber noch Keilriemen in den Riemenscheiben, in der Werkstätte zerlegte Elektromotoren und Werkzeuge. In einem Raum stehen noch die Wandschänke, eine Türe ist geöffnet. Am Boden liegen geöffnete Kartons, so als hätte man sie erst gestern ausgeräumt.

Wir bleiben eine gute Stunde, haben in Picknick im Schatten einer kleinen Brücke. Dann geht es zurück nach Paliochori. Nicht aber ohne Zwischenstopp, bei dem wir alle, im Wind und Wellenschatten eines Felsens, aus den Booten ins Wasser steigen und eine runde Schwimmen. Sicherlich 10 – 15 m tief ist es hier und man sieht jedes Detail am Grund. Fast unwirklich!

Zurück am Strand von Paliochori werden die Boote auf den Anhänger verladen, noch ein wenig Getratscht und dann die kurze Rückfahrt angetreten.

Ein Tag voller Eindrücke geht zu Ende.

Ich komme mit leuchtenden Augen zurück zu Susi am Boot, erzähle in Begeisterung.
Es sieht so aus, als wäre sie doch lieber mitgekommen!

Ob es dazu noch eine Gelegenheit geben wird?

Die „Sea Cloud“ möchte ich Euch nicht vorenthalten – ist doch hübsch, oder?

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