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Rauf auf den Mast

Warum denn überhaupt da hinauf? Na, weil er für uns wichtig ist, weil wir nachsehen müssen, ob alles passt und natürlich für Reparaturen: Lampen tauschen, Windmesser kontrollieren, Wanten und Seilumlenkungen,… Da gibt es genug was kaputt gehen kann.

1. Methode – Rauf ziehen lassen
Man schnalle sich in den Bootsmannstuhl. Das ist ein in starken Stoff eingefasstes Brett mit Rücken- und Seitenteilen. Der wird in eine, besser 2 Fallleinen eingebunden. Die werden durch Klemmen und über eine Winsch gelegt. Starke Männen, da braucht man wirklich Kraft und Ausdauer, ziehen dann das „Opfer“ in den Mast hinauf.

2. Methode – Elektrisch
Genau wie die erste, aber bequemer über eine elektrische Winsch. Kann man an Bord haben, muss aber nicht. Kostet auch nur eine Kleinigkeit so ein Ding: 3-4000 € – ohne Einbau versteht sich. Und wenn die Batterie dann größer ist, schadet das auch nicht.

3. Methode – Maststufen
Wir haben Maststufen auf der Philia montiert. Der Mast ist jetzt wie eine 13 m lange, senkrechte Leiter. Für die persönliche Sicherheit nehmen wir einen Klettergurt. Der wird über einen gesteckten doppelten 8er Knoten mit dem Fall verbunden. Dann haben wir zusätzlich ein 8mm Seil vom Mast bis ans Deck hängen. Das ist das Top Rope Kletterseil (statisch!!) in das ich ein GriGri+ einhänge. Das GriGri+ erlaubt auch einfaches Abseilen und hat einen Panikschutz am Hebel. Richtig für Anfänger wie mich.

Wenn es nun aufwärts geht, kann ich von Stufe zu Stufe steigen. Susi zieht das Fall stramm, braucht aber keine Kraft dazu. Ich sichere mich mit dem GriGri+ und zusätzlich einer Gurtschlaufe, die um den Mast gelegt wird. Helm auf und dann geht’s los. Mit dem ganzen Zeug dauert es halt immer, bis man oben ankommt. So an die 8 Minuten brauche ich bis oben. Dabei ziehe ich eine dünne Leine und eine Umlenkrolle mit nach oben. Da bekomme ich dann in Stoffsäcken das erforderliche Material rauf geschickt und kann auch was nicht mehr gebraucht wird hinunter lassen. Es ist aber praktisch, wenn man dann oben ist, den Sack mit einem eigenen Karabiner zu befestigen, damit er höher hängt.

So richtig praktisch ist das aber immer noch nicht. Jedes Werkzeug ist durch eine Schnur mit dem Sack verbunden, damit es nicht der Schwerkraft folgt und unten ins Deck ein Loch schlägt. Wenn da 10 verschiedene Werkzeuge im Sack sind, gibt das mit den Seilen ein ganz schönes durcheinander. Wenn wer eine bessere Lösung hat, bitte melden.

Wie ist es da mit Höhenangst? Beim Hinaufsteigen klammere ich mich schon ganz gut an, trotz 2er Sicherungsleinen und dem Gurt, den wir von Anfang an um den Mast legen. Kommt gerade eine Windböe oder Wellen von einem vorbeifahrenden Schiff, dann ist im Aufstieg Pause: festhalten und abwarten. Oben angekommen, ist man mit dem Arbeiten beschäftigt, da ist keine Zeit sich zu fürchten. Und wenn man wieder unten ist, ist’s auch ganz gut.

Arbeiten da oben sind deutlich anstrengender und komplizierter als herunten. Eine Hand ist quasi unbrauchbar, da man sich ja doch immer irgendwie anklammert. Dann ist nur mehr eine frei um irgendwo, natürlich ohne Blickkontakt, eine Mutter auf ein Gewinde zu drehen. Klar, speziellere Mutter und von unten. Fällt die hinunter dauert es lange, bis man Ersatz gefunden hat. Also manchmal werden auch Schrauben und Muttern festgebunden – besser ist besser.

Gut ist es auch, wenn die Werkzeuge keine 230 V brauchen. Da ein Kabel mit hinauf zu schleppen ist nicht ganz einfach, manchmal aber notwendig. Für Lötarbeiten da oben, würde ich einen Gaslötkolben empfehlen. Eine Lötstation da oben, geht wirklich nicht.

Bis zu 1 h habe ich da oben schon gearbeitet. Durch das Stehen auf den Füßen, abwechselnd mit Sitzen im Gurt, geht das ganz gut so. Das entspannte sitzen im Gurt, und das Vertrauen in die Sicherungsseile, das muss man auch erst einmal lernen. Vielleicht weiter unten anfangen 😉

Herunter bin ich schneller, ungefähr die halbe Zeit. Da wird dann von unten das Fall nachgelassen, während ich das GriGir+ gefühlvoll lockere und immer wieder anhalte, um den Sicherungsgurt umzuhängen. Ist insgesamt aber einfacher als ich das beschreiben kann.

4. Die Hebebühne
Gar nicht in den Mast steigen, sondern mit einer Hebebühne hinauffahren. Immer mehr Bootswerften machen das so. Da kann man dann Wanten tauschen, ohne am instabilen Mast herum turnen zu müssen. Alles ist sicher und rasch erledigt. Da bleibt dann mehr Zeit zum Rechnungschreiben 😊

5. Wenn dann gleich ganz
Den Mast umlegen. Ist mehr zu tun, also eine gründliche Inspektion und Austausch vieler Teile, kann man den Mast auch umlegen. Dazu wird er an den Haken eines LKW Krans gehängt. Dann sind der Mastfuß zu lösen, die Kabel alle zu lösen, die Wanten abzubauen und dann geht’s recht einfach. Der Mast wird dann neben das Schiff auf 3 bis 4 Holzschragen gelegt.

Das zahlt sich aber nur bei größeren Arbeiten aus. In Norddeutschland ist es aber üblich, jeden Herbst den Mast umzulegen, damit das Schiff in eine Halle passt. Da geht die Inspektion gleich mit. Bei Schiffen in der Adria, die mit stehendem Mast an Land gestellt werden, weiß man nie, wann der zuletzt gelegt wurde. Ich glaub, der von Philia war noch nie am Boden. Da gibt es zu viele Kabel, die unter dem Mast nicht getrennt werden können.

Nicht in den Mast zu kommen, ist aber auch keine Alternative. Erst kürzlich sah ich ein Youtube Video, wo ein Skipper berichtet hat wie es ihm ergangen ist: Zuerst gibt der Motor auf – macht nix, kann man segeln. Dann gibt das Vorsegel auf – macht nix, hab noch ein Großsegel. Und dann bricht ein Schäkel, ein kleines Metall U um 5€, und das Segel kommt herunter. Genau so wie man es vor einem Hafen tut.  Aber das Großfall verabschiedet sich in die Höhe und der Skipper kommt nicht heran. Jetzt kann er das Großsegel nicht mehr setzen, und hat keine Möglichkeit mehr, sein Schiff irgendwie zu steuern. Er musste einen MAYDAY Ruf absetzen und sich auf ein Tankschiff retten. Seine Yacht mit all seinen Habseligkeiten blieb im Pazifik zurück und er war 10.000 Meilen von seiner Heimat entfernt. Ohne Dokumente, ohne Geld – nix. Selbst die Kleidung war ein Geschenk der Besatzung, die ihn gerettet hat.

Da ist es mir dann lieber, dass mein Mast wegen der Maststufen nicht mehr hübsch ist, ich mir aber im Notfall helfen kann.

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