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Reise

Der Tag danach

Aufwachen in Vis – gut. Aber da ist noch was zu erledigen. Das Projekt heißt „Einklarieren“, also die Einreise und Zollkontrolle. Bei einem Schiff ist das ein wenig komplizieter als auf der Straße. Um überhaupt an Land zu kommen, muss ich zuerst das Dinghi aufblasen. Bei dem großen Dingh und unserem kleinen Deck nicht ganz einfach, aber doch rasch erledigt. Wegen des weiten Wegs durch den ganzen Hafen beschließe ich, den Außenbordmotor zu bemühen. Der ist ohnehin schon seit vielen Wochen nicht mehr gelaufen. Das zeigt er mir auch beim Anstarten. Da lässt er sich ein wenig bitten.

Am anderen Ende des Hafens einen Anlegeplatz für das Dinghi suchen, und dann den Hafenmeister, meine erste Anlaufstelle. Trotz Nachfrage bei einigen Leuten werde ich nicht fündig, bis – ja bis er mir höchstselbst über den Weg rennt. Den Weg in sein Büro über der Touristeninformation hätte ich nie gefunden. Hinter das Haus, durch einen Gastgarten, eine kleine Treppe hinauf und dort, dann.

Ein bisschen Bürokratie, Schiffspapiere herzeigen, ein langes Formular am Computer befüllen, 375 Kunar (so um die 50 €) „Leuchtfeuergebühr“ bis zum Jahresende, Crewliste in dreifacher Ausführung, ein paar Stempel. Erledigt. Der nächste Weg ist auf die Polizei. Der Hafenmeister erklärt mir noch was mit Fußgängerzone und „fruit market“. Wird sich doch finden lassen.

Ich tipple also los und frag zur Sicherheit einen Einheimischen: „One Kilometer, in Kut“ Kut, das ist der Ort am anderen Ende der Bucht. Irgendwas passt da nicht. Da kommt mir der Zufall zu Hilfe. Ich seh, wie ein Polizeiauto die Schranke zur Fußgängerzone öffnet, verstecke mich hinter einer Palme und werfe mich dann vor das Polizeiauto.

Nein, so war’s nicht. Ich hab der netten Polizistin gewunken, sie ist stehen geblieben und sie hat mir das dann erklärt: „straight, fruit market, Pizzaria“. Na dann. Dort angekommen ist tatsächlich ein Polizeikammerl, mit einer Telefonnummer an der Türe. „please call telefon number“ Auch gut, in 5 min ist der Polizist da und beginnt mich „amtszubehandeln“. Also er will die Pässe sehen, fragt ganz unverbindlich, wie lange ich schon in Kroatien bin – jetzt keinen Fehler machen, sonst wird es teuer. „Seit gestern späterer Abend“. Die Kroaten sind da ein bisschen pingelig bei den Schifferlfahrern. Dann wird ewig in den Computer getippt, mit lautem Knallen ein Stempel auf’s Papier gehauen. Das war’s. Wir sind eingereist und ich kann die gelbe Flagge wieder runternehmen und wegräumen.

Zurück am Schiff gibt es ein Frühstück mit frischem Brot, dass mir „zufällig“ in die Tasche gesprungen ist. Ein entspannter Tag beginnt. Erst wenige, dann immer mehr Schiffe drängen aus dem Hafen. Draußen sehen wir sogar schon einige mit Segel. Na , das mach ma auch. Wir sind ja schnell abfahrtsbereit und dieseln aus der Bucht von Vis. Draußen ein netter schwacher Wind, gerade genug um uns anzutreiben. Leider passt die Richtung nicht, wir fahren viel zu weit östlich und wollten lieber westlich fahren.

Andere Segler finden da Wetter auch lustig. Wir zählen 70 (!) Schiffe, bei einem Rundumblick. Im ionischen Meer waren das 15, in der Ägäis hatten wir einen Tag, wo wir ein einziges anderes Schiff gesehen haben. Was hier aber auffällt ist, dass diese 70 Schiffe nur am späteren Vormittag zu sehen sind. Schon um 2 Uhr sehen wir nur mehr 12. Alle anderen haben sich schnell in eine Bucht verkrochen, damit sie noch einen Platz in der Marina oder an einer Boje bekommen. Gerade aber am Nachmittag gibt es hier meist den besten Wind, den Maestrale, der parallel zur Küste bläst. Seltsame Leute, diese Charterskipper!

Irgendwann hat der heutige Wind eine Einsicht und stellt um. Nur ein schmales Flautenband trennt die Gebiete mit N und W Wind. Jetzt passts, aber Haarscharf. Hart am Wind gleiten wir dahin, immer bedacht, den Wind aus dem richtigen Winkel zu haben. Gehen wir zu sehr in den Wind, reagiert Philia lustlos oder bleibt gar stehen. Gehen wir etwas weniger hart an den Wind, 10° reichen da völlig, rennt sie freudig los. ABER: wenn wir 20° weniger machen, oder der Wind dreht sich ein wenig, dann schaffen wir die Einfahrt zu unserem Ziel nicht mehr. Es wird also ein Tag des konzentrierten Schwachwindfahrens. Macht aber auch Spaß, wenn man dann sieht, dass der Kurs genau zwischen zwei Inseln hindurch passt, ganz so wie schon seit 3 Stunden erhofft und angepeilt 😊.

Das Tagesziel heißt Vinisce, eine tief eingeschnittene Bucht, die bei nahezu jedem Wind sicher ist. Diesmal enttäuscht sie uns ein bisschen. Es sind zwar nur 3 weitere Schiffe da, aber es steht eine Welle in die Bucht – wo kommt die eigentlich her in einer windstillen Nacht – und trifft uns genau von der Seite. Und dann beginnt Philia mächtig zu rollen.

Das wird keine ruhige Nacht.

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