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Reise

Flug über das Meer

Frisch gestärkt und voller Tatendrang entscheiden wir uns für eine längere Etappe: Wir wollen in einem Stück südlich an Skopelos und Skiathos vorbei bis zum Nordwest Eck von Euböa. Alles zusammen wären das 36 Meilen. Der Wind ist anfangs noch recht mau, Skopelos ist einfach ein zu großer Windschatten. Kaum sind wir von dort weg, fliegen wir dahin. 6 kt und 1 m Welle. Philia zieht stur ihre Bahn. Ein heller Fleck am Festland ist uns eine Wegmarke. Wir vermuten zunächst es handelt sich um einen großen Felssturz.

Sobald wir die Meerenge zwischen Skopelos und Skiatos hinter uns haben, nimmt der Wind wieder ab und dreht nach achtern. Das ist selten gut, denn dann können wir den Wind nicht so gut in Geschwindigkeit umsetzen. Wenn dann noch Wellen sind – und die sind – beginnen bald die Segel zu schlagen. Da fehlt dann einfach der Druck des Windes, damit sie nicht bei jeder Welle wie eine Fahne hin und her wacheln. Macht immer Lärm und ist nie gut für das Material.

Besonders schlimm wird es an der Westseite von Skopelos, aber da müssen wir irgendwie durch. Es zeichnet sich am Meer nämlich schon ab, dass es einen kräftigen Wind von Thessaloniki nach Süden geben muss – sagen zumindest die Wellen. Und sie haben recht! Kaum sind wir in bewegterem Wasser, springt der Wind an. Aus Rückenwind wird ein Wind von der Seite, aus 6 kt werden 16. Die Segelstellung wird verändert und Philia sprintet los. In manchen Momenten können wir 7 kt als Geschwindigkeit über Grund ablesen. Gut, da ist dann ein wenig Strömung mit dabei, aber was solls.

Jetzt, aus der Nähe, können wir erkennen, dass der große Erdrutsch eigentlich ein riesiger Steinbruch ist. Große Quader aus Marmor werden hier gebrochen, ganz oben am Berg. Eine Halde von Bruchstücken und Schotter bilden den Abhang bis hinunter zum Meer. Wie lange dort schon Steine gebrochen werden?

Was uns weniger gefällt ist der Himmel: War der den ganzen Tag schon diesig und die Luft sehr feucht, erkennen wir mehr und mehr den Effekt dieser Mischung. Wolken schießen in die Höhe. Viele zerfallen wieder, manche bleiben bestehen und wirken bedrohlich. Die Wettervorhersage spricht von „risk of thunder“. Ob wir das wirklich brauchen? Leider steht die dunkelste Wolkenwand genau in unserer Fahrtrichtung. Der Wind nimmt zu, wir nehmen das Großsegel weg und rasen nur mit der Genua dahin. Immer noch 5 bis 6 kt und die Wellen schieben kräftig an.

kommts, oder kommts nicht?

Unser Ziel Oreoi wird sich aber nicht wirklich vor dem Gewitter ausgehen. Aber was sind die Alternativen: Eine Bucht nördlich von uns, wenig Schutz aber immerhin nahe – 3,5 Meilen / 45 Minuten.
Der Fischerhafen von Pefki, 3,8 Meilen, auch eine ¾ Stunde. Laut Führer aber fast ausschließlich Platz für Fischerboote.
Und zuletzt Oreoi, mehr als 9 Meilen, also fast 2 Stunden.

Wir entscheiden uns für Pefki und wollen dort unser Glück versuchen. Die Mole ist schon von weitem zu erkennen, ein oder zwei große Fischdampfer auch. Mal sehen, was uns dort erwartet. So wie beschrieben: jeder Platz durch große Fischerboote besetzt. Ein keiner Platz im schon seichter werdenden Wasser, soll aber für Ausflugsboote frei bleiben. Ein größerer Platz ebenso – oder für die Fähren. Also alles dicht.

Fast, denn einer der Fischer bietet uns mit Gesten an, an seinem Schiff fest zu machen. Bei der dritten Anfahrt sind wir dann so weit und legen an. Die Mannschaft sitzt gerade beim vorgezogenen Abendessen. Aus einem Radio ertönt – der Gebetsruf des Muezzins. So richtig griechisch ist das aber nicht. Stimmt, die gesamte Mannschaft, rund 10 Männer für 2 Schiffe spricht arabisch. Nur einer kann ein paar Brocken Englisch. Das reicht gerade um uns zu sagen, dass sie noch heute um 7 auslaufen werden.

Nicht unser Traum, aber zumindest den NE Wind können wir abwettern. Was mit dem Gewittern wird, werden wie ja sehen. www.blitzortung.org wird uns auf dem Laufenden halten. Wir machen jedenfalls einmal Pause. Es war schon bisher aufregend genug.

Was Pefki als Ort so alles bietet bleibt uns verschlossen. Deutlich sichtbar sind allerdings die Narben der Waldbrände des Vorjahrs. Was grüner Wald war, sind nun verkohlte Bäume. Spannend aber, dass der Boden darunter schön grün ist. Kleine Kräuter haben den Brand also recht gut überstanden und können so wenigstens den Boden festhalten. Später sehen wir ein paar LKW mit verkohlten Baumstämmen. Aber die meisten Bäume stehen noch und bieten wenigstens ein wenig Schatten für alles was da jetzt nachwächst.

Nur das Ufer ist verschont geblieben, zumindest in dem Teil von Euböa

Um ½ 7 legen wir von dem Fischerboot ab, oder besser: wir lassen uns vom Wind wegblasen. Aber jetzt? Da gibt es noch im Hafen eine Mooring Feld, dass aber nur wenig Wasserstand bietet. Davor liegen zwei Wellenbrecher, also Steinschüttungen. Außerhalb von denen können wir bleiben. Zumindest nach NE, also der derzeitigen Windrichtung, sind wir noch im Schutz der Hafenmauern. Viel Kette, ein langer Ruckdämpfer. Das muss reichen für diese Nacht.

Ob sich das ausgeht?

Und was für eine Nacht das wird: Zunächst können wir beobachten, dass das Gewitter zwar näherkommt, dabei aber an Intensität verliert. Es schläft quasi ein. Nicht einschlafen tut der Wind, der aus dem Gewitter kommt. Und wo Wind ist, sind auch Wellen. Und gegen die sind wir nicht geschützt.

So springt der Bug der Philia in den Wellen auf und ab, reißt an der Ankerkette und schleudert den Bug hin und her. Zum ersten Mal auf unserer Reise passiert es, dass Susi aufwacht und es ihr übel ist. War keine entspannende Nachtruhe.

Nichts wie weg!

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